Eine Weinbaufläche wie in Oberhofen

Eine Weinbaufläche wie in Oberhofen

Die bernnahen Südhänge des Sensetals sind jetzt definitiv ein Weinanbaugebiet. Der Spatenstich zum neuen Rebberg der Familie Herren fand am 13. April auf dem Hof im «Stucki» statt. Auf einer Fläche von 1,88 ha werden 10'000 Rebstöcke gepflanzt. Sie sollen in spätestens vier Jahren Weisswein und Rotwein hervorbringen, die als Appellation d'Origine Contrôlée AOC zur höchsten Qualitätsstufe zählen werden.

Müsste man in einer Quizshow einen Rebbauort aus dem kantonalen Rebbau-Kataster nennen, würde vermutlich kaum jemand auf Thörishaus tippen. Doch effektiv kommt diese Ortschaft auf Könizer und Neuenegger Boden neu auf eine Weinbaufläche, die mit derjenigen von Oberhofen am Thunersee vergleichbar ist. Pionierarbeit geleistet hatte der Biohof Gumme, der oberhalb des Sensegrabens an sonniger Hanglage situiert ist und wo seit 2015 auch ein Rebberg bewirtschaftet wird. Auf einer Anbaufläche von 1.88 ha werden jetzt neu auch von der Familie Herren Reben kultiviert: 10’000 Stück à 3.50 Franken. Die Projektfinanzierung ist organisiert. 123 a sind für Weisswein reserviert, 65 a für Rotwein, bzw. für die Weissweinsorten Gewürztraminer, Riesling-Silvaner und Sauvignac sowie die Rotweinsorten Divico und Blauburgunder/Pinot Noir. Die Schweizer Neuzüchtungen Divico und Sauvignac tragen das Prädikat «pilzresistent». «Dass Weisswein überwiegt, ist unserem milden hiesigen Klima geschuldet, das sich bestens für die Winzerei eignet», so Herren. Die Lohnkelterung will der Inser Winzer Lorenz Hämmerli übernehmen. Sein Weingut weist einen mit Thörishaus vergleichbaren, leicht tiefen pH-Wert auf; auf seine diesbezüglich gesammelten Erfahrungen kann er beim Auftrag von Herren zurückgreifen. Bei einem hohen pH-Wert wäre hingegen ein eher saurer Wein das Resultat. 

Erfolgversprechender Plan B

Winzer Herren ist auch Fahrlehrer und betreibt neben der Fahrschule noch eine Autowaschanlage. Er ist in Thörishaus auf der Neuenegger Seite im «Stucki» geboren und aufgewachsen wie schon seine Vorfahren. Er hat eine Gemüsegärtner-Lehre plus Meisterprüfung absolviert. Im Hinblick auf den Rebbau hat er sich ein breites Wissen angeeignet und beispielsweise in Wädenswil einen Weinbaukurs belegt. Schliesslich hat er auf dem Strickhof in Lindau den Kurs «Betriebsleiterschule Landwirtschaft 1 BP» erfolgreich abgeschlossen. Thema: «Einführung in den Rebbau». Sein Berufsweg reflektiert Aspekte aus der Geschichte, Gegenwart und Zukunft dieses landwirtschaftlichen Familienbetriebes. Herren resümiert: «1997 gaben wir die Milchwirtschaft auf und spezialisierten uns auf Gemüse. Leider führte die Abhängigkeit von einem Grossverteiler dazu, dass wir uns unverhofft neu orientieren mussten, als dieser einem anderen Gemüselieferanten den Vorrang gab.» Der Landwirtschaftsbetrieb wurde zum Nebenerwerb. Fahrschule und Autowaschanlage sowie nun der Rebberg waren ein erfolgversprechender Plan B. 

Wörtlich vier Jahre Durststrecke  

 Allmählich keimte in Herren der Wunsch, wie schon der Nachbar ebenfalls in den Weinanbau einzusteigen. «Die Abklärungen ergaben, dass sich unser Betrieb sehr gut dazu eignen würde. Der dafür vorgesehene Hang weist im Durchschnitt eine Neigung von ca. 30 % auf und ist gegen Süden ausgerichtet.» Dass der Löwenzahn hier üppig spriesst, gilt als Indiz für wohlgedeihende Reben. Vier Jahre lang zu je 1500 Arbeitsstunden, also total 6000, müssen investiert werden, bis zum ersten Mal mit dem eigenen Wein angestossen werden darf. Bei den Überlegungen wurde auch ein Blick zurück ins Mittelalter geworfen. «Dörishus» war damals eine schlecht erschlossene Randregion. Die grossen Bauernhöfe lagen auf dem Hochplateau, nicht im Tal. An den Südhängen wurden nur kleine Höfe bewirtschaftet, die zu klein waren, um von Ackerbau und Viehwirtschaft leben zu können. Mit Rebbau und Winzerei wird in der Jetztzeit nicht etwa Neuland betreten, wie dies aus einem historischen Dokument hervorgeht: Im Werk «Beschreibung des Amtes Laupen 1779» wird erwähnt, dass es hier an den Südhängen bereits etliche Hektaren mit Reben gab. Bei all den feuchtfröhlichen Gelagen muss der Wein so reichlich geflossen sein, dass die Berner Obrigkeit die Wirtshäuser von Thörishaus zwischendurch sogar schliessen liess. Bacchus, der Weingott, hat bestimmt geweint.

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