Hobelspäne, Nussschalen, rostige Schrauben – mit diesen und weiteren Materialien konnte sich Elisabeth Daly-Paris als kleines Kind stundenlang beschäftigen. «Als meine sechs Jahre jüngere Schwester zur Welt kam, verbrachte ich viel Zeit bei meinem Grossvater in der Westschweiz», erinnert sich die 70-Jährige und fügt an: «In dessen chaotischer Werkstatt fand ich allerlei, um zu basteln und meiner Kreativität freien Lauf zu lassen.» Auch heute ist die Könizerin fasziniert von Materialien mit rustikaler Ausstrahlung. Ob rau und zart, schroff und seidig, verschwommen und linear begrenzt oder eisern und hölzern: Sie liebt es mit Trouvaillen zu experimentieren und Objekte zusammenzufügen, bis sich ein ästhetisches Ganzes ergibt. Dabei bedient sie sich aus einem Fundus, der sich über die letzten 22 Jahre in ihrem Atelier in den «Vidmarhallen» angesammelt hat.
Not macht erfinderisch
Es gab Zeiten, da musste Elisabeth Daly-Paris mit wesentlich weniger Material auskommen. Nach der Matura und dem Lehrpatent reiste die damals 23-jährige eineinhalb Jahre lang mit dem Rucksack durch Lateinamerika und arbeitete sechs Monate als Toilettenreinigerin auf einem Campingplatz in Argentinien. Ihr Bedürfnis kreativ zu sein stieg, doch nach monatelangem Herumziehen fehlte es der Abenteurerin an Geld, um sich Mal- und Zeichenmaterial zu leisten. Nach einer Eingebung begann sie, mit ihrer Nagelschere im Stil der Emmentaler Scherenschnitte Souvenirkarten mit regionalen Sujets, wie z.B. Fischer am Meer, Sanddünen, Gürteltiere, Kolibris etc., zu gestalten und verkaufte diese – bald täglich auf Bestellung – an die begeisterten Touristen aus Buenos Aires.
Auf dem Weg
Zurück in der Schweiz arbeitete die Bernerin viele Jahre als Lehrerin und besuchte in ihrer Freizeit Kurse für Aquarellieren, Radieren oder Schweissen und entwickelte mit den Jahren ihren eigenen Kunststil. Im Zeitraum zwischen 1999 und 2007 nahm sie an der Sommerakademie in Salzburg teil, woran sie sich bis heute gerne erinnert. Mit ihrem Vollpensum als Lehrerin fehlte der passionierten Malerin jedoch die Zeit sich der Kunst zu widmen. Mit 45 Jahren wagte sie einen Neuanfang bei der offenen Jugendarbeit der Stadt Bern mit einem kleineren Pensum. Später war sie in der Justizanstalt in Hindelbank tätig, wo sie als Betreuerin und Sozialarbeiterin mit viel Freude am Kontakt mit den Eingewiesenen arbeitete und auch Mal- und Zeichenkurse für Freiwillige gab. Den Entscheid angestellt zu bleiben, bereut sie bis heute nicht: Ich hatte ein regelmässiges Einkommen und nie die Erwartung, ausschliesslich vom Verkauf von Kunstwerken zu leben.
Vielseitige Kunst
Neben der Gestaltung von dreidimensionalen Objekten widmet sich Daly-Paris mit viel Hingabe dem Malen auf Leinwänden mit Acryl. Sie malt Menschen aus der Erinnerung, alte Mauern, ferne Weite und Horizonte. Oft auch Materielles, das es nicht gibt oder in dem man erkennen kann, was man möchte, oft an der Grenze zum Abstrakten. Die Bilder sind farblich dezent gehalten, in verschiedenen Nuancen und hinterlassen einen imposanten, aber ruhigen Eindruck. Ihre Werke durfte sie an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland präsentieren. Häufige Highlights waren verschiedene Kunstsymposien in Deutschland und Tschechien, zu denen die ambitionierte Künstlerin eingeladen wurde. Eines der neusten Werke ist ein gezöpfelter Emmentaler Misthaufen, der zurzeit im Haupteingang der Vidmarhallen zu sehen ist. Das Kunstwerk heisst «Mist». «Dies ist ja ein gängiger Begriff, den man immer brauchen kann», schmunzelt sie amüsiert.