Obwohl die Sparer demnächst vermutlich mit Negativzinsen beglückt werden, versuchen unsere Geldinstitute, immer neue Kunden zu gewinnen. Was da nicht alles versprochen wird! Die Frage ist bloss: Stimmen die Werbeaussagen, gelten sie für alle Kunden? Eines muss man wissen: Keine unserer Banken führt das Zewo-Gütesiegel für gemeinnützige Institutionen. Will heissen: Die Kunden berappen alles selber, nicht die Banken. Mal hier, mal da. Aber mühsam ernährt sich ja auch das Eichhörnchen.
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Mit einem Copain habe ich um 12:00 Uhr in der Stadt zum Zmittag abgemacht. «Wenn ich um 10:30 Uhr am Bahnhof bin, reicht das spielend, um die drei Konten zu eröffnen», geht mir durch den Kopf, «zumal die Banken nahe beieinander liegen»: Valiant am Bahnhof-, Raiffeisen am Waisenhaus-, BEKB am Bundesplatz. Fehlt eigentlich nur noch die Bank des Vatikans am Münsterplatz. Start bei der Valiant. Das heisst… Fehlstart, denn dazumal, Mitte 2016, wird die Schalterhalle umgebaut. Übrigens, apropos Schalterhalle: Haben Sie schon bemerkt, was heute an einem gewöhnlichen Bankschalter – im Vergleich zu früher – alles nicht mehr möglich ist, aus, wie es immer heisst, Sicherheitsgründen?
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Item: Ich also sicheren Schrittes zur Raiffeisen. «Guten Tag, ich möchte gerne ein Sparkonto eröffnen, kann ich das Antragsformular gleich hier ausfüllen?» Die Mitarbeitende schaut mich an, als stünde Michael Jackson selig vor ihr. «Haben Sie einen Termin mit einem unserer Berater?» Termin? Berater? «Nein, ich benötige keinen Termin, und beraten tue ich mich selber.» Die nette Dame erklärt mir: Ohne Termin, kein Berater, kein Konto. «Glauben Sie mir, mein Name kommt in den Panama-Papieren nicht vor, und auf Grand Cayman lagere ich weder Weiss- noch Schwarzgeld.» Aus die Maus. Auch keine Chance, sofort mit einem Berater zu sprechen. Also muss ich den besagten Termin mit dem besagten Berater abmachen. Super. Bei der BEKB das gleiche Drehbuch. «Möchten Sie mit einem unserer Berater sprechen?» Ich erkundige mich, ob das denn in der nächsten Stunde möglich wäre. «Nein, das tut mir leid, Sie müssen einen Termin zum Voraus abmachen.» Soso.
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Zwei Tage später kreuze ich wieder auf, zuerst bei der Raiff-
eisen, danach bei der BEKB. An beiden Orten werde ich von perfekt durchgestylten, jungen Herren begrüsst – «durchgestylt» im Vergleich mit mir Landei. Und bei beiden Banken läuft das Prozedere identisch ab, sodass ich es hier nur einmal zu Papier bringe. Man bietet mir im Büro Platz an, unmittelbar danach ein Mineralwasser. Anschliessend möchte der Herr wissen, was ich mit der Kontoeröffnung vorhabe. «Ich will Ihre Bank nicht ausspionieren, um sie später zu überfallen, ich möchte ganz einfach ein ganz normales Sparkonto eröffnen.» Nachfrage: Zahlungsverkehr? Hypothek? Wertschriften?, wie die jungen Bankers heutzutage wohl gedrillt werden. «Näher zum Kunden», wie das uns die Werbung sagt. Wir einigen uns auf ein Sparkonto ohne
E-Banking. Was danach folgt, das ist Realsatire pur, die Unterlagen, die ich wegen den Amerikanern ausfüllen muss. Merke: Gilt für Schweizer, die ein ganz normales Schweizer Sparkonto bei einer Schweizer Bank eröffnen wollen. Gilt das für auch Kinder, die ihr Sparsäuli leeren und einzahlen wollen? Oder kann man das bei den bargeldlosen Bankschaltern (…) auch nicht mehr? Wie auch immer, zum Schluss bin ich glücklicher Inhaber zweier neuer Sparkonten. Ich zahle auch einen bestimmten Betrag ein, um meine hehren Absichten zu bekräftigen.
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Stimmt: Was ist mit der Valiant? Dort geht es bei einer lokalen Vertretung unkomplizierter zu und her. Zwar muss ich die Zettel ebenfalls ausfüllen und mich korrekt ausweisen, das kann ich aber per Telefon, respektive anschlies-
send per Mail und Mailanhängen machen. Easy. Möglicherweise, weil man mich dort kennt.
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Und jetzt eben zur Mutter aller Fragen: Was höre oder lese ich im Laufe der nächsten sechs Monate von den Geldinstituten, also bis Ende 2016? Die Valiant lässt mir (lesenswerte) Kundenmagazine zukommen, mit den verschiedensten Themen. Und eine Einladung zu einem Kundenanlass. Raiffeisen und BEKB hingegen gehen davon aus, dass ich keine weiteren Fragen oder Interesse habe. Sygseso.
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Weshalb erinnere ich mich beim Schreiben dieser Geschichte plötzlich an einen Vortrag, den ich – bewusst als «Enfant terrible» so vorgesehen! – vor ungefähr 25 Jahren in einem Zürcher Zunfthaus vor einer erlesenen Schar von grau gekleideten Bankiers halten durfte? Nota bene: In Jeans, T-Shirt und Turnschuhen, um den Herren vor Augen zu führen, wie der Mann von der Strasse die grauen Mäuse wahrnimmt? Läck! War das eine Gaudi, übrigens zur Begeisterung aller Anwesenden, wenn auch erst ganz zum Schluss. Ich habe den Bankiers damals auch einen neuen Werbeslogan vorgeschlagen: «Die Schweizer Banken. Wir wollen nur Ihr Bestes. Ihr Geld.»