«Es muss nicht immer Arbeit sein»

«Es muss nicht immer Arbeit sein»

Das Jugendorchester Köniz feiert sein vierzigjähriges Bestehen mit einer Zusammenarbeit der besonderen Art: Gemeinsam mit dem «Orchestre des Jeunes de Haute-Bretagne» werden die jungen Musikerinnen und Musiker Konzerte in Rennes und in Köniz spielen.

Die Idee, mit einem Orchester aus einem anderen Land oder gar einem anderen Kulturkreis zusammen zu arbeiten, ist für das Jugendorchester Köniz, kurz JOK, nichts Neues. Präsident Philipp Aebi erinnert sich an mehrere ähnliche Reisen, die in den letzten Jahren stattgefunden haben – von Deutschland über England, Serbien und Finnland bis nach Mexiko haben gemeinsame Projekte das junge Orchester bereits geführt. Für Aebi war klar, dass auch während seiner Amtszeit eine internationale Reise stattfinden soll.

Aus eigenem Antrieb
«Ich hatte schon immer Lust, etwas zu machen, zu ändern, meine eigenen Ideen umzusetzen», erzählt Philipp Aebi. Das Jugendorchester Köniz bietet hierzu die ideale Plattform, Projektideen und Umsetzung müssen aus der Gruppe selbst kommen, etwas, das Aebi sehr schätzt: «Es macht Spass, selber ein Projekt von A bis Z auf die Beine zu stellen, ohne dass eine Musikschule, Gemeinde oder weitere Instanz mitredet.» Seit zwei Jahren läuft die Planung für das Projekt mit dem «Orchestre des Jeunes de Haute-Bretagne», an Engagement hat es nie gemangelt. Die Leitung, bestehend aus Philipp Aebi, Kaspar Hafner und Alois Jolliet, zog am Karren und managte die Vorbereitung mit Bravour. «Es versandete nie bei einer Person», so Aebi, «wir waren ein gutes Dreiergespann.» Die meiste Zeit in Anspruch nahmen die Datumssuche und das Auftreiben von finanziellen Mitteln. Philipp Aebi erinnert sich gut, dass das Orchester in anderen Jahren kreative Wege beschreiten musste, um an Geld zu gelangen – Partys organisieren, Freiwilligeneinsätze oder auch Spielversuche im Casino. Soweit kam es in diesem Jahr glücklicherweise nicht. «Einerseits brauchte es weniger Geld als auch schon und andererseits hatten wir früh diverse Stiftungsgelder zugesagt und einen grösseren Sponsoringbetrag einer Grossfirma in Aussicht», so der Präsident. Eine grosse Erleichterung, die die weitere Planung deutlich entspannte. Kleinere Stolpersteine, wie die «Tour de France», die während des Aufenthalts durch Rennes führt, oder der französische Nationalfeiertag, werden sich unterwegs lösen lassen. «Man muss improvisieren können», so Aebi zuversichtlich.

Nicht nur Arbeit
Mit eigens ausgewählten Stücken im Gepäck – unter anderem der Festouvertüre des Schweizer Komponisten Joachim Raff und dem melancholischen «La cloche des morts» von Joseph Guy Ropartz – führt die lang ersehnte Reise zuerst nach Rennes. Dort spielt das JOK zusammen mit dem «Orchestre des Jeunes de Haute-Bretagne» zwei Konzerte. Neben den Konzerten bleibt indes Zeit, begleitet von den Gastgebern einige touristische Attraktionen zu besuchen. Der «Mont St. Michel» an der Küste darf dabei genauso wenig fehlen wie eine Wanderung durch den «Forêt de Brocéliande», in dem der sagenumwobene Zauberer Merlin einst unterwegs gewesen sei. Die zweite Etappe führt nach Quiberon. Neben weiteren Konzerten mit lokalen Organisationen steht den Jugendlichen hier viel freie Zeit zur Verfügung. In einem Lagerhaus in Strandnähe besteht die Gelegenheit, sich den Atlantik um die Füsse strömen zu lassen. «Der Strandgenuss darf nicht zu kurz kommen», schmunzelt Philipp Aebi, «es muss ja nicht immer alles Arbeit sein!» Dass die Arbeit im Fall des Jugendorchesters eher ein leidenschaftliches Hobby ist, tut dieser Wahrheit keinen Abbruch.

Tiefe Verbundenheit
Für Philipp Aebi geht mit der Reise in die Bretagne und dem nachträglichen Besuch des bretonischen Orchesters Mitte August in Köniz eine intensive Zeit zu Ende. «Druck während der Planung war da, aber den machte ich mir eher selber, als dass er von aussen kam», meint er selbstkritisch. Der Zusammenhalt der Gruppe stützte das Projekt von Anfang an und ist eine der gros­sen Stärken des Jugendorchesters Köniz. Philipp Aebi tut sich schwer, die Besonderheit des JOK in Worte zu fassen – am treffendsten sei wohl der Teamgeist, die Motivation und die Freude. Das hängt bereits mit dem Aufnahmeverfahren zusammen, es gibt kein Vorspielen. Dadurch entfällt bereits ein grosser Druck, der bei anderen Orchestern selbstverständlich ist. Das Jugendorchester Köniz sei musikalisch wohl nicht das Beste der Region, doch das sei auch nicht das Ziel. «Wir wollen mit den Leuten, die wir haben, das bestmögliche Programm spielen», erklärt der junge Vereinspräsident und schwärmt: «Dadurch haben wir keinen Druck und eine grosse Begeisterung für die Musik, die ich so in keinem anderen Orchester erlebt habe.» Es hätte also zum Jubiläum für die Stimmung in der Gruppe nicht zwingend eine internationale Reise sein müssen, Spass und Gemeinschaftsgefühl wären bei einer gemeinsamen Aarefahrt genauso stark gewesen. Dass der Zusammenhalt im JOK bereits zu seiner Gründungszeit hoch war, ist heute noch spürbar. Beim Jubiläumsapéro und der Ausstellung von Archivmaterial im Juni waren zahlreiche Ehemalige mit von der Partie. «Man spürt auch nach dreissig Jahren eine tiefe Verbundenheit der älteren Musiker», freut sich Philipp Aebi. An Aushilfe und Unterstützung der Ehemaligen mangelt es nicht. Und wer dieses Jahr mit in die Bretagne fuhr, ist auf bestem Weg, auch in ein paar Jahrzehnten noch zur JOK-Familie zu gehören.

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