«Es war eine schöne Zeit»

«Es war eine schöne Zeit»

Im vergangenen September feierte Josef Lutz seinen hundertsten Geburtstag. Voller Dankbarkeit erinnert er sich, gemeinsam mit seinem Sohn Heinz, an manche Begebenheit.

Als er am 5. September 1921, in Grindel im Kanton Solothurn geboren wurde, fuhren rund 15’000 Personenwagen auf Schweizer Strassen, heute sind es mehr als 4,5 Millionen. Während, gemäss statistischem Jahrbuch, vor hundert Jahren schweizweit gut 162’000 Haushalte einen Telefonanschluss hatten, besitzen heute 9 von 10 Personen ein Smartphone. Der Jubilar hat grundlegende Veränderungen miterlebt und dabei eine bewundernswerte Gelassenheit entwickelt.

Josef Lutz und seine zwölf Geschwister waren es gewohnt, vor und nach der Schule auf dem elterlichen Bauernhof zu helfen: «So war es halt damals, aber wir hatten es schön.» Als 9-Jähriger musste er ein Jahr in Allerheiligen, einem Sanatorium für Lungenkrankheiten, verbringen. «Eine Nachbarin hatte ein Säuli verloren, wir suchten es den ganzen Tag und ich war es, der es schliesslich fand. Nur erkältete ich mich dabei so stark, dass ich krank wurde», erinnert er sich.

Zur Schule ging Josef Lutz in Grindel. Im gleichen Klassenzimmer sass auch die kleine Anna. Dass die beiden 67 Jahre verheiratet sein würden, wussten die Kinder damals natürlich noch nicht. «Ich hatte eine schöne Jugend und manchmal kamen uns auch Streiche in den Sinn. Wir versteckten uns zum Beispiel in leeren Särgen und erschreckten die Besucher. Heute wäre so etwas nicht mehr möglich», erzählt er. Freizeitbeschäftigung fand der Jugendliche im Turnverein und in der Musikgesellschaft. Mit dem Turnverein erlebte er auch einen seiner schönsten Erfolge. Grindel wurde Schweizer Meister im Korb­ball – ein Riesenerfolg für das 450-Seelen-Dorf. Beim feierlichen Empfang der Sieger musste die Hälfte der Mannschaft allerdings schnell das Tenue wechseln und in der Uniform der Musikgesellschaft für sich selbst spielen.

Nach einer Bauernlehre wurde Lutz’ Leben von der Weltgeschichte bestimmt. Rund um die Schweiz tobte der Zweite Weltkrieg und der Sanitätssoldat wurde an den Rhein beordert. An den langen Säbel kann er sich noch gut erinnern: «Er schlug immer so unangenehm an die Knöchel.» Nach seinem Einsatz an der Grenze arbeitete der handwerklich begabte junge Mann bei verschiedenen Kunststoffverarbeitungsfirmen und gründete eine Familie. Daneben baute er eigenhändig ein Haus: «Es kam ganz automatisch, wir hatten geheiratet, jetzt brauchten wir ein Haus.» Sogar den Aushub erledigten seine Freunde aus dem Dorf und er von Hand. Eine schwierige Zeit war es, als sich Josef Lutz mit Polio ansteckte. «Zwei Jahre lang sahen ich und meine Schwester unseren Vater nur durch das Spitalfenster», erinnert sich Sohn Heinz.

Später folgte der Umzug nach Schwarzenburg. «Mein ehemaliger Vorgesetzter war Direktor bei der Plastem und bot mir 1965 den Posten des Produktionschefs an», erklärt der 100-Jährige. Die Kunststoffverarbeitungsfirma, deren Räumlichkeiten heute die Landi übernommen hat, beschäftigte bis zu 110 Mitarbeitende und Lutz identifizierte sich mit seiner verantwortungsvollen Aufgabe. Sogar am Samstag war er regelmässig in der Firma anzutreffen. Der Wechsel war «das Beste, das ich je gemacht habe. Ich war zu Hause in Schwarzenburg.»

Für ihn war klar, dass er auch nach der Pensionierung aktiv bleiben wollte. Er löste eine Holzer-Karte und verbrachte viel Zeit im Wald. Zusammen mit seinem Sohn verarbeitete er insgesamt über 50 Ster Holz. «Wir haben den Wald nicht klinisch geputzt», meint Heinz Lutz, «aber die Bahn frei gemacht für Rehe und Haufen aufgeschichtet mit den Ästen, die wir nicht gebrauchen konnten.»

Seit dem Tod seiner Frau und einem Sturz wohnt Josef Lutz im Alters- und Pflegeheim in Beitenwil bei Worb, in der Nähe des Sohnes. Er ist voll des Lobes über die Betreuung: «Alle sind nett und hilfsbereit und eine Mitarbeitende kam sogar an ihrem freien Tag vorbei, um mir zu meinem 100. zu gratulieren.»

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