Frauenschicksal aus dem 19. Jahrhundert

Frauenschicksal aus dem 19. Jahrhundert

Susanna Grogg hat die Lebensgeschichte der Schwarzenburger Magd Magdalena Hirschi-Rolli (1784–1846) im Buch «Heimatlos in der Heimat» aufgeschrieben. Auf deren Schicksal wurde die Autorin beim Stöbern im Archiv der Kirche Albligen aufmerksam.

Vor mehr als 30 Jahren stiess die Historikerin Susanna Grogg auf alte Schriftstücke, die das Leben der Magd Magdalena Hirschi-Rolli dokumentieren. Die Dokumente fand die einstige Pfarrersfrau im Archiv der Kirche Albligen, wo sie in den 80er-Jahren gemeinsam mit ihrer Familie lebte. Aber erst jetzt sei die Zeit gekommen, diese aufzuschreiben, erzählt die 83-jährige Witwe, die mittlerweile längst nicht mehr auf dem Land, sondern in dem Berner Quartier Länggasse wohnt.

Eindrücklich legt sie in der Geschichte «Heimatlos in der Heimat» Zeugnis ab über die damals schweren Lebensbedingungen einer alleinstehenden Frau, der neben harter Arbeit nur wenig Glück vergönnt blieb. Der erste Mann, ein Söldner in Russland, galt als verschollen, die zweite Ehe mit einem armen Handwerker wurde ihr verboten, die Kinder fremdplatziert, und Magdalena als «liederliches Weib» abgestempelt. Susanna Grogg schreibt von einer Zeit, in der Kirche und Staat über das Schicksal der Menschen verfügten, so auch über die Magd Magdalena, die in Armut aufwuchs und in Armut starb.

Weltoffene Ur-Schwarzenburgerin
Die Erzählung über die Magd Magdalena ist Susanna Groggs erstes Buch, als Autorin war sie jedoch schon früher tätig. Sie verfasste ortsgeschichtliche Artikel fürs «Schwarzenburger Altjahrsblatt» und schrieb als Pfarrersfrau historische Theaterstücke für die Albliger Bevölkerung. «Lokalgeschichtliche Dorftheater, die im 19. Jahrhundert spielten», präzisiert die ehemalige Lehrerin. Über dieses Jahrhundert wisse sie am meisten, schon während ihres Geschichtsstudiums habe sie sich mit dieser Zeit auseinandergesetzt. Auch am elterlichen Familientisch wurde viel über soziale und politische Themen diskutiert. Ihr Vater war Bauer und Gemeinderat von Schwarzenburg, die Mutter Lehrerin. «Eine offene und aufgeschlossene Haltung ist mir schon immer wichtig gewesen», sagt das frühere SP-Mitglied. Obschon sie eine Ur-Schwarzenburgerin sei, sehe sie sich vor allem als Europäerin, betont Grogg.

Menschenverachtender Umgang
Susanna Grogg interessierte sich schon früh für historische Ereignisse. Dies sei wohl auch in ihrer Kindheit begründet, vermutet sie, und erzählt, ihre Eltern hätten vom Alter her gut auch ihre Grosseltern sein können. «Was war vor mir? Diese Frage habe ich bereits als Kind spannend gefunden.» Mehr noch aber beschäftigte Grogg an der Geschichte der Magdalena der soziale Aspekt. «Damals wurde mit Armen menschenverachtend umgegangen. Und Frauen hatten kaum Rechte, alleinstehende erst recht nicht», sagt sie entrüstet. Auch Susanna Groggs Mutter wurde unehelich geboren. «Ich fand das immer total spannend, im Gegensatz zu meiner Mutter, die darunter litt.» Glücklicherweise habe sich die Situation gebessert, aber, meint sie mit deutlicher Stimme: «Zufriedenstellend ist die Situation für ärmere Leute oder Frauen, die ihre Kinder alleine erziehen, trotzdem noch lange nicht.»

Sich zu engagieren war und ist Susanna Grogg ein grosses Anliegen. So unterrichtet sie ehrenamtlich jugendliche Asylsuchende und hilft im Kirchgemeindehaus der Paulus-Kirche in der Länggasse beim «Asylkaffee» mit. Dort schenkt die rüstige Rentnerin Getränke aus und verteilt Kuchen. Sie schaut auf die Uhr. Wegen des Interviews verspäte sie sich an diesem Nachmittag ein bisschen. Nun sei halt zuerst die Journalistin in den Genuss von Kaffee und Keksen gekommen, sagt sie mit einem Schmunzeln.

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