Die Mehrzweckhalle ist gut gefüllt an diesem Abend Anfang November. Mitglieder von Naturpark Gantrisch, Gemeindepräsidenten, Gemeinderätinnen, Vertreterinnen von Organisationen, Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger (SVP) sind hier, aber auch der ehemalige Geschäftsführer des Naturparks Gantrisch, Christoph Kauz, ist aus der Ostschweiz angereist und trifft auf andere ehemalige Mitarbeitende. Der Grund: Heute wird Lydia Plüss verabschiedet, die seit 2015 im Naturpark tätig ist und im Februar 2021 als Geschäftsführerin gewählt wurde.
Funde, Lärm, Zwitschern
Doch zuerst stehen andere Traktanden an. Rudolf Anken, als Gemeindepräsident von Oberbalm heutiger Gastgeber, stellt seine Gemeinde vor. Er verweist auf die kürzlichen archäologischen Funde vor der Wallfahrtskirche, manche davon seien 4000 Jahre alt. «Wenn ich Urs sehe da vorne, muss ich sagen, was sind schon 1000 Jahre?», sagt er mit einem Augenzwinkern zu Urs Rohrbach, der als Gemeindepräsident mit Schwarzenburg heuer das 1000-Jahre-Jubiläum feiert. Nach dem heiteren Einstieg stellt Katharina Conradin das Jahresprogramm 2026 vor: Manches ist wohlbekannt, anderes wird im kommenden Jahr konkretisiert. Etwa Massnahmen gegen den Verkehrslärm auf der Gurnigelstrasse: «Wir sind schon eine Weile dran, nun kommt hoffentlich etwas Bewegung rein.» Zur Umsetzung kommt auch das Projekt «Lebendiges Gürbetal»; es soll die vielerorts grüne Wüste in ein «blühendes, zwitscherndes und summendes Tal» verwandeln – auf spielerische Art und Weise, mit Einbezug der Bevölkerung.
Köniz im Naturpark?
Ganz vorne sitzt Hansueli Pestalozzi, Könizer Gemeinderat. Neben den Vertretern der 19 Mitgliedsgemeinden, die den Naturpark Gantrisch bilden, ist er nicht nur Gast. Bereits 2022 hatte das Könizer Parlament einen möglichen Beitritt der Gemeinde zum Naturpark diskutiert. Lydia Plüss gibt nun bekannt: Köniz und der Naturpark gehen eine Partnerschaft zum gegenseitigen Kennenlernen ein, um einen möglichen Beitritt per 2032 zu prüfen. Dies als Pfortengemeinde – nur mit dem ländlichen Teil, wie es bereits heute in Belp der Fall ist. «Für den Vorstand ist klar: Eine Erweiterung ist möglich, wenn der Charakter des Naturparks erhalten bleibt», erläutert sie. Die Parkgemeinden könnten 2030 in einer Abstimmung darüber befinden, wenn die neue Ermächtigungsperiode ansteht. Nun stellt Pestalozzi den Anwesenden seine Gemeinde vor. Mit 51 km² sei sie gross, allerdings habe sie schon seit ungefähr 1000 Jahren diese Grenzen, sei also nicht durch Fusionen gewachsen. Dadurch, dass Köniz neben den urbanen und den Agglomerationsgebieten einen gros-sen Teil an ländlichen Gebieten habe, wäre ein Beitritt für letztere «eine riesen Chance, mehr Richtung Gantrisch eingebunden zu sein». Naturpark-Präsidentin Franziska Stucki-Oswald, erklärt, was die Partnerschaft konkret bedeutet: «Wir wollen in den Themen Wirtschaft, institutioneller Austausch, Biodiversität sowie Landschaft und Bildung zusammenarbeiten.»
Lydia Plüss geht, Oliver Berger kommt
Nun ist es an der Zeit, Lydia Plüss zu verabschieden. Vor zehn Jahren begann ihre Arbeit für den Naturpark Gantrisch, noch im Stundenlohn, wie Stucki-Oswald erzählt. Später wurde sie festangestellt, 2020 übernahm sie die Bereichsleitung Wirtschaft und Anfang 2021 die Geschäftsleitung. «Du warst immer mit riesengrossem Engagement dabei, hast neue Ideen gebracht, hast immer geholfen und angepackt, ob beim Verhandeln mit Politikern oder beim Schwenten», windet die Präsidentin ihr ein Kränzchen. Urs Rohrbach beschreibt sie als «eindrückliches Zeugnis von Pflichtbewusstsein und Verlässlichkeit». 24 ordentliche und 7 ausserordentliche Vorstandssitzungen habe sie vorbereitet, nur 2 verpasst. Sie sei nahbar als Chefin, sachlich, professionell und habe im Schloss für eine herzliche Willkommenskultur gesorgt. Die Geehrte betont: «Ich habe zu danken, dass ich die letzten zehn Jahre hier ‹wärchen› durfte, und dies mit dem besten Team. Ihr als Vorstand habt mir dabei den Rücken freigehalten.» Mit einer stehenden Ovation danken die Anwesenden Lydia Plüss für ihren Einsatz.
An ihre Stelle tritt per 1. Dezember Oliver Berger. Der Berner hat breite Erfahrung in der Führung von Non-Profit-Organisationen, ist Vorstandsmitglied verschiedener Vereine, politisch als Stadtrat engagiert und aktuell Vizedirektor bei einer Unternehmensberatung. «Jetzt gehe ich zurück in die Praxis», sagt er. Die Region kennt er seit seiner Kindheit – gute Voraussetzungen also, um das Programm 2025 bis 2028 unter dem Motto «Dr Naturpark isch üsi Zuekunft» voranzutreiben. Lydia Plüss übergibt ihm den Naturpark symbolisch mit einem «Nagelfluh-Chemp». Sie erklärt: «Der Naturpark besteht aus verschiedenen Steinen – alleine nichts anderes als Grien. Doch was ihn ausmacht, ist der Kitt. Das seid ihr, die Menschen, eure Bereitschaft. Wir wollen zusammen etwas gestalten.» Ihr Wunsch sei: «Bleibt Nagelfluh, auch in Zukunft.»


