«Ich bin da realistisch», sagten sie alle mindestens einmal während der Diskussion. Wie eine nächste Legislatur mit Berlinger weitergeht oder eine Präsidentschaft Brönnimann oder eine von Kohler aussehen könnte, das skizzierten die drei. Kritik inklusive.
Ein Gemeinderat in Disharmonie?
«Wir sind ein Fünfergremium, das zusammenarbeiten muss. Dass es alle vier Jahre Wahlen gibt, ist Teil der Demokratie. Das stört das Verhältnis nicht. Gewisse Aussagen sind aber vielleicht etwas pointierter geworden. Ich bin deshalb froh, wenn die Wahlen einmal vorbei sind und wir uns wieder auf die Arbeit konzentrieren können», antwortet Berlinger-Staub auf die Frage. «Für mich gehört das Zugespitzte dazu, das ist Wahlkampf, das ist Politik. Wir haben unseren Rucksack und unsere Parteien. Da ist man nicht immer gleicher Meinung. Ich greife das Präsidium an, weil ich nicht mit allen Sachen zufrieden bin», entgegnet Hans-Peter Kohler. Ganz ähnlich klingt es bei Brönnimann: «Vier Jahre sind wir ja ein wenig abgeschottet durch das Kollegialitätsprinzip, zeitweise ist das fast schon ein Kollegialitätsgeheimnis. Nun ringen wir um die besten Lösungen für anstehende Probleme. Ich trete an, weil ich der Meinung bin, dass ich bessere Lösungen habe als die amtierende Präsidentin.» Im übertragenen Sinne bringen die Kandidierenden also gewisse Parteiinteressen ins Spiel. Alle drei haben zu den grossen Themen wie Steuern, Finanzen, Umwelt, Infrastruktur klare Vorstellungen.
Ein Widerspruch
zum Kollegialitätsprinzip
in der Exekutive?
«Ich begrüsse dieses durchaus, aber man darf es auch mal ein wenig ausreizen, gerade im Wahlkampf. Das Volk hat mich für meine rechtsbürgerlichen Inhalte gewählt. Und ich bin gegen eine Steuererhöhung, das gebe ich offen zu», fügt Kohler an. Der Gemeinderat als Kollektiv befürwortet aber die befristete Steuererhöhung. Kohler stellt sich offen dagegen. Die Reaktion von Berlinger-Staub folgt postwendend: «Da haben wir ein unterschiedliches Rollenverständnis. Das Kollegialitätsprinzip stärkt ein Gremium, wir diskutieren unter uns offen und hart, alle nach ihrer politischen Herkunft und Partei, treten dann aber geschlossen für den Mehrheitsentscheid auf. Es ist für mich nicht richtig, wenn man nachher nach aussen etwas anderes vertritt.» Brönnimann differenziert für sich: «Man gibt den Parteimantel vielleicht an der Garderobe der Exekutive ab, nicht aber den Hut und die Grundwerte, die bringt man in die Debatte doch immer mit ein. Das Kollegialitätsprinzip macht Sinn während der Legislatur, jedoch nicht im Wahlkampf. Ich wünsche mir schon etwas mehr Transparenz und kein Versteckspiel.» So oder so, die Wahlen beeinträchtigen den Gemeinderat über einige Monate. Eine aufreibende Zeit, in der mögliche Lösungsansätze für Probleme gesucht werden. So etwa für die Finanzen, dem Ressort, das dem Präsidium zugeordnet ist.
Welche Finanzpolitik
ist denn zielführend?
«Die Finanzpolitik ist ein gutes Anwendungsbeispiel des Kollegialitätsprinzips. Hier sind wir als Gesamtes verantwortlich, niemand ist an den Problemen alleine schuld. Wir haben uns für das Sparpaket zusammengerauft und etwas Mehrheitsfähiges geschaffen. Die Präsidentin muss das dann nach aussen vertreten. Wir haben das bisher recht gut gemacht.» Ohne lange zu fackeln meint Kohler: «Ich gebe mit den Schulhäusern am meisten aus, das ist mir bewusst.» Wie will er denn die Finanzen ohne Steuererhöhung in den Griff bekommen? «Die Überlegungen müssten doch mehr in die Richtung gehen, was Köniz machen könnte, um mehr Steuergelder zu erhalten, also mehr juristische Personen, mehr Wirtschaftsförderung. Bestrebungen, die nicht sofort Entlastung bringen, sehr wohl aber nach und nach. Das wäre eine präsidiale Aufgabe, auf die ich Lust hätte, deshalb greife ich das Präsidium an. Einfach Resignieren und Steuern nach oben finde ich falsch», antwortet er. «Die Direktion Bildung und Soziales von Kollege Kohler hätte doch schon beweisen können, dass sie sparen kann, hat aber bisher nicht die grossen Würfe gelandet», kontert Berlinger. «Nein, das stimmt so nicht, wir haben gespart und ich habe die Rückerstattungen des Kantons bezüglich der KESB-Gelder durchgebracht», entgegnet Kohler. Brönnimanns Direktion für Sicherheit und Liegenschaften fällt bei den Ausgaben ebenfalls ins Gewicht. Seine Partei portierte als Lösungsvorschlag die befristete Steuererhöhung, die dem Volk gleichzeitig mehr Rechte einräumt. «Ich sehe das als einzige Chance an. Dennoch bin ich pessimistisch, was die Abstimmung angeht. Es ist der typische Widerspruch der Demokratie. Der Bürger bewilligt ein Schulhaus, nicht aber die Konsequenzen», befürchtet er und ergänzt: «Ich trete an, um sehr wohl ein Auge auf Kosten und Nutzen zu haben, nicht aber für den grossen Kahlschlag. Wir haben insgesamt 3,8 Mio. Franken an Einsparungen erreicht, das ist die Schmerzgrenze.» Die Liste der freiwilligen Leistungen der Gemeinde, wie etwa für die Badi oder Bibliothek sind für ihn also ein Tabu. Auch für Kohler, der einen Weg ohne Steuererhöhung sieht? «Bis der Kanton mit den schwarzen Mercedes vorfährt und den Steuerfuss festsetzt, geht es noch eine Weile. Zudem zeigen die letzten Abstimmungen, dass eine Steuererhöhung nicht durchkommt, deshalb braucht es andere Wege. Langfristig – wo ich bisher deutlich mehr erwartet hätte – eine Wirtschaftsförderung. Die Wunschliste von Beschlüssen des Parlaments, da muss sich die Exekutive mehr wehren, man denke nur an das kürzlich beschlossene Klimareglement. Dann will ich auch die Abgaben an Bund und Kanton überprüfen und eine Verwaltungsstrukturreform. Ich stehe sogar dazu, nötigerweise Immobilien zu veräussern, damit man ein wenig Luft hat, um diese Ziele zu erreichen», führt Kohler aus. «Die knallharte Finanzpolitik stösst bei Bildungsfragen an ihre Grenzen», bemängelt Brönnimann und ergänzt: «Es fehlt an Strukturen etwa für Tagesschulen, Sportplätze oder energetische Sanierungen, da habe ich die Präsidentin als SP-Frau vermisst und stand manchmal allein da.» Immobilien zu veräussern, wie es Kohler für möglich hält, davon will er nichts wissen; es ist und bleibt Tafelsilber der Gemeinde für den GLP-Politiker. Die Präsidentin präzisiert: «Es heisst oft, wir dürfen das nicht tun. Was ich aber wollte, ist einmal genau hinschauen und die Gebäude analysieren, damit wir alle Fakten auf dem Tisch haben, um zu entscheiden, ob ein Verkauf oder der Beibehalt sinnnvoller ist. Wir verkaufen nicht einfach Tafelsilber, aber wir kommen vielleicht einmal in eine Situation, in der wir müssen. Was die freiwilligen Leistungen angeht, so glaube ich, das real zu sehen, indem ich sage, wenn wir diese beibehalten wollen, dann geht das nicht ohne Steuererhöhung.» Solche Leistungen sind der SP wichtig, genauso sozialer Wohnungsbau. Für die beiden Gegenkandidaten ein Widerspruch zur finanziellen Situation, nicht so für Berlinger: «Das Parteiprogramm der SP ist nicht gleich Aufgabe des Gemeindepräsidiums. Mein Auftrag ist unter anderem dafür zu sorgen, dass die Finanzen aufgehen, und wir sind nun in einer Situation, in der wir keine Reserven mehr haben. Das so entspannt zu sehen, wie es Herr Kohler tut, oder öffentlich seine Befürchtung eines Scheiterns der Steuererhöhung kundzutun, das geht für mich nicht.» Brönnimann positioniert sich in der Mitte: «Für mich verharmlost Herr Kohler ein wenig und Frau Berlinger dramatisiert, weil sie nur die kurzfristige Jahresrechnungsoptik hat.» Was die Finanzpolitik angeht, gibt es also deutliche Unterschiede zwischen den Kandidierenden.
Wie sieht es in
der Klimapolitik aus?
Was ist denn diese in Anbetracht der Finanzen wert? «Ich bin grün und liberal, ich war für einen Klimafonds und befürworte den Aufbau eines Wärmenetzes. Nur, kann man das auch von der SP sagen?», kritisiert Brönnimann die finanziell bedingte Zurückhaltung der amtierenden Präsidentin. «Die Klimapolitik ist von zentraler Bedeutung. In meinem Privatleben halte ich meinen ökologischen Fussabdruck so klein wie möglich. Finanzpolitisch ist es aber relativ einfach: Wir können nur das machen, was finanziell möglich ist. Zudem ist es nicht so schwarz-weiss, wie es Herr Brönnimann malt. Nicht jedes Geschäft ist automatisch gut, nur weil es grün ist, da muss man differenzieren», reagiert Berlinger. Kohler hingegen bleibt seinen bürgerlichen Werten treu und meint: «Auf meiner Wahlkarte ist nichts Grünes. Es ist müssig, auf kommunaler Ebene darüber zu debattieren, oder widersprüchlich, wenn man demonstrieren geht und ein T-Shirt aus Bangladesch trägt. Die technologische Weiterentwicklung begrüsse ich zwar, aber nicht alles ist grün, wo grün draufsteht. Man denke nur an die Elektroautos mit ihren Batterien. Mein 24-jähriger Jeep Cherokee ist vermutlich nachhaltiger, als wenn ich ein neues Auto mit einer Elektrobatterie kaufe. Er ist übrigens grün metallisiert», lacht er. Die drei treffen sich aber, was die Vorbildfunktion der Gemeinde angeht: Sanierungen sollen energetisch sinnvoll sein und das Energiestadtlabel Gold verpflichtet eben auch. «Der Standard dieser Gebäude ist seit langem Minergie und mittlerweile darüber», konkretisiert Berlinger. Eine Tatsache, die auf der Zeitachse aufgeht, weil sich diese Investitionen mit der Zeit rentieren, auf der Jahresrechnung aber anfänglich noch hart zu Buche schlagen.
Sie streiten nicht nur, sie treffen sich in gewissen Punkten wieder. Wertschätzung trotz Wahlkampf also? «Ich erlebe die Gemeindepräsidentin als äusserst faire Person und Herrn Brönnimann als guten Partner, gerade im Zusammenhang mit den Schulhäusern», schliesst Hans-Peter Kohler die Debatte. «Mit Frau Berlinger kann man gut debattieren und anschliessend trotzdem bestens zusammenarbeiten, das schätze ich sehr, das gilt genauso für Herrn Kohler», beendet Thomas Brönnimann sein Votum. Die amtierende Gemeindepräsidentin meint abschliessend: «Thomas Brönnimann ist begeisterungsfähig und das reisst mit, das schätze ich an ihm. Hans-Peter Kohler ist ein korrekter Mensch, auf den man sich verlassen kann.» Versöhnliche Töne, nachdem sie hart in der Sache debattiert haben. Das ist Könizer Politik mit den drei Kandidierenden für das Gemeindepräsidium. Nun haben Sie die Wahl. Wer trifft Ihre Realität am ehesten?