Im Jahr 2030 könnte Köniz eine halbe Mrd. Franken Schulden angehäuft haben. Trotz höheren Steuererträgen. Das verrät der IAFP. «Wir haben Bedenken, ob diese Verschuldungspolitik nachhaltig ist», stellt Fabienne Marti (GLP) der GLP-EVP-Mitte-Fraktion die rhetorische Frage. Zuvor aber richtet sie drei weitaus konkretere Fragen an den Gemeinderat. Ihnen zu Grunde liegen die Probleme, die David Müller (Grüne) als Präsident der Finanzkommission eingangs zusammenfasst: «Kurzfristig können ein paar Einmaleffekte einen Bilanzüberschuss erreichen, aber schon mittelfristig zeigt sich die Gefahr, dass ab 2027 wieder ein Aufwandüberschuss entsteht.»
Das sorgte im Parlament für Besorgnis. «Es ist kein Wunder, dass wir von der FDP da empfindlich reagieren», meint etwa der Fraktionssprecher der Liberalen, Dominic Amacher. «Solche Zahlen höre ich sonst nur von der Nationalbank, ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber zukünftigen Generationen», betont SVP-Sprecher David Burren.
Eine Vorhersage
SP-Fraktionssprecher Matthias Stöckli versucht daraufhin die Hochrechnungen etwas in Rela-
tionen zu setzen: «Der IAFP zeigt die mittel- und langfristigen Probleme auf. Die können wir nun anpacken.» Es ist ein wenig wie wenn man eine Prüfung schreiben wird und beim Lernen wegen der schieren Menge kapituliert, statt die Zeit sinnvoll zu nutzen. Der IAFP zeigt, dass die Steuererhöhung eine Entlastung bringt, aber nur ein Bestandteil einer weitaus umfassenderen Lösung ist. Sind sämtliche Direktionen in ihren Ausgaben restriktiv?
Wie gelingt es die Investitionen – wie beschlossen – auf 23 Mio. Franken im Jahr zu deckeln, ohne einen unverhältnismässigen Investitionsstau zu generieren? Hier waren sich alle Parteien einig: es ist höchste Zeit, die Priorisierung derselben zu beschliessen. Es ist aber auch an der Zeit, die drohende Verschuldung und ein erneutes Defizit zu verhindern. Die Gemeindepräsidentin fasste es wenige Tage nach ihrem Amtsantritt wie folgt zusammen: «Es ist ein Balanceakt zwischen Stabilisieren und Entwickeln.»
Eine schwarze Null
Und das gilt auch für das Budget 2023. Nur dank einmaligen Mehreinnahmen gelingt es, einen kleinen Gewinn von rund 640’000 Franken in Aussicht zu stellen. «Das Budget trifft nicht auf grosse Liebe», kommentiert etwa Florian Moser (SVP). Und Dominic Amacher (FDP) fühlt sich sogar «veräppelt.» Insbesondere, dass mehr Personal in der Verwaltung eingestellt wird, stösst auf wenig Verständnis. Die Erklärung liefert Gemeinderat Hans-Peter Kohler (FDP): «Wir haben die Kompetenz aber zu wenige Köpfe, wir geben deshalb zu viele Aufträge in teuren Mandaten heraus, statt die Aufgaben selbst zu erledigen. Es sind Ausgaben die Einsparungen bringen.»
Vielleicht hat der Grüne Parlamentarier Daniel Hofer recht, wenn er den ehemaligen US-Handelsminister zitiert und sagt: «Das Aufstellen eines Budgets ist die Kunst, Enttäuschungen gleichmässig zu verteilen.»
Schreckgespenst «Budgetlos»
Dass die Steuererhöhung allein noch nicht alle Probleme löst, dessen sind sich Legislative und Exekutive bewusst, «doch die Prognosen sind schlechter als bisher angenommen», stellt Iris Widmer (Grüne) fest. Darunter sind durchaus Punkte, die Fragen aufwerfen, wie etwa Matthias Müller (EVP) mit dem Beispiel der steigenden Kosten bei den Fussballplätzen feststellt. Soll man das Budget deshalb ablehnen?
Die Furcht vor einem erneuten budgetlosen Zustand steckt auch den grössten Budgetkritiker noch merklich in den Knochen. «Aus Milde gibt es keine Ablehnung», sagt deshalb Matthias Müller. Dass der Gemeinderat nun gefordert ist, dürfte ihm nach der langen Debatte klar sein. «Ein ähnliches Budget 2024 werden wir nicht akzeptieren», meint der EVP-Politiker entsprechend. Heute ist es ein Mahnfinger, doch schon morgen ein Drohfinger.