Im Eiskanal so schnell wie auf der Tartanbahn

Im Eiskanal so schnell wie auf der Tartanbahn

Muswama Kambundji zeigte Anfang Januar am Bob-Weltcup eine starke Leistung. Nun gilt es für die Anschieberin, sich im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele einen Platz im Zweierbob zu sichern.

Vorab im Sommer steht der Name Kambundji seit Jahren beinahe täglich in den Schlagzeilen. Mujinga und Ditaji zählen in ihren Sprint-Disziplinen zur absoluten Weltspitze und sammeln haufenweise Medaillen. Muswama, die Zweitjüngste im Kambundji-Frauen-Quartett, sorgt nun dafür, dass der Familienname, der auf Deutsch übersetzt «schnell, kraftvoll, erfolgreich» bedeutet, auch im Winter zum Medien-Dauerbrenner wird. Sie holte sich im Dezember zusammen mit Pilotin Melanie Hasler den Titel als Schweizermeisterin im Zweierbob und hat sich hohe Ziele gesteckt – bei den Olympischen Winterspielen im kommenden Jahr in Cortina d’Ampezzo will sie dabei sein.

Im Sommer 2017 war es, als Muswama Kambundji erstmals mit dem Bobsport Bekanntschaft machte. «Pilotin Martina Fontanive unterbreitete mir mehrmals das Angebot, bei ihr als Anschieberin einzusteigen. Schliesslich erlag ich ihrem Werben und machte mit. Über die Gefahren, welche die Fahrten im Eiskanal mit sich bringen, machte ich mir damals noch keine grossen Gedanken.» Inzwischen hat Muswama zweimal bereits die Erfahrung eines Sturzes gemacht, Schürfungen am ganzen Körper waren die Folge, doch das hindert sie nicht daran, weiterhin mit Geschwindigkeiten um die 140 Stundenkilometer den Eiskanal hinunterzurasen.

Hoher Trainingsaufwand

Am Bobsport schätzt Muswama die Tatsache, «dass wir im Gegensatz zur Leichtathletik im Team erfolgreich sein wollen, wir zwar Konkurrentinnen, aber auch Freundinnen sind.» Weil sich neben der Bernerin mit Nadja Pasternack und Mara Morell zwei weitere Anschieberinnen um den Platz hinter Melanie Hasler streiten, ist der Kampf um den zweiten Sitz im Bob in vollem Gang. Ein Entscheid, wer an die Europa- und Weltmeisterschaften fährt und sich in eine ideale Position im Hinblick auf die Olympischen Spiele manövriert, wird sich in diesen Tagen nach weiteren Tests herausstellen. Muswama ist zuversichtlich. «Ich habe eine realistische Chance», sagt sie. Um dieses erste Zwischenziel zu erreichen, nimmt sie einiges auf sich. Seit sieben Jahren lebt und arbeitet sie als Finanz- und Akquisitions-Fachfrau in London und nimmt dort fünfmal eine lange Anfahrtszeit von rund 40 Minuten in Kauf, um ihr zweistündiges Training zu absolvieren. «In Bern ist das einfacher, da geht man einfach mal schnell ins Wankdorf», sagt die Frau, welche der Adrenalinschub bei den Fahrten und der Zusammenhalt im Team fasziniert. Das Training, das Muswama als Bobfahrerin absolviert, ist dem einer Leichtathletin ähnlich. «Sprints, über etwas kürzere Distanzen als auf der Tartanbahn, Explosivität und Kraftübungen zählen zum täglichen Programm», sagt die Könizerin, die in ihrer knapp bemessenen Freizeit gerne kocht. «Meist einfach, weil es die Zeit nicht erlaubt, komplizierte Gerichte auf den Tisch zu zaubern, viel Gemüse, Salat und Fisch oder Poulet.» Komplizierter darf es nur in den Ferien sein, dann kann auch einmal ein Gericht aus der afrikanischen Heimat des Vaters aus der Pfanne gezaubert werden.

Lange Absenz

Nach ihrem ersten Versuch vor acht Jahren blieb Muswama aufgrund von verschiedenen Verletzungen, unter anderem einem Bruch im Rückenbereich, dem Bobsport fern. Umso erstaunlicher, dass die Rückkehr sportlich sogleich erfolgreich verlief und mit dem Meistertitel einen ersten Höhepunkt erlebte. Doch für die Anschieberin ist das noch lange nicht genug. Man weiss es zur Genüge: Packt eine aus dem Kambundji-Quartett eine Aufgabe an, tut sie dies mit Ehrgeiz, Willen und Leidenschaft.

Ziel Olympia

Im nächsten Jahr finden die Olympischen Winterspiele zum zweiten Mal nach 1956 in Cortina d’Ampezzo statt. Dort, auf der 1350 Meter langen «Pista Olimpica Eugenio Monti» möchte Muswama Kambundji möglichst erfolgreich den Eiskanal hinunter rasen. Dies nicht mit Spike-Schuhen wie auf der Leichtathletik-Piste, sondern mit Nägeln auf den Sohlenrändern, die ein Ausrutschen verhindern.

 

Zur Person
Muswama Kambudji wurde am 2. Januar 1996 in Bern geboren. Sie ist die Zweitjüngste der vier Kambundji-Schwestern. Ihre Sportkarriere begann als Leichtathletin, über 100 Meter hat sie eine Bestzeit von 11,84 Sekunden. Seit 2017 fährt sie mit Unterbrüchen und verschiedenen Pilotinnen im Zweierbob und wurde als Anschieberin im Bob von Melanie Hasler 2024 Schweizermeisterin. Ihr Vater stammt aus dem Kongo, die Mutter aus dem Berner Oberland.

Schnelligkeit gefragt
Nicht selten kommt es vor, dass Sportlerinnen und Sportler, die in anderen Bereichen aktiv waren, erfolgreich zum Bobsport wechseln. Muswama Kambundji ist nicht die Erste, die diesen Tapetenwechsel vorgenommen hat. Prominenteste Beispiele in der Schweiz sind Hans «Housi» Leutenegger, der vom Kunstturnen zum Bobsport kam, und der Berner Edi Hubacher, der frühere Kugelstösser, Diskuswerfer und Zehnkämpfer. Zusammen mit Pilot Jean Wicki und Bremser Werner Camichel holten sie sich an den Olympischen Winterspielen 1972 in Sapporo Gold.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Im Eiskanal so schnell wie auf der Tartanbahn»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2