In jeder Beziehung ein feiner Architekt

In jeder Beziehung ein feiner Architekt

Von Anfang an standen bei den Bauten von Frank Geiser klare Linien und Materialien aus Glas und Stahl im Vordergrund. Damit gab sich der 84-jährige Architekt aus dem Spiegel, der seit 80 Jahren in der Gemeinde Köniz wohnt, nicht zufrieden. Er entwickelte seine Kreatio­nen immer weiter, ohne aber seine architektonischen Wurzeln zu verneinen. Die Gebäude fallen vor allem – obwohl auf den ersten Blick ein Widerspruch – durch strukturelle Strenge sowie durch filigrane Feinheit auf.

Seine Bauten stehen fast ausschliesslich im Kanton Bern, ihrer Zeit meistens weit voraus, denn Frank Geiser wollte Hochhäuser nur dort planen, wo es ihm städtebaulich sinnvoll erschien. Resultat: Mehrere seiner Visionen wurden abgelehnt, wie zum Beispiel der Überbauungsplan Neu-Schliern vor über 60 Jahren. Von seiner Idee einer etappenweise realisierbaren Siedlung für vorgesehene 10’000 Bewohnende blieb gerade mal ein Strassenplan mit Baulinien übrig. Nach 1957 wurde je nach Besitz wild parzelliert und den Boden- und Bauspekulationen der «goldenen» 60er-Jahre Tür und Tor geöffnet. Koordination und Qualität waren Fremdwörter.

Bausünde Bahnhof Bern
Damit knüpfte Frank Geiser an eine erstaunliche Familiengeschichte an, denn bereits sein Onkel Charles Geiser beschäftigte sich 1945 als Architekt mit dem Bahnhof Bern. Dessen revolutio­näres Projekt wurde indes nie realisiert. Frank Geiser ging es beim Bahnhof-Wettbewerb von 1989 exakt gleich: Er hatte vor, die Zugänge zur Stadt mit mehreren Fussgängerüberführungen zu den Perrons mit Tageslicht radikal neu zu regeln und die Autos rund um einen verkehrsfreien Bahnhofplatz unterirdisch zirkulieren zu lassen. Sein Vorschlag wurde abgelehnt. Immerhin baute er knapp vor der letzten Jahrhundertwende die Bahnhofhalle um. Kulturjournalist Konrad Tobler beschreibt es in seinem Buch folgendermassen: «Geiser begriff dies pointiert als Arbeit an einem Provisorium, weil er die Konzeption des Bahnhofs Bern grundsätzlich für stückwerkhaft und für falsch hält.» Der Architekt bezeichnet diesen in unserem Gespräch denn auch als «eine weitreichende Fehlplanung».

«Grosse Würfe», so Frank Geiser, «wären in der Vergangenheit im Grossraum Bern durchaus möglich gewesen», seien aber letztlich daran gescheitert, «dass schliesslich Eigeninteressen Vorrang hatten» und die Behörden wenig Mut zu Neuem. Als Beispiel nennt er in Köniz den Schlosshügel, wo ein Verwaltungs-, Kultur- und Kirchenzen­trum entstehen sollte. Nach einer positiven Gemeindeabstimmung wurde 1988 ein zweistufiger Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben. Sieger Frank Geiser: «Trotz grosser Zustimmung in Fachkreisen und in der Bevölkerung entschied sich der damalige Gemeinderat gegen die Idee.»

In aller Bescheidenheit
Kulturjournalist Konrad Tobler hat das Lebenswerk von Frank Geiser anhand seiner Hauptwerke in einem Buch festgehalten. Es wäre jedoch ein Fehler, nicht auch auf den Menschen Frank Geiser einzugehen, der sich so wohltuend von jenen «Baulöwen» abgrenzt, die mit ihrem – diplomatisch ausgedrückt – ganzen Selbstvertrauen und meistens in eleganter Kleidung aufzutreten pflegen. Der 84-Jährige hingegen spricht mit Besuchern auf Augenhöhe, hört bei Nachfragen interessiert zu, überlegt, plappert nicht einfach drauflos.

Seit er 4 Jahre alt ist, wohnt er in der Gemeinde Köniz. Hat er denn – der an der Schule für Gestaltung in Ulm unter anderem bei Max Bill studiert hat – nie den Wunsch gehabt, in New York, Paris oder Berlin zu arbeiten? Er winkt ab, in seiner bescheidenen Art. Diese Verbundenheit zu Köniz hat vor allem etwas mit Dankbarkeit zu tun: Dankbarkeit für eine gute Zeit. Und dennoch wird er Köniz demnächst verlassen und mit seiner Frau in ein «Domicil»-Wohnheim nach Bern ziehen, in eine Wohnung im obersten Geschoss… mit Sicht auf den Gurten.

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