Jazz made in Köniz (und Brasilien)

Jazz made in Köniz (und Brasilien)

Ein Jahr nahm sich der Könizer Jazzmusiker Werner «Wege» Wüthrich eine Auszeit und ging nach Brasilien. Inspiriert von Land und Leuten entstand seine CD «My Brazilian year», ein spannendes Crossover-Musikprojekt mit brasilianischer Volksmusik und Latin Jazz.

«Was wir spielen, ist Leben», sagt Louis Armstrong in einem bekannten Zitat. Jazz, diese wandelbare, kreative, schockierend lebendige, subversive Musik ist eine Aufforderung, den Moment zu geniessen, denn er kommt nicht wieder und ein Stück wird niemals zweimal gleich gespielt. Wer Jazz spielt, kann man sagen, liebt die Inspiration und die Improvisation, vertraut den spontanen Einfällen, folgt der Intuition und ist in Bewegung. Fast schon folgerichtig erscheint da, dass Werner Wüthrich, Könizer Jazzmusiker und von allen nur «Wege» genannt, im Sommer 2017 sein Saxophon einpackte und für ein Jahr nach Brasilien ging, um in die Musik dieses spannenden Landes einzutauchen und mit neuen Liedern im Gepäck zurückzukommen.

«Normal gibt’s nicht», beschreibt er seinen Stil. Im Laufe der Jahre hat er in vielen verschiedenen Gruppen gespielt und liebt das Unvorhergesehene der Improvisation sowie den Kontakt mit dem Publikum. Schon lange hatte er bereits Kontakt mit brasilianischen Musikern in der Schweiz gehabt und aus der gegenseitigen Faszination entstand die Idee, mehr von Brasilien kennenzulernen. Seine brasilianischen Musikerfreunde vermittelten Wege an Freunde in Porto Alegre im Süden, die ihn mit zu Jam-Sessions in Clubs nahmen. Ein Clubbesitzer war selbst Saxophonist, es folgten Konzerte und viele Momente des musikalischen Austauschs. «Die Musik hat mich am meisten beeindruckt», sagt denn auch Wege Wüthrich. Die Kultur sei sehr tief und voller Lieder, die das ganze Volk kenne und mitsinge. «Und wenn 1000 Leute ein Lied aus vollem Hals mitsingen, dann ist das sehr beeindruckend», beschreibt Wüthrich einen Gänsehautmoment.

Während Wege in Brasilien lebte und die Musik in sich aufsog, begann er auch damit, seine eigenen Stücke zu komponieren. Entstanden sind musikalische Momente im Stil «Latin Jazz» und im brasilianischen «Choros»-Stil, Kompositionen mit Gitarre, Kontrabass, Piano, Saxophon, Klarinette und Pandeiro (Tamburin), der Latin Jazz mit Schlagzeug, die Volksmusik akustisch. Darin verarbeitet der Jazzmusiker musikalisch die Eindrücke von Land und Leuten. «Falta Grana», der Titel eines seiner Stücke, bedeutet übersetzt etwa «Es fehlt das Geld». Geld fehlt in Brasilien oft in der von Armut und Kolonialismus geprägten Gesellschaft. Geld fehlte aber Wüthrich auch auf der Suche nach einem Tonstudio, denn seine Reise musste er ohne Einkommen bestreiten. Er hatte aber Gelegenheit, den riesigen Mond zu bewundern und das Stück «Lua branca» ist das Ergebnis, übersetzt «weis­ser Mond». Zusammen mit 2 einheimischen Combos konnte er schliesslich seine Doppel-CD «My Brazilian Year» einspielen, unterstützt von der «edition GRUMBACH».

Sein Fazit über seine brasilia­nische Erfahrung ist nachdenklich, denn die Politik des Landes und die Armut hautnah mitzuerleben, machte ihn betroffen. Die lieben Menschen, die er traf, machten sein Jahr in Südamerika jedoch unvergesslich. Und überhaupt überwiege immer das Positive, so der Musiker, der in diesem Jahr 59 Jahre alt wird. Nach seiner Zeit in Brasilien kommen jetzt wieder Schweizer Musiker dran, so Wege, gerne würde er aber auch die Musiker aus Brasilien in die Schweiz einladen. Vorerst ging er zurück in seinen Beruf an der Musikschule Köniz, wo er seit 30 Jahren unterrichtet. Und auch Konzerte sind geplant, wie etwa am 23. August im Schlosshof des Schlosses Schwarzenburg. Dass es ihn nochmals fortziehen könnte, möchte er aber nicht ausschliessen, spätestens in der Rente. Denn Rente gibt es sowieso nicht für Musiker, sagt Louis Armstrong: «Sie hören auf zu spielen, wenn keine Musik mehr in ihnen ist.» Und das kann bei Werner Wüthrich noch eine ganze Weile dauern.

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