Kollegium oder einfach Gremium?

Kollegium oder einfach Gremium?

Kürzlich im ersten Wahlgang wiedergewählt und jetzt schon der Rücktritt. Was wie das Schicksal eines Fussbalklubtrainers klingt, ist das Resultat einer Gemeinderegierung, die vor einer Zerreissprobe steht. Der Kampf um genügend Steuergelder hat gezeigt, dass der Zusammenhalt der Mannschaft Gemeinderat Köniz besser sein könnte.

«Ich habe meinen Rücktritt per Ende Juni gegeben, weil die Zusammenarbeit im Kollegium immer schwieriger wurde», nennt Berlinger den Hauptgrund. Schon im Wahlkampf letzten Herbst wiederholte sie, wie wichtig es ihr sei, dass man als Kollegium gemeinsam die Dinge anpacke. «So wie es jetzt läuft, stimmt es für mich nicht mehr. Ich habe andere Vorstellungen; mir fehlt die Möglichkeit zum Dialog», präzisiert sie.

Der Entscheid
Für die einen verlässt sie damit das vermeintlich sinkende Schiff, für die anderen ist es die logische Konsequenz aus den finanziellen Schwierigkeiten, für sie selbst aber, «war es eine der schwierigsten Entscheidungen in meinem Leben», wie sie sagt. Gerade weil sie als Kapitänin nicht von Board gehen will. Aus diesem Grund beabsichtigt sie, bis Ende Juni im Amt zu bleiben. Solange bis das Budget für Köniz – hoffentlich – verabschiedet sein wird. Noch sei sie gesund, aber die vergangenen Jahre hätten schon an der Substanz genagt, bestätigt die Präsidentin auf Anfrage. Wie schlimm steht es denn wirklich um die Stimmung im Gemeinderat? Vizepräsident Hansueli Pestalozzi (Grüne) umschreibt die Situation: «Wir sind fünf Köpfe aus fünf Parteien, da geht es nicht immer nur harmonisch zu. Aber es hängt ebenso stark vom Charakter und der Persönlichkeit der Mitglieder ab, wie gut die Zusammenarbeit und das Finden von tragfähigen Lösungen gelingt.»

Die Folgen
Man mag es ihm und Berlinger verzeihen, dass sie im beschreibenden Modus bleiben. Es ist und bleibt die Regierung, ein Gremium oder eben ein Kollegium. Wann nun der Streit beginnt und wie lange es noch eine Debatte ist, da gibt es sicherlich keine klaren Grenzen. Deutlich klarer ist dagegen, wie es in der Könizer Exekutive weitergehen wird. Für den Ersatz kommt es zu einer Wahl, genauer zu zweien. Zum einen wer neu das Gemeindepräsidium übernehmen wird, zum anderen wer allenfalls in den Gemeinderat nachrutscht, wenn ein bestehender Gemeinderat zum Präsidenten gewählt würde. Es ist also wahrscheinlich, dass jemand von aussen direkt Gemeindepräsident wird. Oder besser Präsidentin. Bei vier Männern im Amt dürften Frauen für diese Wahl klar im Vorteil sein. Eine ist bereits in aller Munde: Tanja Bauer (SP). Der Grossrätin und Könizer Parlamentarierin gelang an den Wahlen letzten Herbst ein Glanzresultat. Bei der Hauptversammlung am 22. März (nach dem Druck dieser Zeitung) wurde über die vom Vorstand der SP einstimmig empfohlene Nominierung von Bauer abgestimmt. Auch sonst müssen die Sozialdemokraten einiges überprüfen. Ihre Präsidentin hat nicht nur den Rückritt bekannt gegeben, sondern auch ihre Mitgliedschaft in der SP Köniz gekündigt. «Es gab Differenzen, die ich mit der Parteileitung gerne intern besprochen hätte, aber da waren andere wohl schneller und haben es bereits an die Öffentlichkeit getragen», kommentiert Berlinger. Nicht ohne Bedauern, denn sie hat für die Sozialdemokraten in Köniz über viele Jahre viele Mandate erfüllt. «Die SP ist meine politische Heimat», begründet sie, weshalb sie der kantonalen und nationalen Partei treu bleibt.

Die Einordnung
Werden die Parteien Kandidierende nominieren für die bevorstehende Wahl? Wird der SP-Sitz angegriffen? Mit Blick auf die Wählerschaft stünde der SP sicherlich ein Sitz zu. Historisch gesehen ohnehin. Wenn nun aber die angespannte Lage in Köniz die politischen Kräfte erschüttert, dann darf man dennoch gespannt sein, ob jemand daraus Profit schlagen will. Wie für Berlinger gilt für die ganze Könizer Politik: es geht nicht um das Pro­blem, dass niemand Verantwortung übernehmen will, sondern wie man das tut. Bereitschaft, Wille und Engagement, davon hat Köniz jede Menge zu bieten, parteiübergreifend. Es sei der abtretenden Präsidentin gestattet, zu sagen, wie sie gerne damit umgegangen wäre: «Ich glaube, dass nie jemand alleine etwas in der Politik schafft. Nur ein gemeinsamer Weg bringt uns voran. Das bedeutet, auch die Gegenseite hat recht und man passt sich an. Zusammen geht man einen Schritt weiter. So entstehen politisch gute Lösungen.»

Egal ist es ihr nicht, wie es in Köniz weitergeht, das spürt man in ihren Worten. «An Köniz liegt mir viel und all die kompetenten Menschen in der Verwaltung haben mir den Entscheid noch weitaus schwerer gemacht», sagt sie zum Schluss. Ihre Zukunftspläne lässt sie derzeit noch offen, eine neue Aufgabe hat sie noch nicht ins Auge gefasst. Der Rücktritt aber, der hat bei ihr eine gewisse Erleichterung ausgelöst. Und bei ihren Kollegen? Angesichts der schwierigen Aufgaben, welche die Regierung zu lösen hat, werden sie zeigen müssen, ob sie nun ein Kollegium sein können oder halt eben doch nur ein Gremium.

Ersatzwahl
SJ. Die Wahl findet am 25. September statt, ein allfälliger zweiter Wahlgang am 23. Oktober. Teilnehmen können auch Wählergruppen, die nicht im Gemeinderat vertreten sind. Für die Wahl der Besetzung des Gemeindepräsidentiums braucht es im ersten Wahlgang das absolute Mehr. Sollte ein amtierendes Mitglied des Gemeinderats gewählt werden, finden eine Ersatzwahl für dessen Sitz zu einem späteren Zeitpunkt statt.

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