«D Here si meh obe; d Chütz si me unge. Chütz han i zwar o scho obe gfunge, aber Here no nie unge.» Wenn die Obrigkeit auf die Niedrigkeit prallt, entstehen komische und tragische Momente, manchmal sogar zeitgleich. Die Gegensätze beeinflussen einander, die Grenzen verwischen, damals wie heute.
Ein Herr der Käuze
Davon erzählen und klingen Theo Schmid und Daniel Jaun. Eine wichtige Quelle des Programms sind die Anekdoten des ehemaligen Schwarzenburger Gerichtspräsidenten Werner Kohli. «Er hatte eine menschliche Art mit ‹Chütz› umzugehen und bewies stets Fingerspitzengefühl», fasst der Rüschegger Theo Schmid zusammen. Zu seinem Fundus an Geschichten zählen zudem die vielen Erzählungen seines Wahl-Dorfes. «Nicht alle finden Eingang ins aktuelle oder zukünftige Programm. Man darf nicht vergessen, dass ein «Chutz» oft auch problematische Seiten hat», erklärt der Autor, weshalb es viel Fingerspitzengefühl braucht, was wie gesagt oder gesungen werden darf.
Doch die Faszination für diese «Chütz» ist dem Autor anzusehen. Die Gradlinigkeit und Originalität dieser Gestalten fühlt er nach. Es scheint, als verwandle er sich selber ein wenig in einen «Chutz», wenn er hinter der Gitarre sitzt und musikalisch untermalt im Refrain singt: «Obsi i ds Gurnigelbad zieht’s d’Here ufem Bregg, u nidsi drus am Chare der Husierer vom Rüschegg.»
Ein Herr der Klänge
Klare Worte über die Kluft zwischen Arm und Reich; in Rüschegg allgegenwärtig mit dem permanenten Blick aus der einstigen Armenstube hoch ins pompöse Gurnigelbad. Daniel Jaun steuert Werke aus der Renaissance zum Programm bei. Im Ensemble entstehen Bilder zu den Texten, Emotionen zu den Worten. Plötzlich sieht man den Hausierer deutlich vor sich stehen. «Ich habe Musik gesucht, die in der gleichen Zeit wie das Schloss Schwarzenburg entstanden ist», erläutert der Gitarrist die Stückwahl im 1. Teil des Programms. Im 2. Teil sind es die Lieder von Theo Schmid, die er nicht nur begleitet, sondern «zum Leben erweckt», wie es der Autor zu sagen pflegt. Was Schmids Feder entspringt, bewegt. Was Daniel Jaun an Klängen beisteuert, sorgt für Einzigartigkeit.
Herren der Herzen
Das Publikum zeigt sich begeistert, in der Region und darüber hinaus. «Wir wollen noch weiterreisen», hofft Theo Schmid auf viele weitere Auftritte und Personen, die das Duo buchen möchten. Vielleicht sind die Beiden nicht nur so beliebt, weil ihre Kleinkunst erheitert, zum Nachdenken animiert und historisch abgestützt einzigartige Geschichten bietet, vielleicht sind es auch die beiden Männer selber, welche die Herzen einnehmen. Beide verkörpern die Gestalten. «Als Rüschegger bin ich eher ein Chutz, aber der Schlossherr von Schwarzenburg fasziniert mich auch», gibt Schmid zu. Daniel Jaun erkennt sich ebenfalls in beiden Gattungen wieder: «Ich fühle mich mit dem Chutz eher verbunden, aber die Herren ermöglichen die Kunst, was mir als Musiker natürlich wichtig ist.» So sehen sich beide als kauzige Herren.
Das Programm heisst «Vo Here und Chütz». Dieses «und» verbindet zwei Seiten, die man nicht trennen kann, mehr noch, manchmal ist es die Interaktion der Figuren, welche die Geschichte erst witzig macht. Manchmal ist es die aus der Not geborene Handlung des «Chutz», die überrascht und aus dem Rahmen fällt. «Sie stehen oft neben der Gesellschaft und müssen das aushalten», erklärt Jaun. «Der «Chutz» ist vielfältig, tabulos, schlau, geradlinig, witzig und abstossend», beginnt Schmid eine Aufzählung, der er am liebsten noch viele weitere Adjektive anfügen möchte. So ambivalent der «Chutz», so vielfältig sind die Geschichten, so einzigartig das Programm. Theo Schmid und Daniel Jaun vereinen all das in ihrem Programm und ein wenig in sich selber. Kreativ, komisch, kauzig.