Mariusz Chrzanowski kommt mit federnd jugendlichem Schritt an den Tisch im Kornhaus Restaurant. Er trägt ein rosa Hemd unter einem grauen Veston, und bald schon fällt seine lebendige Körpersprache auf. Sein östlicher Akzent, das rollende R und das gutturale A verleihen seiner deutschen Sprache einen einzigartigen Charme. Die recht laute Hintergrundmusik und das Gläsergeklapper scheinen ihm nichts auszumachen. Nach der Begrüssung beginnt er auch schon offen und freimütig von sich zu erzählen.
«Hier bin ich auf Null gekommen», sagt er. In Polen sei er in vielen Zeitungen präsent gewesen, hier in der Schweiz sei wohl das Geld wichtig, mehr als der Kontakt zu anderen Menschen. In Polen hätten die Zeitungsartikel auch einen gewissen Bekanntheitsgrad ausgemacht, an denen man in der Öffentlichkeit gemessen wurde. Hier in Köniz würden ihn die Leute manchmal fragen, was er denn arbeite, wenn er stundenlang bei offener Balkontüre ein Instrument oder Koloraturen übe. Er kenne nur wenige Nachbarn und er sagt «das Blut wird kälter jetzt in der Schweiz».
In Polen musste er die Stipendien für die Technische Schule und die Musikakademie hart erkämpfen. Nach dem Diplom in Gesang studierte er Klavier, Akkordeon und Klarinette. Die beiden letzten mit Auszeichnung. In seinem Heimatland war er jüngstes Mitglied der polnischen Literaturkommission. Er schrieb damals viele Gedichte. Seine Liebe zur Sprache bewahre er sich, indem er oft zwei bis drei Bücher gleichzeitig lese. Überhaupt lese er «unheimlich viel». Als er 24-jährig als Dozent für Gesang an der Universität in Bromberg arbeitete, reichte der Lohn kaum zum Leben, sodass sich Mariusz Chrzanowski gezwungen sah, für zwei Jahre nach England zu ziehen. Dort gründete und leitete er einen neuen Johannes-Paulus-Chor mit etwa 50 bis 60 Sängerinnen und Sängern.
In Krakau spielte er am jüdischen Festival Musik von Mordechaj Gebiertig. Und in Polen hat er auch Musik für Behinderte geschrieben. Von der Musiktherapie sagt er: «Gute Kinder, die hatten nur Mutterherz, nichts Böses».
Mariusz Chrzanowski besitzt ein Diplom als Bariton. Er hat aber schon als Kind den Tenören zugehört, was ihm ausgesprochen gefiel. Er sagt: «Ein Bariton ist immer der Vater, ist immer belehrend. Ein Tenor ist die Sonne, ist jung». Daher hat er sich entschlossen, Tenor zu singen, was ihm eine dreijährige harte Arbeit, «aus der Brust in den Kopf zu singen», wie er sagt, bescherte. In Polen sang er mit den drei Tenören italienische Lieder – was ein grosser Erfolg war.
Unter anderem sang er in Opern in Bratislava, Sophia, Budapest, Modena und Dresden berühmte Rollen wie Edgardo in Donizettis «Lucia di Lammermoor», Macduff in Verdis «Macbeth», Alfredo in «La Traviata» und viele andere Solopartien. In Bachs «Weihnachtsoratorium», in Mozarts «Requiem» oder in Rossinis «Petite Messe Solonelle» war er als Konzertsolist tätig. «Russische Lieder sind Moll, Deutsche sind Dur», sagt er unvermittelt und fügt lachend an, dass er halt auch Operettenmusik sehr liebe, denn «Operette ist Lachen, das brauchen wir».
Das Komponieren ist für Mariusz Chrzanowski immer wichtiger geworden. So erklärt er: «Komponieren ist mein Innerstes, man kann alles zeigen, was sitzt in mir». Seine Augen leuchten, er greift sich ans Herz, «du musst von oben sehen, Farben, Berge, nicht nur abspielen». Ein Violinkonzert, viele berührende Klezmerstücke, Musik zu Romeo und Julia, Weihnachtslieder und Lieder von der Aare in Bern, Poplieder und Schlager («Ich liebe Vico Torriani!») gehören zu seinen Kompositionen.
«Duo Akzento» mit Gerrit Boeschoten oder die Gründungen der «Berner Klezmerband» und der «Tango Argentino Band» sind einige Projekte. Zudem ist er auch Mitglied eines Terzetts mit einer Sopranistin sowie mit Klavier, Klarinette und Gesang.
Beim Abschied sagt der Vater von einem Sohn und einer Tochter, dass er die Schweiz liebe, und dass er sich einbürgern lassen möchte. «Ich bin zufrieden, das was ich habe. Ich lebe mit Musik.»
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