Mit dem Lesehund fürs Leben lernen

Mit dem Lesehund fürs Leben lernen

Hunde gehörten für sie schon immer dazu. Ihre Leidenschaft für Vierbeiner lebte Ingeborg Rusch zuerst in ihrer Heimat Liechtenstein, dann im Diemtigtal, in Schwarzenburg und nun in Guggisberg aus. Mit ihrer Beauceron-Hündin Emma unterstützt sie Kinder mit Leseschwäche.

In Europa nimmt der Anteil an Analphabeten zu. Entsprechend wichtig sind schulische und ausserschulische Kurse. Das Programm «Lesehunde» setzt sehr früh an: Kinder lesen einem Hund vor, der ihnen ohne Vorurteile zuhört. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und führt zu mehr Sicherheit und Lesekompetenz.

Auf den Hund gekommen
Ihre Emma hat Ingeborg Rusch als achtwöchigen Welpen übernommen. «Ich hatte mich gut auf einen Beauceron vorbereitet», schaut sie zurück. Mit gutem Grund: Beaucerons gelten als charakterstark und eigenwillig. «Sie het ihre Gring», sagt Ingeborg, «ist selbständig und neugierig.» Ihr Charakter hilft Beaucerons für die Tätigkeit und sie ist als «Lesehund» geeignet. Die Idee von Lesehunden kommt aus den USA und macht auch hier immer mehr Schule. In der Schweiz widmet sich unter anderem das Therapie-Hunde-Zentrum in Mosnang SG dem Thema. «Tiere haben in vieler Hinsicht gute Effekte auf die Menschen. Ein Therapiehund begleitet Menschen in den verschiedensten Phasen des Lebens, bei Krankheiten, Behinderungen, psychischen und anderen Problemen», so das Fazit des Zentrums. Gleichzeitig wird mit einem Irrtum aufgeräumt: «Lesehunde sind nicht etwa Hunde, die gerne ihre Nase in Bücher stecken. Es sind Vierbeiner, die Kinder und Jugendliche mit Lern- oder Leseschwierigkeiten unterstützen. Lesehunde können helfen, das Lesen wieder mit positiven Erlebnissen zu verknüpfen.»

Mit Liebe und Konsequenz
Ingeborg Rusch liebt Tiere. Nebst Emma gehören fünf Katzen sowie der bald 16-jährige Foxterrier-Mischling Chilli zur Familie. «Chilli hätte eingeschläfert werden sollen. Zum Glück hörte ich davon und konnte sie kurz davor übernehmen», freut sich die Guggisbergerin. Mit Emma ist sie nun über 15 Jahre zusammen. Auf den Geschmack, sprich auf den französischen Hütehund Beauceron, kam Ingeborg durch ihre Nichte Manuela. «Auch so eine verrückte Frau wie ich», lacht sie. Manuela, professionelle Hundetrainerin mit eigener Firma, hatte sich einen Beauceron zugelegt und eine Zucht aufgebaut. Sofort war für Ingeborg klar: «So einen Hund will ich auch.» Bevor es soweit war, musste sie sich einem Test unterziehen. «Immerhin wiegt so ein Hund 40 Kilo. Es braucht gegenseitiges Vertrauen, eine starke Beziehung.»

Klare Regeln
Nebst spannenden Geschichten liebt Emma ihren mehrstündigen Auslauf. «Beaucerons haben einen ausserordentlichen Schutztrieb. Sie drehen ihre Runden und halten die Herde zusammen, sind aufmerksam und präsent.» Rund dreieinhalb Stunden sind die beiden täglich auf den Füssen und Pfoten. Seit Ingeborg pensioniert wurde, lässt sich der Auslauf besser in den Tageslauf integrieren. Obwohl sie für ihre Tiere alles geben würde, ist für Ingeborg ein Punkt im Stundenplan Pflicht: strenge Regeln. «Hunde brauchen eine klare Linie», ist sie überzeugt. «Heute so und morgen anders, das geht nicht», erklärt die vierfache Mutter mit neun Grosskindern.

Phänomenale «Lehrmeister»
Fürs Projekt «Lesehund» ist das Einverständnis der Eltern wichtig. Kinder dürfen keine Hundeallergie haben, der Hund muss hygienisch einwandfrei sein und eine entsprechende Ausbildung haben. In einer kostenlosen Schnupperstunde lernen sich Kind und Hund kennen. Anschliessend kann ein Zehnerabo gelöst werden. Die höchstens zwei Lektionen pro Tag dauern maximal 45 Minuten. Am Anfang jeder Lektion steht das gegenseitige Kennenlernen. Dabei darf Emma gestreichelt und geknuddelt werden, was sie sich gern gefallen lässt. Sichtlich stolz trägt sie den farbigen Wimpel mit der Aufschrift «Lesehund». «Alles passiert auf dem Boden, auf Augenhöhe», erklärt Ingeborg. Hier liest das Kind mindestens zehn Minuten lang laut aus einem altersgerechten Buch vor. «Für viele eine Herausforderung», weiss Ingeborg. Die schönsten Momente für sie sind jene einer sichtbaren Veränderung, bei der Fähigkeiten gestärkt werden, ein Kind Freude am Lesen bekommt. Emma reagiert dann jeweils mit freudiger Erregtheit. «Ich bin immer aufgestellt und positiv unterwegs», sagt Ingeborg Rusch zum Abschied, Emma treu an ihrer Seite. Gemeinsam sind sie auf einem Weg, der sie noch zu vielen Menschen führen wird.Und da ist auch Chilli mit ihrer Hör- und Sehbehinderung. Sie schätzt die Begleitung von Frauchen Ingeborg und Emma. In diesem Umfeld darf sie ihre letzten Monate noch so
richtig geniessen.

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