Hans-Ulrich Grunder, in diesem Jahr führt das Schulmuseum die Auszeichnung «Tintenfass» ein, wie kam es zu dieser Idee?
Für den Stiftungsrat des Schulmuseums Bern (smb) ist es wichtig, die Bevölkerung auf diese Weise mit schulgeschichtlichen Themen vertraut zu machen. Die bildungsgeschichtlich Forschenden hierzulande sollen eine Publikationsmöglichkeit erhalten, und natürlich möchten wir die Sichtbarkeit des smb in der Öffentlichkeit erhöhen. «Tintenfass» ist die erste Schweizer Auszeichnung dieser Art. Den Namen haben wir so gewählt, um den Bezug zum Schreiben und zu einem historischen Schulgegenstand, dem Tintenfässchen, zu verdeutlichen.
Was genau steckt hinter «Tintenfass»?
Bei der Auszeichnung handelt es sich um einen vom Stiftungsrat finanzierten, jährlich verliehenen und mit 500 Franken dotierten Preis, mit dem der Gewinner/die Gewinnerin im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung ausgezeichnet wird.
Wer kann teilnehmen und was sind die Bedingungen?
Teilnehmen können Autoren/Autorinnen von bereits publizierten Beiträgen (z.B. Seminar-, Bachelor-, Masterarbeiten, Dissertationen oder Broschüren, Bücher und Presseartikel) mit einem historischen Blick auf Unterricht, Schule, Bildung, Erziehung oder zeitgeschichtliche Themen: Die Biografie und Schulgeschichte eines Kindes von der Landstrasse ist dabei für uns genauso interessant wie die Abschlussarbeit einer Maturandin oder die Bachelorarbeit eines Universitätsabsolventen.
Wie ist das Prozedere bis zur Preisverleihung?
Bis zum 31. August können die Arbeiten als PDF per E-Mail oder in Papierform per Post eingereicht werden. Sie werden gesammelt, mit einer Nummer anonymisiert und danach der Jury vorgelegt. Diese besteht aus Geschäftsführerin Pia Lädrach, Bildungshistorikerin Dr. Katharina Kellerhals, Stiftungsrätin Prof. Dr. Andrea Schweizer sowie mir und trifft in nicht-öffentlichen Sitzungen ihren Entscheid. Die Anonymisierung wird danach aufgehoben, der Gewinner/die Gewinnerin informiert und auf einer öffentlichen Veranstaltung im Herbst 2020 ausgezeichnet.
Seit 2008 gibt es das smb, wie ist es entstanden?
Der 2017 verstorbene Stiftungsgründer Kurt H. Hofer hat über Jahrzehnte Schulkulturgut gesammelt. Das Schulmuseum im Schlosshof von Köniz verfügt inzwischen über einen riesigen Materialbestand. 20 Freiwillige amten dort als Gastgebende und ermöglichen den Besuchern einmalige Erlebnisse, wie zum Beispiel bei den Mitmach-Anlässen für Eltern und Kinder.
Worauf können sich die Besucher freuen?
Nur einer der vielen Höhepunkte ist wohl unser historisches Klassenzimmer, in dem «Lehrgotten» (Lehrerinnen) und «Schulmeister» (Lehrer) Schulklassen von heute zeigen, wie der Unterricht früher abgehalten wurde.
Ausstellungsstücke sind für Lehrpersonen und andere Museen ausleihbar: Die «Museumskiste» ist eine Sammlung aus Schulheften, Schreibvorlagen, Schulbüchern und Schreibgegenständen, mit denen in der bernischen Volksschule geschrieben wurde.
Was sind die nächsten Pläne und Projekte für die Zukunft?
Neben der Inventarisierung von Gegenständen planen wir für den Herbst 2020 die Publikation von «Schul-Sachen»: In diesem rund 130-seitigen Büchlein beschreiben Autoren und Autorinnen in Kurzartikeln Gegenstände aus dem Museum (wie etwa Tintenfass, Schulmäppli oder Wandtafel) und machen damit auf Exponate des smb aufmerksam. Für ca. 18 Franken wird das Büchlein erhältlich sein.
Gibt es weitere Projekte?
Ja, in Kooperation mit dem «Pestalozzianum Zürich» arbeiten wir derzeit das Vorkonzept für eine Wanderausstellung zum Thema «Experiment Zukunft – eine Zeitreise durch Lernen und Lehren» aus. Wenn alles klappt, wird diese Ausstellung ca. 3 Jahre lang in bedeutenden Museen der deutsch- und französischsprachigen Schweiz gezeigt werden.
Unser drittes wichtiges Projekt ist eine gemeinsame Internet-Plattform aller Schweizer Schulmuseen: Über eine Suchfunktion sollen dort Bücher, Wandbilder und andere Ausstellungsstücke zu finden und auszuleihen sein.