Mittagessen mit dem eigenen Schutzengel

Mittagessen mit dem eigenen Schutzengel

Ich war Zeit meines Lebens ein Glücksvögeli. Die heutige Episode wird das nachhaltig veranschaulichen.

Das gilt beispielsweise für meine bisherigen Abenteuer auf meinem Roller, einer «Yamaha Beluga». Einmal, da musste ich mit 80 km/h kurz vor Uettligen in der Abenddämmerung einem Reh ausweichen. Ab ins offene, zum Glück nasse Feld… Ich rutschte dabei wie ein Skifahrer auf eisiger Unterlage einige Dutzend Meter weit, blieb jedoch unverletzt, derweil es den Roller mehrfach überschlug und in seine Einzelteile zerlegte. Kein schöner Anblick, wirklich nicht. Totalschaden. Die Versicherung zahlte nicht, weil das – mit dem Reh ausweichen – jeder Dahergelaufene (in diesem Fall: Dahergefahrene) behaupten könnte. Als ob ich behauptet hätte, einem Bengalentiger oder einem Königspinguin ausgewichen zu sein, obwohl ein benachbarter Bauer den Wildwechsel bestätigte. Drei Jahre später ist mir um 4.30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit ein Dachs in Ortschwaben unangemeldet vor den Roller gesprungen. Ich ein «High Flyer» in bester Rennfahrer-Manier. Weil der Dachs unmittelbar danach noch von einem Auto überfahren wurde, blieb das Tier, im wahrsten Sinne des Wortes, auf der Strecke. Dieses Mal zahlte die Versicherung den Totalschaden. Ich selber hatte bloss Schürfungen und danach ziemlich eindrucksvolle Blutergüsse.

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Und jetzt eben, im vergangenen Hitze-Juli passiert, gegen 16 Uhr. Ich fahre mit dem Roller über den Felsenau-Viadukt auf der Autobahn in Richtung Vevey/Lausanne, auf der rechten Spur. Plötzlich stellt der Motor ab, aus dem Nichts heraus. Mehr noch: Er bremst den Roller ab, innert weniger Sekunden. Mir bleibt nur noch das Ausweichen auf den schmalen Pannenstreifen, derweil die Autos mit 80 km/h an mir vorbeifahren. Kein wirklich erhebendes Gefühl, um es einmal so zu formulieren. Ehrlich gesagt, das macht Angst, zumal man ja nicht weiss, wie die Lenker reagieren. Also beginne ich den Roller zu stossen und achte darauf, dass ich dabei nicht auf der rechten Spur laufe – kein leichtes Unterfangen.

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Plötzlich merke ich, dass keine Autos mehr auf der rechten Spur verkehren. Und das hat einen einzigen Grund. In ungefähr 80 Meter Entfernung hinter mir hat ein Pannenfahrzeug auf der rechten Spur die orange Blinklampe eingeschaltet und das Tempo verlangsamt, um mir sozusagen den Rücken freizuhalten, gibt mir Rückendeckung, Feuerschutz – nennen Sie es, wie Sie wollen. Plötzlich springt der Roller wieder an, ich kann auf der leeren Spur einfahren, das Pannenfahrzeug noch immer hinter immer, jetzt aber ziemlich nahe. Ich signalisiere dem Mann, dass alles ok ist, worauf er mich überholt. Per Handzeichen bedanke ich mich beim Fahrer im Auto mit der Aufschrift «WILLY». Ich mag mir gar nicht vorstellen, wäre das Malheur einen Kilometer später passiert, ich auf der zweiten Spur von links in Richtung Murten/Lausanne, weil die «langsamere» in Richtung Wohlen/Aarberg, derweil rechts zwei Spuren nach Vevey abzweigen, sodass zeitweise auf vier Spuren mit 100 km/h gefahren wird. Eine Horrorvorstellung. Vermutlich sässe ich jetzt nicht am Laptop, um diese Story in die Tasten zu hauen.

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Ich bin einer, der meistens gegen den Strom schwimmt. Gerade, weil viele Leute das Wort «Danke» (oder auch «Merci») von ihrer geistigen Festplatte gelöscht haben, bedanke ich mich jeweils bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Also schreibe ich der Firma «WILLY» eine Mail, beschreibe den Vorfall und frage nach dem Fahrer. Antwort: «Wir haben uns über Ihre Reaktion sehr gefreut. Beim Fahrer handelt es sich um Adrian Jost, Leiter unseres Pannendienstes.» Kein Wunder also, hat er derart professionell reagiert. Die nächste Mail geht an Adrian Jost, mit Dankesworten und der Einladung zu einem «Zmittag» in einem Restaurant seiner Wahl. Das hat kürzlich stattgefunden – eh ja, wann hat man schon die Gelegenheit, sich mit einem seiner Schutzengel persönlich zu unterhalten?

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Es war ein wirklich unvergessliches «Zmittag», nicht zuletzt, weil wir uns sofort prächtig verstanden haben. Adrian Jost – mit seiner Frau wohnhaft in Fräschels, 39 Jahre alt– ist seit 16 Jahren bei «WILLY», seit 2010 Leiter des Pannendienstes, mit vier Vollzeit- und acht Teilzeitmitarbeitern. Er hat dadurch einiges an erlebten Intermezzi zu erzählen, traurige, aber auch heitere, wie wenn der Pannendienst alarmiert wird, weil der Wagen nicht mehr anspringt und sich dann herausstellt, dass man nur den Hebel beim Automaten auf «P» stellen muss, oder das lästige Piepsen keine bevorstehende Motorenexplosion ankündigt, sondern auf die schwere Handtasche auf dem Beifahrersitz hinweist, von der die Elektronik fordert, angeschnallt zu werden. Und als sich herausstellt, dass Adrian Jost sich wie ich im Bereich «Konzerte + Sponsoring» im Detail auskennt (bis letztes Jahr war er OK-Vize bei der «Altjahrswoche Schwarzenburg»), ist die Zeit viel zu kurz, um weiter «fachzusimpeln», er muss zurück an die Arbeit. Ich bin aber überzeugt, dass wir beide das noch einmal nachholen werden. Auch auf diesem Weg, Adrian: DANKE!

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