So zumindest will es die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S). Noch vor einem Jahr schrieb der Schweizer Bauernverband (SBV) zur Sistierung: «Damit ist die Verschiebung der nächsten Agrarpolitik nun definitiv und es besteht genügend Zeit, um die dringend nötigen Anpassungen vorzunehmen.» Nun begrüsst er den jüngsten Entscheid aus Bundesbern. Hat die Zeit schon gereicht oder handelt es sich bei den sogenannten «unbestrittenen» Massnahmen um ein vertretbares Minipaket?
Minimalistisch
Der vom Bundesrat verabschiedete Bericht zur Erfüllung des Postulats «zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» sieht eine Strategie in Etappen vor. Rasch umzusetzende Massnahmen aus der AP22+, die insbesondere auf eine umweltverträgliche Produktion abzielen, werden im Rahmen des Absenkpfads Pflanzenschutzmittel und Nährstoffverluste umgesetzt und könnten – laut Kommission – bereits per 1. Januar 2023 in Kraft treten. Dabei handelt es sich um einzelne Massnahmen. Mittelfristig ab dem Jahr 2025 ist ein Mini-Agrar-Paket geplant, das jene Punkte aus der AP22+ herausholt, die als einfach umsetzbar gelten.
Druck wächst
Die WAK-S hat nun begonnen, mögliche Massnahmen zu beraten. Zu diesen zählen laut der Kommission eine Unterstützung von Ernteversicherungsprämien, die Erweiterung der Investitionshilfen, die Verankerung des Sozialversicherungsschutzes zur Stärkung der rechtlichen Situation des Ehepartners und die Stärkung der Pflanzen- und Tierzucht. Vorerst ist diese handzahme Pflückpolitik aus der AP22+ also kein Schreckgespenst, sondern höchstens das sympathische «Hippi-
gschpängschtli». Doch nicht immer geht es nach dem Willen der beratenden Kommissionen. Im Rahmen einer verschärften Energie- und Klimapolitik bleibt der Druck seitens des Parlaments auf der Landwirtschaft hoch.
Anreicherung unerwünscht
Deshalb positioniert sich der Schweizer Bauernverband schon mal und schreibt: «Für den SBV ist zentral, dass das Mini-Paket nicht mit weiteren Massnahmen angereichert wird. Die klima- und energiepolitischen Themen werden aktuell im Rahmen von anderen Geschäften diskutiert und sind nicht der Agrarpolitik aufzubürden.» Damit meint der Verband unter anderem den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative oder das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Ob er Gehör findet, ist jedoch ungewiss. Denn massgeblich ging es in der ursprünglichen AP22+ um klimapolitische Themen. Hätte man diese im letzten Jahr schon aufgegleist, man wäre bereits einige Schritte weiter, wird die Gegenseite monieren. Eine erneute Debatte um die AP22+ ist damit vorprogrammiert. Etwas hat sich aber in diesem Jahr verändert, und zwar zum Wohle der Landwirtschaft. Wie wichtig die Selbstversorgung und Unabhängigkeit eines Landes sein kann, haben Coronapandemie und Ukrainekrieg offenbart. Indirekt stärken diese Phänomene den Wunsch nach mehr Selbstversorgung. Das Bewusstsein ist geschärft.
Es ist so etwas wie die Gunst der Stunde, nun im Dialog mit den anderen Bereichen den Absenkpfad und die Stärkung der Landwirtschaft in Einklang zu bringen. Nun kommt sie wieder, die AP22+. Noch nicht mit dem vermutlich unbestrittenen Mini-Paket, aber kurz darauf, wenn die grossen Brocken zum Thema werden. Wer das Dossier zückt, muss damit rechnen, dass auch alles daraus wieder diskutiert werden kann. Das ist – mit Blick auf die Weltlage – kein schlechtes Zeichen für die Landwirtschaft, denn die Bedeutung dieses Sektors und damit die Wertschätzung, dürften nach und nach ansteigen; selbst bei jenen die kaum wissen, dass die Milch nicht von der Firma «Tetra Pak» stammt.