«Pas de problème avec la fondue brûlée»

«Pas de problème avec la fondue brûlée»

Vercorin. Ein kleines Dorf im Val d’Anniviers. Hier – ich schreibe diese Story vom letzten Wochenende im Wallis – gibt es auch Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants. 4 Paare entscheiden sich für ein Fondue in einem typischen Carnotzet im Untergeschoss einer Gaststätte, die schon seit einiger Zeit von Franzosen geführt wird.

3 Wochen vor dem Besuch gehe ich vorbei, im Wissen, dass es diesen Keller gibt, in der Vergangenheit eher Abstellkammer denn gemütlicher Essraum. Aber erstens kommt es bekanntlich anders und zweitens als man denkt: Ein Leitspruch, der sich von A-Z als zutreffend erweisen sollte. Das Carnotzet präsentiert sich 2019 wie aus dem Bilderbuch. Platz gibt es für ungefähr 25 Leute. Ich reserviere «pour huit personnes» an einem bestimmten Datum. «Très bien, merci beaucoup», heisst es seitens eines Angestellten. Ob er das Datum nicht notieren wolle? «Non, pas de problème», er werde sich das nachher aufschreiben, aber meine eigene Handynummer wäre noch gäbig. Ich beginne en français, in Anlehnung an Lo&Leduc: «Zero septante-neuf.» – «Pardon, quoi?» – «Zero septante-neuf.» Er versteht mich nicht. Plötzlich erinnere ich mich: Die Franzosen sagen «Soixante-dix-neuf.» Sekunden später ist alles klar. Ob er das Datum nicht doch notieren wolle? «Non, Monsieur, pas de problème, à bientôt.» Komisch bloss, dass ich exakt eine Woche vor unserem Besuch gegen
21 Uhr einen Anruf erhalte, wo wir denn bleiben würden? Ich erkläre mich, säuerlich, légèrement. «Pas de problème», heisst es – dann halt heute in einer Woche.

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Als wir zum tatsächlich reservierten Termin zu acht das Carnotzet betreten, riecht es stark nach Blumenspray in einer Toilette. Gewöhnungsbedürftig. Henusode. Wir merken rasch, dass nur für uns 8 aufgedeckt ist. Aber wie! Achtmal eine gewöhnliche Gabel, ein normales Messer, ein zusätzliches gezacktes Fleischmesser, keine Fonduegabel. Der Tisch ist nicht länglich («4×2») oder quadratisch, er ähnelt eher einer grossen 9, mit grosser Abstellfläche. «Thomas, bist du sicher, dass du für Käsefondue bestellt hast?» Haha, wie lustig. Wir lassen uns überraschen. Nach einer Weile erscheint der Keller, ein echt freundlicher Kerl. Wir bestellen den Wein, stellen aber keine deplatzierte Fragen, wundern uns kurz darauf doppelt: Der Rotwein ist eiskalt, zudem erhalten wir jetzt Fonduegabeln, die aber – unserem Verständnis zufolge – sich eher für Fondue Chinoise eignen, dazu erst noch in der kurzen Kinderversion. Sygseso.

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Minuten später wird… Charcuterie aufgefahren, wie das Herz begehrt, in allen Varianten, dazu Cornichons, Silberzibeli und Salat. Noch fehlt das Brot. Mir wird irgendwie komisch, so dass ich ins EG gehe und mich erkundige, ob wir uns korrekt verstanden hätten, mit «Fondue». «Oui Monsieur, pas de problème», der Käse folge in einigen Augenblicken. Und tatsächlich: 2 Caquelons stehen wenig später auf dem Tisch. Zuvor kommen die Brotwürfeli, in getoasteter Version. «Bon appétit.» Als Erstes entfernen wir die beiden Holzlöffel, die noch im geschmolzenen Käse stecken. Jenes Fondue, an dem ich mich beteilige, schmeckt ganz okay. Nichts Umwerfendes, aber durchaus geniessbar.

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Etwas anders sieht das bei der anderen Käsesuppe aus: «Da hat man beim Aufkochen zu rühren vergessen, das ist verbrannt», bekomme ich zu hören. Ist doch fast nicht möglich. «Da, probier doch mal selber, du ungläubiger Thomas…» Und vraiment: Verbrannt. Hochgradig. Ich also nochmals hoch. Der Kellner folgt und verlässt das Carnotzet mit dem Caquelon. Nach ein paar Minuten ist er de retour, avec ses excuses. Nur: Das Fondue schmeckt noch immer verbrannt, wenn auch weniger als zuvor. Der Mitarbeiter wird nochmals bemüht. Er erklärt sich: Die Küche habe das ursprüngliche Fondue mit neuem Käse verdünnt… Ehrlich gesagt, ist der Chose nicht wirklich dienlich, so dass sich alle an «Fondue 1» erfreuen.

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Als abgeräumt wird, wundert sich der Kellner, dass «Fondue 2» noch fast immer voll ist. Um unsererseits den Geschmack im Hals zu verdünnen, bestellen sich die Herren 4 Kirsch. Hat der Mann, ebenfalls un Français, vermutlich noch nie gehört. «Comment ça?» Sie hätten nur jenen Kirsch, der auch im Fondue sei. Voilà, éxactement, und schon verstehen wir uns. Es folgt die Frage, ob wir noch ein Dessert mögen? Pourquoi pas? Erstaunt, dass uns unter anderem (kein Witz!) eine «Crème brûlée maison» vorgeschlagen wird? Einige von uns entscheiden sich dafür, um dann festzustellen, dass die Oberfläche wirklich kräftig brüliert ist. Ob Tyler Brûlé hier Koch ist, der bekannte Designer? Mynetwäge.

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Angesichts unserer Erlebnisse erhalten wir – ohne, dass wir reklamiert hätten – einen Preisnachlass auf die Fondues und die Kirsch kostenlos. Vor dem Restaurant sehen wir die Karte «Le Chef vous propose», mit dem Hinweis auf Fondue, vorab mit Charcuterie und Salat. Mit nur
25 Franken pro Person gäbe es wirklich nichts zu motzen, gar nichts. Sensationelles Preis-/Leistungsverhältnis. Und dennoch kann es nicht erstaunen, dass wir die einzigen Gäste waren, das Restaurant vis-à-vis jedoch «plein à craquer».

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