Realsatire regt zum Denken an

Realsatire regt zum Denken an

Die Könizer Zeitung | Der Sensetaler hat sich im Vorfeld der Premiere von «Da chönnt ja jede cho!» mit Co-Autorin und Regisseurin Livia Anne Richard und Hauptdarsteller Theo Schmid unterhalten.

Seit Jahren ist die Einwanderung von Asylsuchenden in die Schweiz in der Politik und am Stammtisch ein vieldiskutiertes Thema. Weniger Beachtung findet dagegen die Einbürgerung von Eingewanderten, die seit Jahren in der Schweiz leben, hier arbeiten, Steuern zahlen und unsere Sprache sprechen. Die teils willkürlichen Einbürgerungsverfahren einzelner Gemeinden sowie die absurden Hürden, die sich einbürgerungswilligen Menschen entgegenstellen, sind abschreckend. Nicht von ungefähr drängt sich die Frage auf, inwiefern hierzulande der hohe Ausländeranteil in der Bevölkerung unserem rigiden Einbürgerungsverfahren geschuldet ist.

Satire lebt von Überhöhung der Realität

«Da chönnt ja jede cho!» nimmt sich mit Humor, abrupten Wendungen und hohem Unterhaltungswert der Thematik Einbürgerung und Integration an. Warum die Bezeichnung Realsatire? Dazu Livia Anne Richard: «Das Schweizer Einbürgerungsverfahren ist teils derart absurd, dass wir, das heisst Christoph Keller, der als Co-Autor und Co-Regisseur fungiert, und ich keine andere Wahl hatten, als vom Genre her eine Realsatire zu schreiben. Satire lebt von der Überhöhung der Realität. Auch wir überhöhen mitunter – beispielsweise in der Szene, wo die aus Kamerun eingewanderte und seit langem mit ihrer Familie in Hinterschnösligen lebende Hauptdarstellerin Anna Ngannou dem Einbürgerungsbeamten ihre Deutschkenntnisse vorzeigen muss. Auf ihre Bemerkung hin, dass sie Germanistik studiere, fragt dieser leicht überfordert: ‹Geranistik, das wäre..?› Wichtig ist, dass die Überhöhung nicht übertrieben wird, sonst verkommt das Ganze zum Klamauk – wie meiner Meinung nach im Film ‹Die Schweizermacher› mit Emil Steinberger und Walo Lüond, die im Verlauf des Filmes in ihren Stereotypen verharren – im Gegensatz zu unserem Theaterstück, in welchem die Figuren durchaus eine Entwicklung durchmachen.»

Hauptfigur mit harter Schale und weichem Kern

Theo Schmid, der im Mehrfamilienhaus den bärbeissigen Hauswart Wale Wüthrich gibt, erläutert die Entwicklung seiner Figur: «Wale will nichts wissen von fremden Machenschaften. Doch als er in der unteren Wohnung nach einem kuriosen Zufall ein neugeborenes Baby in den Arm nehmen darf, wird er, der gerne auch Vater geworden wäre, von seinen Gefühlen übermannt. Da er dies jedoch nicht zugeben kann, bleibt er gegen aussen in seiner Rolle des pingeligen Hauswartes gefangen.»

Wie fühlt es sich an, auf der Bühne einen derartigen «Polteri» zu spielen? Theo Schmid relativiert: «Ich mag Rollen, die eine Wandlung durchmachen. Deshalb spiele ich gerne den ‹roubouzigen› Hauswart, ohne persönlich seine Haltung gegenüber allem Fremden zu teilen.» 

Auf die Frage, woher seine unüberhörbare Vorliebe für kernige Mundart-Ausdrücke kommt, antwortet Theo Schmid schmunzelnd: «Ich bezeichne mich als Berndeutsch-Gourmet. In meinen jungen Jahren war ich als Chansonnier mit den ‹Berner Barden› im Stil der bekannten Troubadours unterwegs. Als Primar- und später als Musiklehrer am Oberstufenzentrum Belp trat ich nebenberuflich als Schauspieler und Regisseur an den Theatern der Berner Dialektszene auf.»

Es kann also nicht überraschen, dass Theo Schmid seine Erfahrungen als Berndeutsch-Liebhaber und Theater-Regisseur auch bei «Da chönnt ja jede cho!» einbringt – nicht bei der Entstehung des Plots, sondern spontan während den Proben. Sowieso: Auf dem Gurten ist unter den Theatermenschen Teamarbeit angesagt, das ist spürbar. Und wie bei einer Uraufführung üblich, erfährt das Stück während der wochenlangen Probearbeit noch so manche Präzisierung, bis alles auf dem Punkt ist. Man sieht es nicht zuletzt den tausend Notizen in Theo Schmids Drehbuch an.

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