Oft sind es Geistliche, welche die letzten Worte an die Adresse der Hinterbliebenen richten. Bibelverse verbinden sich mit einigen Werten jener Person, die von uns gegangen ist. Nicht so bei Christa Pfanner: «Was ich als freie Trauerrednerin möchte, ist losgelöst von Glaubensfragen eine Wertschätzung in einem Ritual des Übergangs zu finden.»
Losgelöst von Glaubensfragen
Ein Bedürfnis, das sich steigender Beliebtheit erfreuen dürfte. Immer mehr Menschen verlassen die Gotteshäuser, tun sich schwer mit Dogmen und suchen ihre Spiritualität ganz individuell. «Religionen haben ein Monopol auf die Übergänge und Rituale. Das ist schade, denn viele Menschen entfernen sich davon und es gibt dann kaum Ersatz. Deshalb wird die Wichtigkeit von Ritualen oft negiert. Ich hingegen finde, dass Rituale bedeutsam sind. Egal, woran eine Person glaubt, Rituale sollten ihren Platz finden», ist sich die gelernte Sozialarbeiterin sicher.
Losgelöst von Schemen
Es spielt für Pfanner keine Rolle, ob und wie gläubig ein Mensch ist, viel wichtiger ist ihr: «Die Individualität der Person zu finden, den Menschen so zu nehmen wie er ist. Jedes Menschenleben hat viele Facetten und die sollen Platz haben. Eine Trauerzeremonie ist so bunt, so vielseitig und so authentisch wie der verstorbene Mensch selbst.» Das braucht in erster Linie Zeit, um den Angehörigen zuzuhören. «Schön ist es, wenn dies im Zuhause der verstorbenen Person passieren kann. Es ist dann ein wenig so so, als ob dieser Mensch noch da wäre oder spürbar wird», ergänzt sie. In solchen Momenten lässt Pfanner die Angehörigen erzählen, Emotionen kommen hoch, Anekdoten werden erzählt, Erinnerungen werden wach. «Es kommt viel in den Personen auf, genau das soll Platz haben», betont sie. «Wenn ihr’s nicht erfühlt, ihr werdet’s nicht erjagen», würde wohl Wolfang von Goethe dazu sagen.
Losgelöst von sich selbst
Es geht ihr darum, sich voll und ganz der Individualität der Verstorbenen hinzugeben. «Menschen und ihre Geschichten sind für mich das Spannendste, was es gibt. Viele glauben, diese Geschichten sind unspektakulär und nichts besonderes. Aber jede Geschichte ist anders und verdient es, so geschätzt zu werden», sagt Pfanner, die eine Ausbidlung zur Trauerrednerin absolviert hat. Genauso, wie auch ihre Geschichte einzigartig ist. Es braucht schon einen inneren Antrieb, sich in den schwersten Stunden von Menschen sicher bewegen zu können. Das ist aber etwas, was sie schon lange kennt. «Für andere da zu sein, wenn sie selbst es gerade nicht können, das ist ein Teil von mir», so Pfanner. Es sei auch mit ein Grund, weshalb sie Sozialarbeit studiert hat. Sie kennt aus ihrer beruflichen Vergangenheit den Umgang mit weniger einfachen Momenten. Eine Weile wird es dann aber plötzlich still im Gespräch. Ihr Blick wandert Richtung Fenster, dann atmet sie kurz ein und meint: «Spezifisch in die Trauerbewältigung zu gehen hat wohl aber auch damit zu tun, dass ich Beerdigungen erlebt habe, in denen der jeweilige Mensch nicht stimmig wiedergegeben wurde.»
Reden sei Silber, Schweigen Gold, sagte ein Spruch. Die Trauerrede wäre dann der funkelnde Dimanat aus der Stille und der Trauer als Übergang in eine ewige Erinnerung. Christa Pfanner schreibt nicht einfach Reden, sie übernimmt einen Teil der Trauerbewältigung. «Sterbebegleitung und Trauerarbeit sind Bereiche, die thematisch eng an Trauerreden gekoppelt sind. Ich könnte mir gut vorstellen, auch diese Bereiche irgendwann zu vertiefen», schliesst sie ihre Gedanken. Zurück bleibt die Einsicht, dass wohl nicht nur die Trauerreden so einzigartig sind wie die lieben Menschen, von denen wir uns ab und an im Leben zu verabschieden haben; nein, es ist auch Christa Pfanner selbst, die in dieser Arbeit einzigartig ist.