Bildung geniesst einen hohen Stellenwert in der Schweiz, so auch in der Gemeinde Köniz. Im August fand in der Schule Morillon ein überparteiliches Podium statt, in dessen Zentrum die Könizer Bildungsstrategie 2018-2024 stand. Es diskutierten Annemarie Berlinger-Staub (SP), Christian Burren (SVP), Thomas Frey (BDP), Hans-Peter Kohler (FDP), Valentin Lagger (CVP), Thomas Marti (Grünliberale), Hansueli Pestalozzi (Grüne) und Bernhard Zaugg (EVP) unter der Leitung von Ben Hüter, Direktor Berufsbildungszentrum IDM Thun.
Heterogene Klassen sinnvoll?
Die Bildungsstrategie für die Volksschulen Köniz wurde von der Schulkommission zusammen mit den Schulleitungen und der Abteilung Bildung, Soziale Einrichtungen und Sport (BSS) erarbeitet. Sie soll Planungssicherheit für alle Beteiligten bringen und will Schwerpunkte setzen, um die vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen. Ziel ist es, «sowohl leistungsstarken wie auch leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden». Hierfür soll die dezentrale und vielfältige Struktur der Volksschule Köniz nicht nur erhalten, sondern weiterentwickelt werden. Als Elemente nennt die Bildungsstrategie u.a. individuelle Schulstrukturen wie Mehrjahrgangsklassen und flexible Schul-
eingangsstufen. «Es ist jedoch fraglich, ob heterogene Schulklassen der richtige Weg sind, um allen gerecht zu werden», gab Christian Burren von der SVP zu bedenken.
Luxus oder Bedürfnis?
Die Schulkinder ihrem Niveau entsprechend fördern: Diesem Grundsatz stimmten die Teilnehmenden unisono zu, bei der Frage nach der Umsetzung gingen die Meinungen allerdings auseinander. Die Spez-Sek am Gymnasium Lerbermatt sei ein Luxus, die den Gemeinderat über 400’000 Franken kosten würde, sprach sich Hansueli Pestalozzi gegen die Fortführung der Unterstufe aus. «Stattdessen wird bei der Musikschule oder beim Infozentrum Eichholz gespart», so die Kritik des Grünen-Politikers, die natürlich nicht unerwidert blieb, denn: Die Spez-Sek-Debatte ist das Bildungsthema in Köniz, über das seit Jahren am meisten gestritten wird. «Im Vergleich zu anderen Angeboten steht die Spez-Sek quer in der Landschaft», äusserte Annemarie Berlinger-Staub (SP) ihr Missbehagen.
Gemäss Gemeinderat könnten durch die Schliessung der Unterstufe rund 200’000 Franken eingespart werden. Das sind Einsparungen am falschen Ort: «Die Bildungsvielfalt muss erhalten bleiben und somit auch die Spez-Sek Lerbermatt», machte Valentin Lagger von der CVP deutlich. Zustimmung fand sein Votum bei Hans-Peter Kohler, dem FDP-
Politiker und Gründer der Interessengemeinschaft «Pro Spez-
Sek Lerbermatt». «Die Spezialklassen am Gymnasium Lerbermatt entsprechen einem Bedürfnis der Bevölkerung», betonte er vehement. «Wieso soll man ein Angebot abschaffen, das funktioniert und sowohl bei den Eltern wie auch bei den Schülern beliebt ist?» Thomas Frey (BDP) machte hingegen ebenfalls Sparpotenzial bei der Spez-Sek Lerbermatt aus, das durchaus berechtigt sei. Er plädierte zudem dafür, die Wahlfächer an einem Standort zu konzentrieren.
Die Politiker hätten noch viel zu sagen gehabt zur Bildungsvielfalt. Und auch die Kommentare aus dem Publikum zeigten deutlich: Die Auseinandersetzung um die Unterstufe ist noch längst nicht vom Tisch. Sie wird wohl auch in Zukunft kontrovers diskutiert werden.
Kind im Mittelpunkt
Darin war sich das Podium hingegen wieder einig: Es ist schwierig vorhersehbar, welche Kompetenzen zukünftig gefragt sind. «Die Entwicklung geht so schnell. Deshalb müssen Kinder in der Schule vor allem Fähigkeiten lernen, um ein Leben lang zu lernen», so Berlinger-Staub. In diesen Bereich falle auch die Lesekompetenz, gab Thomas Marti von den Grünliberalen zu bedenken. «Statt bei den Bibliotheken zu sparen, sollten diese ausgebaut werden.»
«Investiert werden sollte in die Weiterbildung der Lehrpersonen». In diesem Punkt stimmten die Teilnehmenden ebenfalls überein: «Den Erfahrungsaustausch zwischen den Lehrpersonen fördern», nannte Pestalozzi eine mögliche Massnahme. Mehrmals wurde zudem die menschliche Komponente ins Zentrum gestellt: «Elementar ist dabei eine gute Beziehung zwischen Lehrpersonen, Eltern und Kindern», betonte Berhard Zaugg von der EVP.
Wie weiter?
Die Vernehmlassung des von der Schulkommission erarbeiteten Entwurfs lief bis am 10. September. Die bereinigte Fassung der Bildungsstrategie wird abschlies-
send dem Gemeindeparlament von Köniz zur Kenntnisnahme unterbreitet.