Die Schwarzenburgstrasse im Zentrum entschleunigt. Passanten überqueren die Strasse, Busse halten, Velos zischen vorbei, Autos rollen durch. Viele Verkehrsteilnehmer prallen aufeinander, wobei prallen eben gerade falsch ist. Unfälle gibt es wenige, der Verkehrsfluss ist langsamer, aber konstanter. Das zumindest ist die subjektive Wahrnehmung von vielen Befragten. Köniz hat 2005 als erste Gemeinde der Schweiz auf einer Hauptachse Tempo 30 eingeführt. Das gilt auch auf fast allen Quartierstrassen. Als Pioniergemeinde nimmt Köniz nun Stellung zur Teilrevision der Signalisationsverordnung.
Mutiger Entscheid
Zu Beginn führten die Tempo-30-Zonen zu erheblichem Widerstand bei der Bevölkerung. Die Politik traf den mutigen Entscheid, diesen Weg dennoch zu begehen. Heute präsentiert sich das Zentrum als entschleunigter und dennoch umtriebiger Ort. «Das niedrige Temporegime geniesst eine breite Akzeptanz», stellt die Gemeinde fest. Ein wichtiges Signal für die geplante Teilrevision der Signalisationsverordnung. Bis dato dürfen Tempo-30-Zonen nur auf Strassen mit möglichst gleichartigem Charakter angeordnet werden und Hauptstrassenabschnitte können nur ausnahmsweise in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden (bei besonderen örtlichen Gegebenheiten). Diese Einschränkungen sollen nun wegfallen und die Zonen können nahezu überall eingeführt werden. Köniz ist diesen Weg schon gegangen und hat 17 Jahre Erfahrung sammeln können. Aus diesen Grund unterstützt der Gemeinderat diese vereinfachte Möglichkeit für Kantone und Gemeinden, einen grösseren Spielraum bei der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung zu erhalten.
Bedenken beim Carpooling
Eine weitere Änderung der Signalisationsverordnung sieht vor, dass gut besetzte private Fahrzeuge künftig Busstreifen benützen dürfen. Wie es teilweise Taxis heute schon können. Neue Strassenschilder signalisieren diese Abschnitte. Das klingt vorerst wegweisend und fördert Fahrgemeinschaften (Carpooling). Im erläuternden Bericht zum Vernehmlassungsverfahren wird allerdings erwähnt, dass «bei der Prüfung der Zulassung von Mitfahrgemeinschaften auf Busfahrbahnen und Busstreifen darauf zu achten ist, dass sich die Massnahme nicht nachteilig auf den öffentlichen Verkehr auswirkt». Der Gesetzgeber delegiert die Lösung des absehbaren Interessenskonflikts zwischen motorisiertem Individual- und öffentlichem Verkehr an die Gemeinden, die den Antrag stellen, und an die Bewilligungs- und Einsprachebehörden. Hinzu kommt, dass die Busspuren breit akzeptiert sind und die Polizei die Einhaltung kaum kontrollieren muss. Das würde sich mit der Einführung des Carpoolings vermutlich grundsätzlich ändern. Der Vollzug müsste deshalb vorgängig geklärt und geregelt sein. Entsprechend hegt der Gemeinderat da seine Zweifel und sagt: «Wir können uns eine Öffnung von Flächen, die heute ausschliesslich dem ÖV zur Verfügung stehen, nur in bestimmten Ausnahmefällen und mit entsprechendem Wirkungsnachweis vorstellen.»
Gut möglich, dass in der politischen Debatte zu dieser Vereinfachung Köniz das eine oder andere Mal als Beispiel herhalten wird. Wer den Gemeinderat dazu befragen wird, erhält sicherlich eine klare Pro-Argumentation der schweizweiten Pioniergemeinde serviert.
Darum geht es bei der Vereinfachung
des Verfahrens für Tempo-30-Zonen
PD. Der Bundesrat will die Einführung vereinfachen. Die Vernehmlassung dafür läuft. Um die Anordnung von Tempo-30-Zonen zu erleichtern, schlägt der Bundesrat eine Anpassung der Signalisationsverordnung sowie der Verordnung des Eidgenössischen Departments für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zu den Tempo-30-Zonen vor. Generell gilt auf den Strassen in den Innerortsbereichen Tempo 50. Um davon abzuweichen, braucht es heute ein Gutachten. Der Bundesrat schlägt nun vor, dass für die Anordnung von Tempo-30-Zonen auf siedlungsorientierten Strassen auf das Gutachten verzichtet werden kann. Heute können Tempo-30-Zonen nur zur Verminderung besonderer Gefahren im Strassenverkehr, zur Reduktion einer übermässigen Umweltbelastung oder zur Verbesserung des Verkehrsflusses angeordnet werden. Künftig sollen sie, wie die übrigen Verkehrsanordnungen und -beschränkungen, auch aus weiteren in den örtlichen Verhältnissen liegenden Gründen eingerichtet werden können. Die Anordnung einer Tempo-30-Zone soll nach wie vor verfügt und veröffentlicht werden müssen. Auf den verkehrsorientierten Strassen soll laut Bundersrat weiterhin grundsätzlich Tempo 50 innerorts gelten und an den heutigen Voraussetzungen für Geschwindigkeitsreduktionen festgehalten werden. Damit werde sichergestellt, dass die Funktionen des übergeordneten Verkehrsnetzes nicht gefährdet werden und der Verkehr auf diesem übergeordneten Netz bleibt.