Über Bundesratsträume, Wehmut und Frohsinn

Über Bundesratsträume, Wehmut und Frohsinn

Wer diese drei parlamentarischen Urgesteine aus drei verschiedenen Parteien und Positionen miteinander reden hört, würde nicht ahnen, dass sie vor Kurzem ihr Amt niedergelegt haben. Diskutieren, debattieren, und demokratisch entscheiden; dieser Dreisatz prägte in den letzten 12 Jahren oft genug ihre Auftritte.

«Es fehlt mir schon jeglicher Sinn und Zweck für solch einen Vorschlag», beendet Erica Kobel-Itten (FDP) ihr pointiertes und pfeffriges Plädoyer. Zum zweiten Mal schreitet Ruedi Lüthi (SP) zum Rednerpult. «Ich muss betonen, selbst wenn das nun nicht alle gerne hören, dass es eben schon anders ist, wenn man es genau betrachtet», beginnt der Sozialdemokrat und lässt keinen Zweifel daran offen, dass er auch ein drittes Mal ans Rednerpult geht, sollte es nötig sein. Nicht so oft, aber dafür so fest im Dossier-Sattel sitzend wie ein routinierter Reitmeister, ergreift Andreas Lanz das Wort: «Für mich ist dieser Weg die Lösung und besser, als gar keinen Weg zu haben.» Kobel, Lüthi und Lanz. Das klingt schon wie eine Fernseh-Serie und die drei hätten das Potenzial für eine ganze Staffel. Mit der geballten Wortkraft der FDP-Frau, der Beharrlichkeit des Sozialdemokraten und dem gemitteten Mann, der linke und rechte Ansichten teilen kann.

Über den Tellerrand hinaus
Das Trio lieferte sich einige Duelle, will nun aber nicht zurückblicken, sondern lieber das herausstreichen, was in der Zukunft nebst den Finanzen wichtig sein wird. «Eine grosse Herausforderung ist es, Arbeitsplätze zu schaffen, die Steuern generieren. Das war in den letzten Jahren nicht so; die Swisscom ist weg und die Polizei kommt, das ist keine Lösung», streicht Lüthi heraus. «Die Gemeindeverwaltung muss moderner werden, was sind ihre zentralen Aufgaben, was können andere machen, was kann man auslagern», stellt Kobel eine Frage an das Parlament von morgen. «Der Klimawandel wird auch die Kommunalpolitik betreffen, Köniz muss hier seinen Beitrag leisten», ermahnt hingegen Lanz. Willkommen im Gespräch dreier parlamentarischer Urgesteine, die mit Weitsicht ihre Parteipositionen mit kommunalen Bedürfnissen verknüpfen. Der Sozialdemokrat äussert sich zu einem wirtschaftlichen Thema, der Mann aus der Mitte zu einem äusserst grünen und die liberale Frau nimmt ein SVP-Bedürfnis auf.

Respektvolle Gegner
Sie respektieren sich. Nicht, weil man das muss, sondern weil ihr Gegenüber das verdient. «Ich schätze die klare Meinung, welche die beiden jeweils vertreten, selbst wenn es nicht immer die meine war», erklärt Lanz. «Bei diesen Kollegen konnte ich mir immer sicher sein, dass sie das Dossier gründlich studiert haben, ihren Aussagen konnte ich vertrauen», lobt Kobel. «Beide haben nicht immer nur behauptet, sondern sich grundlegende Gedanken gemacht. Ich diskutiere oft lieber mit Menschen, die nicht immer dieselbe Meinung haben», verrät Lüthi. Klingt das alles nicht ein wenig nach Wehmut? «Ich freue mich nun auf das, was kommt, bin aber auch ein wenig traurig, dass eine gute Zeit zu Ende geht, in der man etwas tiefer in die Gemeinde hat blicken können», gibt Lüthi zu. «Ich weiss, dass es gut und richtig ist, nach zwölf Jahren aufzuhören, aber etwas wehmütig bin ich trotzdem», räumt Lanz ein. «Es ist wichtig, dass neue Köpfe ins Parlament kommen, mit neuen Ideen und Ansätzen, aber ja, das war schon eine schöne Zeit», klingt selbst Kobel ein wenig nostalgisch.

Vor der Sitzung geht’s zur Sache
Trübsal blasen müssen sie nicht. Für sie geht der Weg ohne Pause weiter. Während Lanz sich in der Kirchenpolitik engagieren will, wurde Lüthi die Geschäftsleitung einer Gewerkschaft gewählt. Kobel bleibt FDP-Präsidentin in Köniz, übernimmt zusammen mit ihrem Mann ein KMU in Bern und leitet den Verband der Alters- und Pflegeheime des Kantons. Ins na-
tionale Politgeschäft einsteigen, ist keine Option mehr. Das war es aber durchaus einmal. «Ich wollte die erste Bundesrätin werden. Dann ist mir Elisabeth Kopp zuvorgekommen», lacht die FDP-Frau. Lanz nickt. Diesen Bundesratswunsch hegte auch er. «Was noch nicht ist, kann ja noch werden», scherzt er. Lüthi ist ein Gewerkschafter durch und durch, vom Bundesrat träumte er nicht oder sagt er es nur nicht? Wer weiss, ob die drei Urgesteine nicht plötzlich doch wieder an der Front stehen. In der Politik kommt unverhofft oft; und das Debattieren und Diskutieren im demokratischen Sinn beherrschen sie in etwa so routiniert wie das Binden der Schuhe.

Erica Kobel-Itten, Andreas Lanz und Ruedi Lüthi haben das Parlament verlassen und damit viel Platz geschaffen für die Neuen. Es passt zu diesen dreien, wenn sie zum Schluss noch die Stärken der Könizer Legislative hervorheben: «Es ist schon erstaunlich, wie fokussiert und konzentriert alle bei der Sache sind. In diesem Parlament wird nicht einfach Zeitung gelesen», meint Kobel. «Wir haben wenig Komissionen, man muss sich mit allen Themen befassen und das ist eine Stärke», weiss Lüthi. «Unser Parlament ist wie unsere Gemeinde, spannend, abwechslungsreich und vielschichtig», fasst Lanz zusammen. Da schwingt sie wieder mit, die kleine Portion Wehmut, zusammen mit der Freude auf die Zukunft und die vielleicht doch noch nicht ganz ausgeträumten Bundesratsambitionen.

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