Ein wenig glitzert er, der grosse Stein, der so vielen vom Herzen fiel. Ein Mahnmal für Einheit, Einsatz und Eigenständigkeit in der drittgrössten Gemeinde des Kantons. Ein Symbol, das im Hintergrund zu sehen ist, wenn der Abspann eines spannenden Thrillers läuft. In extremis haben sich die Politikerinnen und Politiker mit weit mehr als den üblichen Sitzungsterminen gezankt, haben gehandelt und sich schliesslich gefunden. So ist das in Köniz. Einem Ort, der in politischer Hinsicht immer wieder überrascht, mit Neuerungen, mit Pilotprojekten, mit Mut und nun auch mit Einheit von grün bis gelb, von links bis rechts.
Der Auftrag
So schön das Happy End glitzern mag: Der Stein soll weiter rollen oder, wie es Gemeinderat Christian Burren (SVP) formuliert: «Ich verstehe das Resultat als Auftrag.» Dem pflichtet auch Vanda Descombes, Fraktionspräsidentin der SP, bei: «Ich freue mich sehr, dass die Könizer Bevölkerung dem Budget zugestimmt hat. Ob das aber gleichgesetzt werden kann mit Vertrauen in die Könizer Politik, wird sich erst in Zukunft zeigen, denn letztlich hatten die Stimmenden nur die Wahl zwischen dem vorgeschlagenen Konsens-Budget oder dem Eingreifen des Kantons.» Der Stein ist zwar vom Herzen gefallen, nicht aber das Pflichtbewusstsein. Von einem Weitermachen wie bisher sind die Politikerinnen und Politiker weit entfernt. «Für mich ist das deutliche ‹Ja› primär ein klarer Auftrag an die Könizer Politik, das Gesamtpaket pflichtbewusst umzusetzen und den kommunizierten Finanzplan einzuhalten. Es ist ein Vertrauensbeweis in die Vorlage und in die Könizer Politik, welche die Lösung während den letzten Monaten hart erarbeitet hat», fasst es der FDP-Fraktionspräsident Dominic Amacher zusammen.
Die Aufgaben
Soweit würde Grossrat Reto Zbinden (SVP) nicht gehen: «Da die Bevölkerung keine andere Auswahl als ein durch den Kanton bestimmtes Budget hatte, bin ich nicht sicher ob wir wirklich von ausgesprochenem Vertrauen ausgehen dürfen.» Genau deshalb richten die Politikerinnen und Politiker ihr Augenmerk auf zukünftige Aufgaben. «Das Ja zum Budget ist der erste Schritt, um die Gemeindefinanzen zu stabilisieren. Nun braucht es einen Aufbruch und frische Ideen, damit sich Köniz nachhaltig entwickelt», sagt Grossrätin und Gemeindepräsidentschaftskandidatin Tanja Bauer dazu. Dass der Stein nun ruhig daliegt, ist wichtig für Köniz oder, wie es Zbinden (SVP) formuliert: «Auf jeden Fall ist wichtig, dass wir unsere Eigenständigkeit erhalten konnten und nun auch wieder Raum für andere Themen als die Finanzen entsteht.» Das Thema hat die Politik über viele Monate dominiert und fast in jedes einzelne Traktandum hineingewirkt.
Die Nachwirkungen
Den Sieg nicht gleich als den grossen Vertrauensbeweis zu nehmen ist das eine, dass es aber nach zwei verlorenen Urnenabstimmungen nun dank einer noch nie dagewesenen politischen Einheit gelungen ist, das andere. Alle scheinen zu wissen, dass es nun darauf ankommt, mit den Steuereinnahmen haushälterisch umzugehen, Themen anzupacken und trotzdem schwarze Zahlen zu schreiben. Das Mittel zu diesem schwierigen Zweck bildet die politische Zusammenarbeit, die in Köniz Nachwirkungen zeigt. «Das Ja zum Budget ist ein wichtiger Schritt in Richtung stabile Gemeindefinanzen und das deutliche Abstimmungsergebnis zeigt, dass die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Steuererhöhung bei der Bevölkerung angekommen sind. Die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Finanzkommission, Gemeinderat und Parlament im Vorfeld der Abstimmung stimmt positiv, auch die weiterhin bestehenden gros-
sen Herausforderungen erfolgreich zu meistern», kommentiert der Präsident der Finanzkommission David Müller (Grüne), einem, der viel zu dieser Einheit beigetragen hat. Jener, der die zweite Runde beim Budget eingeläutet hat und nachbessern wollte, heisst Casimir von Arx (GLP). Er meint entsprechend: «Die Bevölkerung hat honoriert, dass wir uns nur mit einer überzeugenden Lösung zufriedengaben. Dafür brauchte es u. a. die Extrarunde, die eine Parlamentsmehrheit im Februar einleitete.»
Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit wirkt nach. Zu Recht. Die Politikerinnen und Politiker der jetzigen Legislatur haben bewiesen, dass sie konsens- und kompromissfähig sind. Der Könizer Stein darf ruhig in der Sonne glitzern. Viele Gemeinden kennen zerfahrene und zerstrittene Räte, die kaum ein Thema auflösen können. Anders ist das derzeit in Köniz, wo man im Falle der Finanzen sogar gemeinsam einen gordischen Knoten entflochten hat. EVP-Parlamentsmitglied Matthias Müller fasst zusammen: «Ich bin dankbar für das deutliche Ja der Stimmbürger an der Urne und wünsche mir nun weitere gute Nachrichten aus Köniz. Die EVP freut sich am breiten Konsens und dem neuen, guten Geist des Miteinanders in der Könizer Politik.» Mag das Vertrauen in die Politik vielleicht noch in Frage gestellt sein, aber die Fähigkeit, sich mit dem Volk zu vereinen, die haben Gemeinderat und Parlament jüngst bewiesen.