Vom Dreischritt zum Gleichschritt

Vom Dreischritt zum Gleichschritt

Vom weltweiten Klimawandel über das Pariser Abkommen bis zum beschaulichen Mittelhäusern ist es ein weiter Weg. Zu weit sagen manche; untrennbar miteinander verbunden, sagt David Müller (Grüne).

Nein, die Eisberge schmelzen nicht weniger schnell, wenn Köniz sein Klimareglement umsetzt. Selbst die Gletscher dürften unbeeindruckt immer mehr Schmelzwasser die Aare hinunterschicken. Dennoch: die Gemeinde diskutiert ihren eigenen CO2-Absenkpfad und will bis 2050 klimaneutral werden. Im Juni verabschiedete der Gemeinderat die Strategie dazu. Darauf aufbauend wird das Parlament ein Klimaregelement erarbeiten, ein Massnahmenpaket schnüren und fertig ist das Könizer Klimasüppchen. Und wieso gerade Köniz? «Klima und Krisen interessieren sich nie für Landesgrenzen oder Gemeinden. Es ist ein globales Problem. Aber das bedeutet auch, dass alle ihren Beitrag leisten müssen», entgegnet Müller. Ganz nach dem Motto: Wenn schon viele andere Gebiete auf der Welt zu wenig tun, ist es umso wichtiger, dass es immer mehr gibt, die in die Gänge kommen. Ist Köniz einmal mehr eine Gemeinde, die vorprescht und eine Vorreiterrolle übernimmt?

Zürich zuerst
«Wenn schon, wäre Zürich eine Vorreiterin, die Stadt hat sich verpflichtet bis 2040 klimaneutral zu sein, Bern bis 2045. Köniz ist mit dem Jahr 2050 alles andere als eine Vorreiterin, erst recht wenn man bedenkt, dass mit der bisher gültigen Strategie die Klimaneutralität erst 2080 erreicht wäre», zieht der Klimakämpfer Bilanz. Er sieht deshalb einen Dreischritt: national setzt der Bund die Rahmenbedingungen gemäss dem internationalen Abkommen, schafft Anreize und Reserven für die Massnahmen. Der Kanton macht ergänzende Gesetze, in Bern künftig beispielsweise mit dem «Green New Deal», dem Parteikollege Jan Remund unlängst zum Erfolg verhalf. Die Gemeinden konkretisieren diese übergeordneten Rahmenbedingungen im eigenen Garten. Was kann man denn da noch eigenständig machen? «Beispielsweise die Raum- und Verkehrsplanung auf das Ziel der Klimaneutralität ausrichten, Gebäude sanieren und sich vor den Folgen des Klimawandels schützen», lautet die kurze und klare Antwort und Müller präzisiert: «Je früher Massnahmen ergriffen werden, desto günstiger wird es. Wenn man die Bäume heute pflanzt, geben sie in 20 Jahren Schatten. Massnahmen kosten Geld, die Forschung zeigt aber: Je länger wir warten, desto teurer wird es.»

Es eilt
Deshalb hält es David Müller nicht so mit der Berner Gemütlichkeit – zumindest nicht in diesem Punkt. «Die Hitze oder der zunehmende Hagel zeigen auf, dass der Klimawandel längst in Köniz angekommen ist. Die Massnahmen eilen, Arten sterben aus, das Wasser wird knapp, die Folgen werden zunehmend extremer und der Schutz aufwändiger», ist er sich sicher. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wird er die drohenden Kosten für dieses Reglement deshalb mit dem Argument bekämpfen, dass die Parlamentskolleginnen und -kollegen einer nächsten oder übernächsten Legislatur weitaus teurere Massnahmen beschliessen müssten, wenn die jetzige Generation nicht handelt. «Zudem rechnen sich viele Massnahmen auch wirtschaftlich. Solaranlagen beispielsweise oder ein Wärmeverbund. Klar, das alles ist mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden. Aber die amortisieren sich, wir reden von Massnahmen für die nächsten Jahrzehnte», so Müller.

Verantwortung tragen
Ein Investment für die Zukunft und erst noch eines das inländische Arbeitsplätze generiert? In der schönen Theorie durchaus, in der Praxis profitieren aber nur jene, die frühzeitig auf den Zug aufspringen und nicht hinterherhinken. Für David Müller gibt es aber noch einen weiteren Punkt, den es zu bedenken gilt: die Verantwortung. «Wird mitberücksichtigt, wie viel Emissionen die Schweiz in der Vergangenheit pro Kopf im Vergleich zu anderen Ländern bereits ausgestossen hat, müssten wir die Klimaneutralität bereits zwischen 2030 und 2040 erreichen, um das mit den Pariser Zielen kompatible CO2-Budget nicht zu überschreiten. Städte und grosse Schweizer Gemeinden verursachen überaus viele Emissionen, auch indirekt über den Konsum. Jede zusätzliche Tonne CO2, die ausgestosssen wird, schadet dem Klima und kostet die Gesellschaft bares Geld», erklärt er und spielt auf die Gesundheitskosten, die Infrastruktur, Naturkatastrophen und viele weitere Bereiche an. Das Deutsche Umweltbundesamt hat ausgerechnet, dass eine Tonne CO2 bis zu 700 Euro an Kosten verursacht. Köniz produziert 140’000 Tonnen im Jahr, das wären also knapp 100 Mio. Franken. «Gemeinden wie Köniz haben deshalb eine grosse Verantwortung», fasst er zusammen. Was für Massnahmen können getroffen werden? «Weniger Versiegelung, mehr Dämmung, mehr Grünflächen mit Bäumen als Lunge des städtischen Gebiets, eine verbesserte Verkehrsplanung und resourcenschonende Mobilität sowie letztendlich eine fossilfreie Energieversorgung.

Ein hochaktuelles Thema. Kann man die Energieknappheit auf Gemeindeebene angehen? «Indirekt schon. Investitionen in lokale erneuerbare Energien führen zu grösserer Energieunabhängigkeit und bieten damit Chancen für die Zukunft.» Die Logik wiederholt sich getreu dem Motto: «Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen.» Köniz mag vielleicht in der Klimapolitik keine Vorreiterin sein, aber David Müller ist einer, der diese in der Gemeinde zumindest vorantreibt. Wer weiss, ob in seinem Schlepp Köniz nicht plötzlich zur ersten Gemeinde avancieren könnte, die den Strombedarf selbst abdecken kann? Wichtig ist ihm das jedoch nicht. Vielmehr geht es dem umtriebigen Klimapolitiker darum, dass die nationalen, kanto-nalen und kommunalen Ziele, von einem Dreischritt nach und nach zu einem Gleichschritt zusammenfinden und gesamthaft die Massnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität beschleunigt werden.

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