Meine Kriminalromane – im Oktober 2017 erscheint «Tod auf der Trauminsel», der im Schweizer Detailhandel und in Kreisen der Freimaurer spielt, «Wohlensee» nächstes Jahr, wo es unter anderem um Schönheitskliniken geht – schreibe ich während einer Woche pro Monat konsequent nur in unserer Ferienwohnung in Vercorin/VS, wo zwischen Ostern und Weihnachten nichts los ist, sieht man von einigen Wochenenden im Sommer ab. Kurz: Der ideale Ort, um seiner Fantasie freien Lauf zu lassen, ohne gestört zu werden.
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Am Ende einer jeder «Schreibwoche» putze ich die Wohnung, wasche auch, ohne gleich jedes Mal die gesamte Waschküche unter Wasser zu setzen, weil ich vergessen habe, den Filter einzusetzen. Letztes Jahr passiert: Die Waschmaschine und der Tumbler laufen auf Hochtouren – ich achte sehr darauf, die Textilien nur mit der vorgeschriebenen Höchsttemperatur zu waschen –, der Boden ist trocken. Mir kommt beim Putzen in den Sinn, dass ich Martin Hasler, Redaktionsleiter dieser Zeitung, noch etwas mitteilen muss. Nur: Wo habe ich mein Natel liegen lassen? (Nur nebenbei: Unser 4-jähriger Enkel wagt es, mich «Puffbruder» zu nennen, keine Ahnung, wer ihm das beigebracht hat.) Das Nokia 301 liegt nicht auf dem Esstisch, auch nicht auf der Terrasse. Gopf, ich werde doch hoffentlich nicht…
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Seien wir ehrlich, liebe Lesende: So schwer war es nun wirklich nicht, zu erraten, wo sich das Handy in jenem Moment befand. Bei 60 Grad während des Schleudergangs. Fazit: Totalschaden, da nützte kein An-die-Sonne-legen, kein Fön. Kein Hoffen, kein Beten. Aus die Maus.
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Was jetzt? Ein Smartphone würde mich hoffnungslos überfordern und meinen Hang zu News aus aller Welt mit seinen vielen Applikationen selbst am 30. und
31. Februar beschäftigen. Also mache ich mich auf die Suche nach einem Nokia 301. Grundsätzlich die Frage: Weshalb schmunzeln alle Fachleute in den Swisscom- und anderen Stores, wenn man nach diesem bestimmten Modell fragt? Frechheit, dabei gehe ich jede Wette ein: Würde man ihnen ein Telefon mit Wählscheibe und rotem Knopf hinstellen, sie hätten zero Ahnung, wie sie mit der Menschheit Kontakt aufnehmen können. Und die Antwort, was man unter Telex versteht, würden sie auf Google suchen. So einfach ist das nämlich.
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Ich also runter nach Sierre, nach Siders. Nirgends ist ein Nokia 301 mehr erhältlich, dafür unzählige Modelle von HTC, Samsung, Apple, Huawei, Sony, Motorola oder Nokia, die meisten eh nur für einen Franken. Kein Wunder, sie haben auch nur eine Laufzeit von 24, höchstens 36 Monaten. Schöne Wegwerfgesellschaft.
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Nichts zu machen in Sierre, weshalb ich nach Sion weiterfahre, nach Sitten (ich erwähne die beiden Ortschaften mit ihrer deutschen Bezeichnung nur deshalb, weil man im Wallis wert auf die Zweisprachigkeit legt, innerhalb der Politik scheint dieser Zusammenhalt weit weniger der Fall). Auch dort: Gekicher bei drei Teenies, die hinter mir stehen und mitbekommen, dass ich ein Nokia 301 suche, zur Gaudi der jungen Verkäuferin, ganz offensichtlich eine Bekannte der drei Pinkies hinter mir. Sehr lustig, wirklich. Vielleicht sollte ich mit dieser Nummer mal als Pausenclown im Zirkus auftreten.
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«Himmuheilandstärnecheibnonemau», wieso musste ich die Jeans umsverworgen waschen? Das hat man als ordentlicher Mensch nun davon. Item, auch in Sitten kann man mir nicht weiterhelfen. Dies vor allem deshalb nicht, weil ich kein Smartphone will, trotz aller Bemühungen der Verkäuferschaft. Dann der Glücksfall: Interdiscount in Sion! Ein Verkäufer, 40+, versteht meine Verzweiflung, macht sich auf die Suche nach einem Nokia 301. Zwar kann er keines auftreiben, nennt aber einen Ort im Wallis, wo scheinbar noch eines vorhanden ist. «Sofort reservieren, ich fahre gleich hin!», bekommt dieser Gutmensch zu hören. Und so mache ich mich auf, zur angegeben Goldgrube. Es ist die Poststelle in… Vercorin, 30 Meter von unserem Hausgang entfernt. Es gibt dort sogar zwei Nokia 301, leicht verstaubt. Jetzt nicht mehr.