«Was, wäre Collombin Olympiasieger geworden?»

«Was, wäre Collombin Olympiasieger geworden?»

Einer sitzt allein vor einer Tasse Kaffee im Restaurant «zum Denkmal» auf dem Bramberg und eignet sich damit hervorragend als Gesprächspartner für unsere Rubrik, in der Unbekannte angesprochen werden. Peter Gilgen ist sofort zu einem Interview bereit, vor allem übers Skifahren, da die neue Saison vor der Türe steht.

Peter Gilgen, einige Worte zu Ihnen.

Bin ich denn derart interessant? Wie Sie sagen, «einige Worte», dann wechseln wir das Thema. Ich bin 1950 in Kaufdorf geboren. Die Gemeinde liegt im Gürbetal genau zwischen Bern und Thun. Ich bin auch dort zur Schule, habe später erst einmal eine Ausbildung als Maschinenzeichner absolviert, bei Steiner in Belp, den es längst nicht mehr gibt. Später habe ich dieses und jenes gemacht, bin seit 10 Jahren pensioniert. Und jetzt sind Sie am Zug (schmunzelt).

Hobbies?

Schiessen und Skifahren, wobei ich die Latten inzwischen in den Keller gestellt habe. Ich bin aber noch immer aktives Mitglied bei der Schützengesellschaft St. Antoni. Unsere Webseite wurde übrigens neu gestaltet, mit vielen Infos. Schauen Sie doch rein, www.sg-stantoni.ch 

Das mache ich gerne. Damit hat es sich aber bereits mit meinen Kenntnissen zu Schützen, deshalb die Frage, weshalb Sie mit dem Skifahren aufgehört haben.

(Überlegt einige Sekunden) Wie soll ich das sagen, ohne dass Leserinnen und Leser es falsch verstehen?

Versuchen Sie es doch einfach.

Also denn. Ich bin ziemlich gut gefahren, gerne vor allem offensiv.

Als Raser auf den Pisten?

Sehen Sie, schon missverstehen Sie mich! Nein, als Schneller, nicht als Raser, das sind für mich zwei verschiedene Kategorien. Ja, ich war ein Schnellfahrer, hatte jedoch, soweit ich mich erinnern kann, keine Zwischenfälle mit anderen Skifahrern. Für mich galt eines: Immer der Blick zurück – kommt da jemand? –  und zur Seite. War das nicht der Fall, hatte ich sozusagen freie Fahrt. Etwas anderes gab es nicht, ich musste deshalb nur auf mich schauen. Anders Ski zu fahren, das gab es nicht. Bekannte von mir meinten in den letzten Jahren aber zunehmend, auch ich könnte einmal stürzen und mich verletzen. Im Alter keine wirklich tolle Vorstellung, deshalb sieht man mich auf den Pisten nicht mehr.

Wir haben beide den gleichen Jahrgang, könnten also locker über die guten alten Zeiten sprechen, zumal ich zu Beginn der 70er-Jahre als Servicemann für einige Cracks im Skizirkus tätig war. Ihr Star, damals?

(Lacht) Sie sind ein Lustiger! Ein Star? Da gab es doch viele, im Laufe der Jahre. Spontan: Roger Staub, Toni Sailer, Ingemar Stenmark, Karl Schranz, Annemarie Moser-Pröll, Bernhard Russi, Roland Collombin. Und in der Neuzeit Lindsey Vonn, Mikaela Schiffrin, um nur einige zu nennen.

Russi und Collombin, zwei ganz verschiedene Typen, nicht wahr?

Unbedingt. Und ich habe mich oftmals gefragt, wie ihre beiden Karrieren verlaufen wären, hätte der Walliser das Abfahrtsrennen bei den Olympischen Spielen 1972 in Sapporo gewonnen… Was man nicht vergessen darf, in jener Zeit hatten wir in der Abfahrt eine Armada von möglichen Siegern. In Japan wurde Andreas Sprecher vierter, Walter Tresch sechster. Es gab danach Rennen, da klassierten sich sieben Schweizer in den Top Ten.

Marco Odermatt?

Ein Phänomen. Einer, der aber nicht unschlagbar ist. Er ist keine Menschmaschine, das macht ihn so sympathisch.

Was haben Sie für Skis gefahren?

Im Laufe der Zeit natürlich verschiedene Modelle. Eines bleibt in ständiger Erinnerung: Ich konnte bei Kästle einen Riesensla-
lom-Rennski kaufen, so wie ihn Pirmin Zurbriggen fuhr. (Kommt ins Schwärmen.) Was für ein Ski, unglaublich, diese Haftung auf Eis. Im normalen Schnee aber kaum zu fahren. Das war bei seinem Nachfolger anders, beim Völkl Supersport, einem Allroundski der Sonderklasse.

Was heute auffällt: die vielen Verletzungen bei den Stars. Haben Sie eine Erklärung dafür?

(Wirkt nachdenklich) Wenn ich an meinen Kästle denke – eine Waffe –, kann ich mir schon vorstellen, was da unter den Füssen abgeht. Wir fuhren ja zuerst auf langen Holzlatten, dann kamen die Taillierten, heute die Carver, die einen enormen Druck auf die Beine verursachen. Auch durch die hohen Schuhe reissen bei extremen Situationen die Kreuzbänder, die Knie gehen kaputt. 

Was liesse sich dagegen machen, Skis mit kürzeren Radien?

Es gilt auch hier: Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, die Technik verändert sich, auch beim Skibau und bei den Schuhen. Und gut aufpassen, ich habe von Veränderungen gesprochen, nicht von Fortschritten oder Verbesserungen… Ganz abgesehen davon: Die Zuschauer wollen Spektakel.

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