Wenn ein Amateur ein Problem für Profis hat…

Wenn ein Amateur ein Problem für Profis hat…

Technisch bin ich eine anerkannte Null, in Sachen Handfertigkeit ein typischer Don't-do-it-Yourselfer. Dementsprechend freue ich mich, wenn ich für meinen Ford Fiesta Benzin tanke und nicht den Dieselschlauch erwische. Ähnlich bei meinem Laptop (abgesehen davon, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie in einer Excel-Datei war…): Hauptsache, ich erwische jeweils die richtige Taste.

Kürzlich gelesen: «Leider kommt es nicht selten vor, dass ein Programm einfriert und nicht mehr reagiert. Um es sofort zu beenden, also seinen Stopp zu erzwingen, drücken Sie bei Windowsgeräten auf Strg+Alt+Entf.» Das ist ungefähr das Gleiche, wie wenn auf meiner Armaturenanzeige im Auto ein Licht zu blinken beginnt. Überforderung total. Überhaupt: Das schlimmste Wort für mich im deutschen Sprachgebrauch ist Gebrauchsanweisung, da öffnen sich bei mir sämtliche Schweissporen. Ganz abgesehen davon: Die Info in Bezug auf Windows hätte mir kürzlich eh nicht helfen können.

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Ich wieder einmal im Wallis, wo ich meine Krimis schreibe (und durchaus auch anderes, wie diese Realsatire hier, tags darauf). Während des Schreibens friert gegen 21 Uhr mein Bildschirm ein, nichts geht mehr, auch wenn ich alle Tasten auf einmal drücke. Also presse ich öppe 20 Sekunden lang die Off/On-Taste, um die Kiste herunterzufahren. Hat schon öfter genützt. Man fährt den Laptop Augenblicke später einfach wieder hoch. Easy.

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Ausnahmen bestätigen die Regel. Zwar leuchtet der Schriftzug ACER wie gewohnt, die fünf Rölleli darunter drehen im Kreis, ebenfalls wie gewohnt. Und drehen. Und drehen. Minutenlang. Dann die Anzeige «Automatische Reparatur eingeleitet». Wie bitte? Da ist doch nichts kaputt. Was also mischt sich der Automat in mein Leben ein? Auch hier drehen sich Pünktli munter im Kreis. Minuten später die Meldung «Automatische Reparatur konnte Ihren PC nicht reparieren». Logisch, ist ja nichts kaputt. Dann: «Klicken Sie auf ‹Erweiterte Optionen›, um weitere Reparaturoptionen für Ihren PC auszuprobieren oder auf ‹Herunterfahren›, um den PC auszuschalten. Protokolldatei: C:/WINDOWS/System32/logfiles/Srt/SrtTrail.txt».

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Langsam, aber sicher beschleicht mich ein leiser Anflug von Panik.
Ich versuche es nonstop mit Runter- und Hochfahren. Immer mit dem gleichen Resultat. J’ai fait mes jeux, rien ne va plus. An Schlaf ist nicht zu denken, nur der ständige Blick auf die Uhr, verbunden mit der Hoffnung, dass es bald 9 Uhr wird, damit ich mit dem Laptop zu «MElectronics» nach Sierre fahren kann, zu Filialleiter Casimir Sigueiredo, der mir schon einmal mit einem Kabel weiterhelfen konnte (die Dinger sehen für mich alle gleich aus). Um 9.01 Uhr drückt er die On-Taste, um 30 Sekunden später festzustellen, dass er nicht helfen kann. Diagnose: Festplatte hinüber. Jetzt die offene Panik. Wer schafft das Wunder? Er nennt mir einen Shop beim Bahnhof Sierre. «Herr Kalbermatten ist ein Profi, durch und durch. Wenn einer helfen kann, dann er.»

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Um 9.15 Uhr stehe ich vor dem Laden, der aber erst um 10 Uhr öffnet. Ein Angestellter ist zu sehen, ich frage höflich, ob ich eventuell… Nach einigen Worten en français stehe ich im Laden, frage nach Herrn Kalbermatten. Er steht vor mir, merkt nach wenigen Sekunden, dass ich eigentlich Deutsch spreche (dabei bin ich überzuegt, dass mein Französisch akzentfrei ist). Er bittet mich nach hinten, in sein Atelier, wo es von Elektronik nur so wimmelt, als wäre es der Kommandoraum einer Weltraumbehörde.

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Ich erkläre ihm, dass ich im Internet unter «ACER startet nicht» nachgeschaut hätte, dort wäre empfohlen worden, den Akku rauszunehmen und einzustecken, das helfe manchmal, ich hätte aber keinen gefunden. «Können Sie auch nicht, den kann man hier nicht rausnehmen.» Aha. Sein Fazit, nachdem er die Festplatte mehreren Tests unterzogen hat. Totalschaden, obwohl erst fünf Jahre alt. Ob ich wenigstens eine externe Festplatte hätte, auf der meine Daten abgespeichert wären. Habe ich. In Wohlen. Vor knapp drei Wochen letztmals gefüttert. Immerhin. Ich subito ins Bärnbiet, um vier Stunden später wieder im Laden zu stehen. Leif Kalbermatten hat inzwischen eine neue Festplatte eingesteckt und beginnt jetzt dieses und jenes zu übertragen und/oder zu laden. Er tut, was er kann, und das ist wirklich eine ganze Menge (Merci!). Dennoch: Vieles ist verloren, wenn auch nichts Überlebenswichtiges. Für ihn ist gegen 15 Uhr die Arbeit erledigt, eine prima Büetz, für mich beginnt zuhause der eigentliche Horror. Alles ist ein bisschen sehr anders als gewohnt. Verschiedentlich sollte ich ein Passwort eingeben. Ja, welches denn? Und auch alle eigentlich gespeicherten Mail­adressen muss ich wieder neu abspeichern. Party!

Thomas Bornhauser

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