«Wenn nicht wir, wer dann?»

«Wenn nicht wir, wer dann?»

1942 wurde der Gemeinnützige Frauenverein Kehrsatz gegründet. Auch acht Jahrzehnte später setzen sich Vorstand und Mitglieder des Vereins für ein soziales Miteinander zwischen Geschlechtern, Kulturen und Generationen ein. Keine leichte Aufgabe.

Der Blick auf das Tal ist idyllisch. In langen, terrassierten Beeten wachsen, wuchern und reifen Tomaten, Peperoni und Zucchetti. Dieser verschlafene Gemüsegarten findet sich direkt neben dem Ökumenischen Zentrum Kehrsatz. Allerdings trügt der Eindruck. Immer wieder wird der Garten ein Ort der Begegnung. Frauen mit unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Hintergründen treffen sich hier, um gemeinsam Gemüse zu ziehen, zu pflegen und zu plaudern. Das interkulturelle Gartenprojekt läuft seit zwei Jahren, Frauen aus sechs verschiedenen Herkunftsländern nehmen daran teil. «Mir ging es um die Durchmischung zwischen Generationen und Kulturen», erklärt Gitta Bellmann. Zusammen mit Edina Hegedüs hat sie das Projekt ins Leben gerufen mit dem Ziel, Frauen zusammenzubringen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, innerhalb des Dorfes Anschluss zu finden.


Berührende Einzelbegegnungen

Gitta Bellmann und Edina Hegedüs sind beide im Vorstand des Frauenvereins Kehrsatz. Zusammen mit Irene Menzel, Elsbeth Moser, Karin Gampp und Margret Wyssbrod organisieren sie Kurse, Zusammenkünfte, Jubiläumsbesuche, Ausflüge und Kuchenverkäufe, um Spendengelder für soziale Projekte zu sammeln. Seit acht Jahrzehnten kümmern sich Frauen wie sie um das Gemeinwohl und für den sozialen Anschluss von Menschen, die sonst allein sind und von der Gesellschaft nur am Rande wahrgenommen werden. Was der Frauenverein in den achtzig Jahren seit der Gründung geleistet habe und nach wie vor leiste, sei oft nicht sichtbar, sondern finde im Hintergrund statt, sind sich die sechs Damen des Vorstandes einig. Wie etwa die Hausbesuche im Advent: Alle Frauen über 90 und alle Mitglieder des Frauenvereins über 80 erhalten vom Frauenverein Besuch. Das sind im Jahr schnell mal über achtzig Besuche, die organisiert sein wollen und für die sich der Vorstand sehr bewusst Zeit nimmt. «Die meisten Leute haben grosse Freude, wenn man sich eine Stunde Zeit nimmt», erzählt Elsbeth Moser. Manchmal sei ein Tennismatch im TV wichtiger als der Besuch, manchmal komme man ohne ein Schnäpschen nicht mehr weg. Doch genau diese kleinen Momente sind es, die motivieren, wie Karin Gampp erzählt: «Es sind diese Einzelbegegnungen, die motivieren, weil man sieht, dass unsere Arbeit ankommt und Freude macht.»


Punktuelle Unterstützung klappt

Das Wissen darum, dass sie sich für eine gute Sache einsetzen, ist grosse Motivation für die sechs anpackenden Frauen. Margret Wyssbrod und Irene Menzel sind genau aus diesem Grund im Vorstand – und weil sie ihre Aufgaben gerne und gut machen. Edina Hegedüs ist die Jüngste im Vorstand und seit zwei Jahren beim Mitdenken und Mitgestalten dabei. «Ich finde es wichtig, dass auch jemand mit Migrationshintergrund im Team ist, gerade weil viele Frauen nicht dabei sein wollen aus Angst, die Sprache nicht zu können», erklärt sie ihr Engagement für den Frauenverein, gemeinsam könne viel erreich werden. «Wenn wir das der Gemeinde überlassen, dann läuft vieles nicht mehr, es wäre nicht finanzierbar», ist Karin Gampp überzeugt, «wenn der Frauenverein auseinanderfällt, fehlt ganz vieles für die älteren Menschen.» Der Frauenverein, so das Credo, sollte natürlich in zehn Jahren das nächste Jubiläum feiern können. Trotzdem schleichen sich auch Zweifel und Sorgen ein. Was, wenn es nicht klappt mit dem Nachwuchs? Es gehe allen Vereinen ähnlich, Verpflichtungen wolle fast niemand eingehen. Dies, so der Vorstand, weil neben der Arbeit wenig Zeit bleibt für ehrenamtliches Engagement und nach der Pensionierung erst einmal eigene Träume und Projekte umgesetzt werden. Punktuell werde aber immer gerne unterstützt. Zum Glück, denn: «Wenn nicht wir, wer dann?»


Neue Projekte

Mit dem interkulturellen Garten, den Aquafit-Kursen unter Leitung von Anita Weyermann, den Vollmondtreffs für Frauen und allerlei Kursen und Ausflügen hat der Frauenverein mit-
tlerweile aber ein sehr attraktives und sichtbares Programm auf die Beine gestellt. Gerade die Vollmondtreffs bieten zudem die Möglichkeit, mitzugestalten und selbst Ideen einzubringen. Vom gemeinsamen Besuch am Buskers, über Kinobesuch, Malkurse oder Glühwürmchensuche ist alles möglich. Diese Offenheit punkto Programm kommt bislang auch gut an – die Verbindlichkeit ist tief, man kann je nach Interesse und Zeit teilnehmen und sich einbringen. Dennoch hält sich das Vorurteil hartnäckig, dass sich im Frauenverein nur alte Menschen engagieren. Dieses Problem ist dem Vorstand sehr bewusst. «Wir können nur weiterbestehen, wenn wir junge Frauen ansprechen», so Gitta Bellmann, «dazu müssen wir auch neue Wege gehen.» 

INFO:

www.frauenverein-kehrsatz.ch

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