Später wird Cordelia Hagi sagen, dass sie eigentlich kein Zeitgefühl habe. Den Zeitpunkt für ihren Auftritt im Zelt auf dem Schloss-Areal hat sie sich jedoch sehr wohl gemerkt. Sie ist bereit, bevor die ersten Gäste zum lauschigen Apéro unter freiem Himmel eintreffen. So kann Daniel Hauert, der Leiter der Bank Gantrisch, die wiederum sehr zahlreichen Gäste pünktlich begrüssen. Er tut dies wohltuend kurz und weist auf das Ziel des Anlasses hin, nämlich die Kontakte zwischen Behörden, Politik und Gewerbe zu fördern. Den hohen Anteil Frauen unter dem Publikum führt er auf die inspirierende Wirkung der Gastreferentin zurück.
Dann wird es pink
«Es ist immer sehr schwierig, über sich selbst zu reden», sagt Cordelia Hagi als erstes. Also beginnt sie ihre Ausführungen mit dem, wonach sie ständig gefragt wird, eben mit ihrem Markenzeichen, der Farbe Pink. Obwohl sie ihre «Pink-Erfahrung» bereits in ihrer Jugend hatte, sei ihr Weg bis zum 30. Altersjahr ein üblicher gewesen. «Alles normal: Heirat, gemeinsame Wohnung mit dem Ehemann, Porsche.» Ihre frühe Begegnung mit Pink liess sie nicht los, sie hat die Farbe analysiert und kommt zu dem Schluss: «Pink ist im Ursprung eine Farbe der Macht.» Cordelia Hagi muss gewusst haben, dass diese Feststellung Erstaunen auslöst, also lässt sie Bilder sprechen: Jesus als Baby, Könige, Bischöfe. Alle in purpurrote Tücher oder Roben gehüllt. «Eine Männerfarbe also», leitet sie daraus ab, «obwohl Männer mit mir am meisten Mühe haben. Für mich ist die Farbe ein Lebenselixier, sie dient mir zur Entspannung und zur Kreativität.» Das passt denn auch gut in unsere Wahrnehmung, denn wir verbinden Rosarot gerne mit Begriffen wie Sanftheit, Zärtlichkeit, Schwärmerei und Optimismus.
Querdenken: Beruf und Berufung
Cordelia Hagi durchlebte nicht nur rosige Zeiten. Dazu gehört ihre Schulzeit. «Diese war nicht schön, aber prägend. Ich schaffte den Sprung in die Sekundarschule nicht. Vor dem Übertritt war ich oft krank und die Lehrerin verstand mein Denken in Farben verständlicherweise nicht.» Sie habe zwar versucht mitzurechnen, jedoch im Wissen, dass sie nicht auf das Resultat kommen wird. Sie absolvierte eine Lehre als Reprofotografin und trat später in die Firma ihres Vaters ein. «In der Dunkelkammer der Druckerei war alles schwarz-weiss. Umso mehr entwickelte sich mein Farbempfinden. Diese Kombination hat mir Spass gemacht und meine Kreativität gefördert.» Parallel dazu besuchte Cordelia Hagi die Kunstgewerbeschule und stellte fest, dass es einen wesentlichen Unterschied zur Volksschule gab. «Hier gehörte ich zu den Klassenbesten.» Nach der jahrelangen Führung des Betriebes übernahm sie diesen. Und stand kurz darauf vor einem Burnout. «Das wäre passiert», ist sie überzeugt, «also habe ich entgegen allen Empfehlungen die Druckerei ausgelagert und die Kommunikationsagentur pink elefant gegründet. Ohne Busi-
nessplan, dafür mit der Überzeugung, dass dies der richtige Schritt war.»
Sich selbst verkaufen
Es war die richtige Entscheidung. Cordelia Hagi: «Meine Beratungstätigkeit war schon vorher sehr hoch. Allerdings konnte ich von nun an nicht mehr Produkte verkaufen, ich musste mich selbst vermarkten.» Heute berät sie Unternehmen verschiedenster Ausrichtungen. Passen die Lösungsansätze einer Querdenkerin beispielsweise zum CEO einer Bank? «Die meisten Unternehmensleiter schätzen kreative Ansätze. Ich biete keine fertigen Lösungen, diese sollen die Kunden erarbeiten. Durch den Einbezug der Mitarbeitenden entsteht ein Wir-Gefühl und damit sehr viel Kreativität. Es entwickeln sich Synergien und die Angst vor Veränderungen wird abgebaut.»
Erfolg, so die erfolgreiche Unternehmerin, sei in erster Linie eine Herzensangelegenheit. Die Kontrolle über den wirtschaft-
lichen Erfolg ihrer Firma macht sie selbst: Die Soll-Spalte ihrer Buchhaltung ist in Gelb, die Haben-Spalte in violett. «Das ist doch praktisch für den Treuhänder, oder etwa nicht?»