Dies verriet Extremschwimmer und Wasserbotschafter Ernst Bromeis. Der Bündner Ehrengast vergleicht seine Projekte mit jenen, die in den Kategorien «Ökologie», «Gesellschaft» und «Kultur» für den Innovationspreis 2022 nominiert sind. «Viele haben gute Ideen, wenige den Mut, sie zu wagen», sagt er. Die neun Nominierten aber «schaffen einen Mehrwert für die ganze Region», meint Jürg Lüthi, Präsident der «Wirtschaftsvision Gantrisch», eingangs der Veranstaltung. Zusammen mit dem «Naturpark Gantrisch» organisieren die beiden Vereinigungen den Anlass. Dass sie diesen auch gemeinsam moderieren, verlieh dem Ganzen fast ein wenig den Anschein, man sei an den «Swiss Sports Awards». «Wir bringen Ideen zusammen und vernetzen diese», meint Katharina Conradin als Co-Moderatorin. Das gilt sowohl für all das, was der «Naturpark» für die Region tut, als auch für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsvision und diesem Anlass.
Ökologie
Die mobile Käserei Nünenenalp fährt mit einer ganzen Käserei in einem Container vor. Hochwertige Alpenmilch kann vor Ort direkt verarbeitet werden. So haben sich die Älplerin Sarah Gross und ihr Team die Nominierung verdient. Eine regionale und nachhaltige Suppe, die noch dazu mit dem Gemüse verarbeitet wird, das ansonsten auf dem Abfallberg landen würde, das ist die «Stärnesuppe» vom Hof Haldemann in Gurzelen. Doch die Familie bietet noch vieles mehr, wie etwa selbstgemachte Teigwaren. Klar, dass der innovative Hof die Nominierung verdient hat. Zum Sieger in der Kategorie Ökologie aber erkor die Jury den «Permakultur Acker Horbermatt» aus Oberbalm. Die Familie Ramser bepflanzt nicht nur die Äcker, sondern auf demselben Boden auch Sträucher, Obstbäume und Beeren. Sie erhöhen die Bodenfruchtbarkeit, die Biodiversität und sind für ihre Resultate gar in den Fokus der Forschung geraten.
Gesellschaft
Die grösste «Schüür» des Kantons Bern steht in Kirchdorf. Das historische Gebäude soll nicht nur erhalten, sondern auch belebt werden. Das geschieht, indem die 45 Meter lange und 18 Meter hohe Scheune als «visionäre Utopie» mit ‹Tiny Homes›, Begegnungszonen und Gästebereichen zu einem Mix aus dem grössten Gebäude mit den kleinsten Hauseinheiten nachhaltig verschmelzen soll. Die Menschen rund um das Projekt haben sich die Nominierung verdient, damit daraus mehr als nur eine Utopie entsteht. In Zeiten wie diesen ist das Bewusstsein für Menschen, die in Kriegsgebieten leben, präsenter denn je. Doch schon seit Langem bauen Oliver Schneitter und sein Team zusammen mit Jugendlichen aus verschiedenen Konfliktgebieten Trockensteinmauern. Zusehends im Gantrischgebiet unter dem Patronat der Stiftung Urgestein. «Building walls, breaking walls (Mauern bauen, Mauern einreissen)», das friedvolle Vorhaben verdient seine Nominierung. Sieger der Kategorie Gesellschaft darf sich zukünftig der Verein Altersnetzwerk Region Gantrisch nennen. Über zehn Gemeinden im Gebiet spannen zusammen, damit ältere Menschen möglichst lange und selbstbestimmt zuhause leben können. Der Verein wird zum Netzwerkbauer, zur Anlauf- und Auskunftstelle für alle Unterstützungsangebote. Ein Vorhaben in einer Grössenordnung, die schweizweite Beachtung findet.
Kultur
Seile herstellen aus den Pflanzen, die vor Ort wachsen. Das macht der «Seiliacher» aus Kirchenthurnen. Eigentlich tat er das früher auch schon. Eine alte Tradition mit Verwendung lokaler Ressourcen ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Eine würdige Nominierung für ein Projekt, das längst nicht nur Kultur bietet. Das Vreneli-Museum in Guggisberg mag ein kleines Gebäude sein, dafür von grossem kulturellem Wert. Umso mehr, als dass es ausgebaut wird, damit die wertvollen Sammlungen und Zeitzeugen im Rahmen des ganzen Vreneli-Dorfes zum Zentrum der legendären Geschichte werden. Eine Nominierung für ein Erbe von nationaler Bedeutung. Sieger in der Kategorie Kultur wird der Kulturverein Klostersommer Rüeggisberg mit dem geplanten Freilichttheater «DER NAME DER ROSE». Ein Stück Weltliteratur, das nicht nur auf berndeutsch übersetzt wurde, sondern historisch in die Klosterruine integriert wird. Eine Premiere mit Ausstrahlung weit über den Längenberg hinaus, ein «Leuchtturm-Projekt», wie es Jurymitglied Markus Sohn bezeichnet.
Der «Innovationspreis 2022» hat seine drei neuen Preisträger. «Sieger sind aber alle, alleine dadurch, was sie für die Region machen», fasst Lüthi zusammen. Vielleicht ist eben nicht nur die Klosterrunie in Rüeggisberg ein Kraftort, sondern das ganze Gebiet. Es verleiht – getreu Bromeis – Mut für Wagnis, Scheitern und Vertrauen oder ganz einfach «den Mut zu leben, statt das Leben nur zu verwalten.» Worte, denen er am Klavier noch einige Takte hinzufügt, damit sie im Herzen ankommen. Im Herzen des Gantrischgebiets.