«Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde» lautet ein altes Sprichwort. Im Takt der trommelnden Hufe schnaubt der Mustang durch die aufgeblähten Nüstern, die Mähne weht wild und trotzdem harmonisch, der Galopp kommt einem Flug über die Landschaft gleich. Alleine das Wort Mustang verpflichtet. Ein Auto mit diesem Signet muss das Zeug zur Legende haben. Dem Bezinvorgänger des neuen Mustang Mach-E Extended ist das zweifelsfrei gelungen. Mit dem uns von der Garage Neuhaus in Plaffeien und Tafers zur Verfügung gestellten Testfahrzeug soll die Frage beantwortet werden, ob das auch mit der rein elektrischen Version gelingt, oder anders gesagt: ohne dass der neue Mustang schnaubt.
Von zahm bis temperamentvoll
Legenden entstehen bekanntlich, wenn nicht alles der Norm entspricht, wenn man sich getraut, anders zu sein. Der Mustang muss quasi aus dem Gatter ausbrechen. Doch man sieht ihm schon in der Box in Plaffeien an, dass er das könnte. Dieselben Lichtschienen im Heck wie sein Benzin-Vorgänger, ein Design, das keinen Zweifel daran lässt, dass seine liebste Gangart der Galopp ist. Leicht erhöht kombiniert der Mach-E geschickt die Vorteile von SUV, Sportwagen und Limousine zu einem Gesamtbild. Kofferräume vorne und hinten entsprechen ebenfalls nicht der Norm. Auf- beziehungsweise einsteigen. Der hochkantige Bildschirm erinnert an Tesla, doch die satten Sitze und das wohnliche Interieur begleiten die Technik erneut in Richtung Andersartigkeit. Bevor das Cowgirl oder der Cowboy das Lenkrad in die Hand nimmt und die Sporen gibt, entscheidet man sich ob der Fahrstil «zahm», «aktiv» oder «temperamentvoll» sein soll. Für die Testfahrt bricht der Mustang «Temperamentvoll» aus dem Gatter in Plaffeien und galoppiert auf leisen Sohlen Richtung Alterswil.
Genügsam und sparsam
Der Verbrauch wird bei den Elektroautos in Kilowattstunde (kWh) pro 100 km angezeigt. Trotz temperamentvollen Pneus bleibt der Mustang die ganze Testfahrt über unter den Werksangaben und pendelt sich bei 19 kWh ein. Mustang sind als Wild- oder vielleicht etwas genauer verwilderte Pferde der nordamerikanischen Prärie vor allem eines: genügsam. Von Plaffeien nach Alterswil über Obermonten Richtung Chromen und wieder zurück zur Garage Neuhaus verbraucht der Mach-E gerade mal 3 %, trotz Radio und Klimaanlage. Eine potentielle Legende braucht auch einen speziellen Ort, um zu posieren, und nicht nur irgendeinen Strauch im Hintergrund. «Caesers Peak» heisst der Pferdepensionsstall der Familie Fasel, der hoch über den sanften Senslerhügeln thront. Der Mustang integriert sich dank seiner leisen Ankunft direkt in die Herde und darf inmitten der Pferde posieren, wie es sich für ein Herdentier gebührt.
Ausdauernd und kraftvoll
Die Hauptattraktion des 340-PS-starken Gefährts ist seine Ausdauer: 600 km galoppiert die Version mit maximaler Batteriestärke. Ein einsamer Spitzenwert, der an den Mustang «Hidalgo» erinnert, welcher aus Amerika in die Sahara geschifft wurde, um anschliessend das Distanzrennen durch die Wüste gegen die Araberpferde zu gewinnen. Die Testversion verfügt über 301 PS und beschleunigt unter 6 Sekunden auf 100 km/h. Ausdauer und Kraft wie ein echtes Präriepferd.
Legenden müssen nicht überteuert sein, nur anders oder eben legendär. Die uns zur Verfügung gestellte Testversion gibt es ab 56’300 Franken. Dafür erhält man ein Auto, das von Natur aus wild sein kann, aber jederzeit auch zahm, ausdauernd und genügsam. Die Legende lebt weiter, denn Mustang Mach-E fahren ist wie reiten, nur schöner.