Wenn Eltern wollen, dass Ihr Kind schwimmen lernt, schicken sie es in den Schwimmkurs oder üben mit dem Nachwuchs. Durch Zuschauen vom Beckenrand aus lernt es nicht schwimmen, das ist den Erwachsenen klar.
Genauso verhält es sich beim Umgang mit Geld: Er muss ebenfalls gelernt werden, und zwar in einem «Übungsfeld». Doch oft tabuisieren wir Erwachsenen den Umgang mit Geld. Wir verraten nicht, was wir verdienen, und wir erklären den Kindern kaum, wie wir beim Sparen vorgehen. Und plötzlich haben sie ihre Lehrstelle und den eigenen Lohn – und jetzt? Dann ärgern wir uns, dass sie verantwortungslos mit Geld umgehen oder die Kontrolle über ihre Ausgaben verlieren.
Der Sprung ins kalte Geldbecken
Das Modell Jugendlohn® des Vereins Jugendlohn will Jugendliche im Umgang mit Finanzen zu stärken. Das Prinzip ist einfach und vergleichbar mit dem Sprung ins Wasser, um schwimmen zu lernen: Jugendliche erhalten von den Eltern einen fixen monatlichen Betrag, mit dem sie einen Teil ihrer Lebenskosten selber verwalten und so im geschützten Rahmen den Umgang mit Geld trainieren. Es geht dabei um mehr als nur um Taschengeld, mit dem das Kind sich kleinere materielle Wünsche erfüllen kann.
Jugendliche einführen
Die Idee ist, dass die Eltern die notwendigen Lebenskosten des Jugendlichen und seine Verantwortung dafür mit dem Teenager regeln. Man überschlägt vorerst, wie viel Geld für Kleidung, Freizeit, Handy, ÖV etc. ausgegeben werden darf. Man kann sanft starten und nur Bereiche davon in den Jugendlohn hineinnehmen und schauen, wie es klappt. Ein Vertrag, in dem die einzelnen Lebenskosten aufgeführt sind, kann als Gesprächsgrundlage dienen und Rahmenbedingungen schaffen.
Der Jugendlohn beinhaltet Kosten, die von der Familie ohnehin getragen werden. Dieser Betrag variiert je nach Lebensstandard der Familie und dem verfügbaren Familienbudget und eignet sich deshalb für alle Familien. Wenn man sich auf einen monatlichen Betrag geeinigt hat, kann es losgehen: Zu Beginn des Monats zahlen die Eltern einen abgemachten Betrag an die Jugendlichen aus, mit dem sie sich durch den Monat wirtschaften.
Scheitern erlaubt
Als wir den Jugendlohn bei unserer Tochter einführten, startete diese topmotiviert – und kehrte schon nach dem ersten Einkauf ernüchtert heim: «Mama, ich wusste gar nicht, wie teuer mein Lieblingsshampoo ist. Ich muss da grad mal einen Preisvergleich starten.» Ebenfalls kam es vor, dass am Ende des Geldes noch Monat übrig war. Deswegen ist grad zu Beginn eine sorgfältige Begleitung wichtig, die auch das Scheitern nicht ausschliesst: So konnte halt der mit der Freundin geplante Kinobesuch erst zwei Wochen später stattfinden, weil der Betrag für «Freizeit» in der Euphorie der Selbstverwaltung bereits Mitte Monat ausgegeben war. Solche Erfahrungen sind wichtige Lernerfahrungen beim Aufbau von Finanzkompetenz und Eigenverantwortung.
Das Jonglieren innerhalb der definierten Budgetposten kann auch Spass machen: Gelingt es dem Sohn, beim Budgetposten «Sport» mehr einzusparen, weil er dem Kollegen die intakten Turnschuhe abkaufte anstatt teure zu erstehen, kann der neue Schulrucksack bald schon angeschafft werden. Und damit nicht beim Besuch des Coiffeurs («Ich schneide ab jetzt selber») gespart wird, gibt es einen Vertrag, der Minimalregeln zu den Ausgaben festlegt. («Du gehst dreimal jährlich zum Friseur.»)
Tipps und Tricks
Der Verein ElternLehre bietet am 28. März 2023 eine kostenlose Veranstaltung mit der Schuldenberatung Bern und dem Chindernetz Kanton Bern an. Es wird gezeigt, wie Sie das Konzept Jugendlohn® konkret im Alltag umsetzen und welche elterlichen Strategien wichtig sind. Nebst Inputs und einer Begleitbroschüre erhalten Sie die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Eltern.
Eltern leisten mit der Einführung des Jugendlohns übrigens einen Beitrag zur gesunden Hirnentwicklung in der Pubertät. Gemäss Studien von Neurowissenschaftlern ist die Erarbeitung von Kompetenzen für die Gehirnentwicklung förderlich und soll dazu führen, dass Jugendliche weniger stark pubertieren…
Weitere Angebote des Vereins ElternLehre:
ElternKind-Café
Einmal pro Monat kreatives Gestalten und Spielen für Kinder von 0 bis ca. 5 Jahren und kostenlose Beratung für Eltern mit Fachpersonen.
Die nächsten Daten:
Coop Restaurant Köniz: Jeweils Freitag, 17. März, 28. April, 19. Mai
Impulsveranstaltungen im März
15. März, 20.15-21.45 Uhr: Zoom-Veranstaltung Kleinkind «Halt geben und Halt sagen»
21. März, 20.15-21.45 Uhr: Zoom-Veranstaltung Schulkind «Lernen ohne Drama»
23. März, 20.15-21.45 Uhr: Zoom-Veranstaltung Pubertät «Die Baustelle des Teenagers»
28. März, 19–21 Uhr: Veranstaltung zu Taschengeld/Jugendlohn im Kursraum Wankdorf
29. März, 19–21 Uhr: Aufwachsen in einer digitalen Welt, Feusi Bildungszentrum Bern