All für alle

All für alle

Mitte September wird das neue Observatorium auf dem Längenberg eröffnet. Das grösste öffentlich zugängliche Teleskop der Schweiz – womöglich gar Europas – wird vielen Besuchenden einen faszinierenden Blick ins Weltall ermöglichen.

Der Blick nach oben fasziniert die Menschheit seit jeher. Hinter den leuchtenden Punkten am Firmament tun sich nicht nur Welten auf, sondern auch ein endlos weites Universum. Sehen können es nur wenige, denn ein potentes Teleskop hat man nicht einfach so auf dem Balkon stehen. 

Grösstes Teleskop der Schweiz

Anfang August montierten Fachkräfte das grösste Teleskop der Schweiz auf dem Längenberg. In Niedermuhlern, zwischen Köniz und Riggisberg gelegen, gründete der Schweizer Teleskopietechnikpionier und Astronom Willy Schaerer 1951 die Sternwarte Uecht. In diesen Wochen wird nebenan das Space Eye fertiggestellt – ein von Star-Architekt Mario Botta entworfenes Observatorium mit einem der modernsten Planetarien, einem Ausstellungsbereich und einem Erlebnispfad. 

«Das Hindurchschauen durch ein Teleskop ist etwas ganz Besonderes, etwas Einmaliges», sagt Thomas Schildknecht. Der Astronomieprofessor hat diese Aussicht wohl häufiger erlebt als die meisten Lesenden. Dennoch fasziniert sie ihn immer noch: «Man sieht Objekte, von denen aus das Licht bis zu uns fast Millionen Jahre gebraucht hat.» Allerdings  hat der Blick durch ein solches Hightech-Beobachtungsgerät wenig zu tun mit den Hochglanzbildern von farbenfrohen Galaxien. Besonders bei weit entfernten Objekten wird das Bild erst mithilfe einer digitalen Kamera und einer Belichtungszeit von bis zu einer Minute farbig dargestellt. Von der Uecht bei Niedermuhlern aus können Forschende und Besuchende den Mond, Planeten oder Asteroide betrachten, aber auch Objekte ausserhalb unseres Sonnensystems, etwa Kugel-
sternhaufen oder Galaxien. 

Nahe Ferne

Das Space Eye legt grossen Wert auf die Vermittlung, darum auch das Besucherzentrum mit dem 8K-Planetarium. Demonstratorinnen und Demonstratoren werden die Besuchenden auch aufs Dach des der Form eines Auges nachempfundenen Turms führen. Dort dürfen sie mithilfe des mehr als eine Tonne schweren Teleskops in den Nachthimmel schauen und zum Beispiel Jupiter oder Saturn «aus der Nähe» betrachten. Der gebogene Quarzglas-Spiegel mit einem Durchmesser von 1.01 m
reflektiert dabei das Licht der Himmelskörper. Über weitere Spiegel wird dieses in das Okular geleitet, wo das Bild schlussendlich aufs Auge der Betrachtenden trifft. Der Blick durch das aktuell grösste und beste öffentliche Teleskop der Schweiz, vermutlich sogar Europas, soll das All für alle ein ganzes Stück erfahrbarer machen – zumindest bei klarem Himmel. Bei Schlechtwetter sowie tagsüber müssen die Angereisten mit Bildern im Planetarium vorliebnehmen. Auch das dürfte aber eindrücklich werden; denn auf der über den Köpfen angebrachten Projektionsfläche mit 10 m Durchmesser sehen die bis zu 80 Gäste sogar Echtzeit-Aufnahmen von Grossteleskopen aus anderen Weltgegenden. 

Spuren der Menschheit

Des Nachts, sobald im Besucherzentrum Ruhe eingekehrt ist, nutzen Forschende der Universität Bern die Geräte. Thomas Schildknecht forscht aktuell hauptsächlich im Bereich Weltraumschrott. «Die Menschheit hat es geschafft, auch das Weltall nachhaltig zu verschmutzen», sagt Eliane Dubois, Leiterin Bildung und Vermittlung im Space Eye, beim Darstellen der vielen tausend inaktiven Satelliten, die Tag und Nacht nutzlos um die Erde rasen. Dazu kommen unzählige kleinere und grössere Teile: abgerissene Teile von Satelliten, Isolationsmaterial oder Bruchstücke von explodierten Raketenoberstufen. «Wir verfolgen die entdeckten Teile über eine längere Zeit, um ihre Umlaufbahn zu bestimmen. So können Zusammenstösse mit neuen Satelliten oder Raumstationen hoffentlich verhindert werden», erklärt Astronom Schildknecht. 

Das Space Eye stellt der Universität Bern die Instrumente zu den Zeiten zur Verfügung, an denen keine Besuchenden vor Ort sind. Die Wissenschaftler wiederum geben Input ans Observatorium. Dies ist historisch so gewachsen und dem Stiftungsgründer des heutigen Space Eye, Dr. Willy Schaerer, zu verdanken. «Die Stiftung ist aber unabhängig von der Universität und betreibt selbst keine Forschung», präzisiert der Uniprofessor, der auch Vizepräsident der Stiftung ist. «Dies aber privat», betont er mit einem Schmunzeln. Für die Faszination Weltall gibt es bei ihm keinen Feierabend.

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