Anschluss für Aussengebiete

Anschluss für Aussengebiete

Selbst wenn eine Gemeinde über einen Bahnhof oder regelmässige Busverbindungen verfügt, bleiben oft vom öV abgeschnittene, dezentral gelegene Dorfteile. Zwei Gemeinden haben sich nun zusammengetan, um mit einem Pilotprojekt Abhilfe zu schaffen. Der erste mybuxi-Minibus soll schon in wenigen Wochen zirkulieren.

«Ohne Auto kommt man nicht mal bis ins Dorf.» Gemeindeschreiber Stefan Spicher beschreibt die Situation für diejenigen, die in einem Weiler ausserhalb von Ueberstorf wohnen. Einkäufe, Arztbesuche in Flamatt oder Heimkommen nach einem Kinoabend in Bern – ohne eigenes Auto ist das schwierig. Der letzte Bus fährt wochentags um 20.31 Uhr ab Flamatt, am Wochenende gar schon eine Stunde früher. So wurde Gemeindepräsident Hans Jörg Liechti hellhörig, als er von mybuxi hörte.

Bus-Taxi mit App

In bisher sechs Schweizer Regionen fahren die E-Minibusse des Berner Unternehmens. Per App können Reisewillige das «Bus-Taxi» – daher der Name «buxi» – zu virtuellen Haltepunkten bestellen. Möchten mehrere Fahrgäste gleichzeitig fahren, stellt die App eine kombinierte Route zusammen. mybuxi gilt nicht als öffentlicher Verkehr und muss kostendeckend arbeiten. Um die Preise tief zu halten, beteiligen sich Gemeinden an den Kosten, gefahren wird von ehrenamtlichen Chauffeuren. Ein System, das im Kanton Bern etwa in Herzogenbuchsee, im Emmental oder in der Region Belp funktioniert – in Freiburg bisher noch nirgends. «Wir waren interessiert, wussten aber auch, dass Ueberstorf alleine zu klein für einen Pilotversuch ist», sagt Spicher. Also fragte die Gemeinde Anfang 2024 ihre Nachbarn an, und bald zeigte Neuenegg mit seinen Aussengebieten Interesse. «Weitere Gemeinden möchten abwarten, wie unsere zweijährige Pilotphase läuft», so Spicher. Die Aussichten sind gut: Bisher wurden mit Ausnahme eines «Lockdown-Opfers» alle Pilotbetriebe weitergeführt.

«Wir wagen es zu zweit»

«Vor zwei Jahren reichten Bürgerinnen und Bürger eine Petition mit über 400 Unterschriften ein, die verlangte, die Aussengebiete an den öV anzuschliessen.» Deshalb sei die Anfrage aus Ueberstorf in Neuenegg auf offene Ohren gestossen, erzählt Gemeindeschreiber Marco Joder. Im September 2024 beschlossen die beiden Gemeinden, es zu zweit zu wagen. Eine Umfrage und zwei Infoveranstaltungen bestätigten den Bedarf, erste Fahrerinnen und Fahrer meldeten sich. Am 21. Mai dieses Jahres gaben die Gemeindeversammlungen grünes Licht. 250’000 Franken investieren beide Gemeinden für die zwei Jahre.

Von Verein getragen

Das Betreiben des Dienstes ist keine Gemeindeaufgabe. «mybuxi wird an allen Standorten von einem Verein, bestehend aus Einwohnerinnen und Einwohnern, betrieben», erklärt Joder. Diese Freiwilligen organisieren die Fahrerinnen und Fahrer und kümmern sich um das elektrisch betriebene Fahrzeug. 14 Fahrerinnen und Fahrer wären eine gute Anzahl für den Start, rund 10 haben bis Ende August Interesse bekundet. Von morgens zwischen 6 und 7 Uhr bis nachts um 00.45 Uhr kann der Minibus gebucht werden – es soll zum Beispiel sichergestellt werden, dass man ab der Moonliner-Haltestelle in Flamatt noch nach Hause kommt. Die Fahrgäste können sich in zwei Zonen bewegen: Ueberstorf und Neuenegg, jeweils inkl. Flamatt. Der Bahnhof Flamatt ist insbesondere für die Ueberstorfer wichtig, zudem ist der Ort mit der grösseren Coop-Filiale, mit den Arztpraxen und Apotheken für Bürger aus beiden Gemeinden im Alltag präsent. Geplant sind auch Haltepunkte am Bahnhof Rosshäusern oder in Laupen, zum Beispiel für Besuche im Betagtenzentrum oder beim Sozialdienst. Die Preise sind bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht festgelegt, dürften sich aber für eine Zone bei rund 10 Franken bewegen, für zwei Zonen bei 12. Gestartet wird, vermutlich ab Anfang November, mit etwa 100 Haltepunkten, weitere können als Wunsch eingegeben werden.

Am 17. September wurde der Verein mybuxi Sense offiziell gegründet. Der Ueberstorfer Gemeindepräsident, Hans Jörg Liechti, kommentiert: «Es freut mich, dass mit der Gründung des Vereins ein weiterer Schritt gemacht ist. Nun hoffe ich, dass noch ein paar Fahrerinnen und Fahrer gefunden werden können.» Seine Amtskollegin  aus Neuenegg, Marlise Gerteis-Schwarz, pflichtet ihm bei: «Die Bevölkerung hat sich dafür ausgesprochen, nun probieren wir, es umzusetzen.» Ob der Versuch gelingt, hängt nun vor allem von der Anzahl der Fahrenden ab – und davon, ob die Bevölkerung den Minibus auch tatsächlich nutzt. Den Bus, der den Aussengebieten einen Anschluss ermöglicht.

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