«Auch die Bienen gehen fremd!»

«Auch die Bienen gehen fremd!»

Mitten im Köniztal steht das schmucke Häuschen von Rudolf Studer. Der 82-jährige passionierte Imker ist seit 34 Jahren Besitzer. Die Arbeit mit seinen 16 Bienenvölkern bringt ihn mit interessanten Abläufen und Entwicklungen der Natur in Verbindung.

«100 Jahre Bienenhaus Köniztal 1921 – 2021» steht auf dem gros­sen Banner, das Rudolf Studer am Zaun seiner Parzelle montiert hat. Damit will er die Passanten des Tals zwischen Gurten und Ulmizberg auf das Jubiläum, zugleich auch auf die Bedeutung der Bienen für die Natur und die Menschen sensibilisieren. 1921 baute Landwirt Rudolf Bieri das Häuschen an der Köniztalstras­se 101. Im Verlauf der Zeit gab es mehrere Besitzerwechsel, bis es Rudolf Studer im Mai 1987 erwarb. «Zuvor habe ich viele Jahre mit Freunden am Frienisberg ‹beielet›. Ich suchte dann ein Bienenhaus, das näher bei meinem Wohnort Niederscherli liegt.» Im Innern herrschten enge Platzverhältnisse und den stechfreudigen Bienen konnte man beim Arbeiten nicht genügend ausweichen, daher wurde ein Jahr später um vier Meter ausgebaut. Im Untergeschoss schleudert er das «Gold» der Bienen zu Honig, den er an Fritz Hänni in Gasel, an Marktfrauen in Bern und an Freunde verkauft.

Optimale Lage
«Das Bienenhaus liegt ideal. Die Benutzer der Köniztalstras­se werden von den Bienen nicht belästigt, da es rund 100 Meter gegen den Gurten versetzt ist. Im Köniztal wird praktisch keine Intensiv-Landwirtschaft betrieben. Es besteht aus Weiden und Wäldern. Diese Vegetation wirkt sich positiv auf die Honigqualität aus. Jedes Jahr bearbeitet Landwirt Samuel Hänni aus Niedermuhlern den Acker zur Köniztalstrasse ohne Dünger und Pestizide und besäht ihn mit Samen bienenfreundlicher Blumen. Die Bienen finden am nahe fliessenden Sulgenbach jederzeit die für sie unbedingt erforderliche Nässe. Weil das Bienenhaus im Talboden steht, fliegen sie leer auf den Gurten oder den Ulmizberg und ‹segeln schwer beladen› mit voller Honigblase zurück ins Tal. Dieser Effekt bringt in Bezug auf die Ernte viel», erklärt Studer. Die ideale Ausrichtung der Fluglöcher für die gelb-schwarzen Insekten ist Richtung Sonnenaufgang. Das Köniztal ist Ost-West ausgerichtet. Wenn kalte Winde von Kehrsatz nach Köniz fegen und direkt in die Fluglöcher blasen, halten Jalousien diese ab. Die Bienen müssen so durch die Schleuse den Kasten verlassen und betreten. Studer hat die Hausfront mit den 16 Stöcken liebevoll mit Blumensujets verziert. Für jedes Volk mit anderen Farben. Über den Kästen die Inschrift «Der Biene zum Heim – Dem Imker zur Freud.» Das macht das Bienenhaus zum Bijou.

Akribische Arbeit
Seine Bienenvölker, von denen grosse Völker bis zu 80’000 Bienen umfassen, hat Studer nummeriert und jedem Volk einen Namen gegeben wie «Tensor», «Haguhans», «Inertialsystem» oder «Argon 37». Akribisch führt er über jedes Bienenvolk Buch zu Geburt, Zucht und Ertrag. In Niederscherli hat der genaue Beobachter noch drei kleine Völker zur Zucht von Königinnen. In Lehrbüchern ist zu lesen, dass Bienen immer zum eigenen Volk zurückkehren. «Das stimmt so nicht», entgegnet Studer. In Versuchen hat er einigen Bienen seiner Völker den Thorax mit Farb­punkten versehen. Prompt fand er blau markierte Bienen unter dem «roten» Volk. «Die Bienen gehen also durchaus auch fremd und sei es nur, weil sie zu einem stärkeren Volk mit mehr Honig­ertrag gehören wollen.»

Beim Imkern verzichtet der Naturfreund auf Schutzanzug und Schleier. «Der Schleier behindert nur die Sicht», sagt er. Er setze lediglich einen hellen Strohhut auf und – obwohl Nichtraucher – pafft er mit einem «Stumpen» Rauch, dadurch schlage er die Bienen in die Flucht. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung merke er dem Summton der Insekten an, wenn sie zustechen wollen. Früher half ihm seine zwei Jahre ältere Ehefrau Barbara bei den Arbeiten im Bienenhaus und im kleinen Gemüsegarten. Das ist aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr möglich. Unterstützung erhält Studer jetzt von einem Teil seiner zwölf Enkelkinder, die dadurch einen ganz persönlichen und prägenden Naturkunde-Unterricht geniessen. Dazu kommt die Ruhe des Köniztales mit Vogelgezwitscher und dem vielstimmigen Summen der emsigen Bienen, was sehr entspannend wirkt und die Parzelle vollends in ein Kleinod verwandelt.

Daniel Bill

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