Bis dass der Zugbegleiter uns scheidet

Bis dass der Zugbegleiter uns scheidet

Es war eine Herausforderung für jenes BLS-Reisecenter, bei dem ich folgende Reise für vier Personen gebucht habe. Im Prinzip: drei Leute Bern HB-Pescara retour, eine Person erst ab Visp-Pescara aller-retour, weil von Bex her anreisend. Ein Kollege hatte ein GA, alle anderen Halbtax. Grund unserer – im wahrsten Sinne des Wortes – Schulreise: Wir vier haben eine ehemalige Klassenkameradin (Sek Hochfeld Bern, 1964/65) besucht, die seit Jahrzehnten in Pescara lebt. Vorab: Es war eine grossartige Woche.

Und eigentlich… Eigentlich müsste es ja ein Leichtes sein, vier zusammenreisenden Leuten ein Viererabteil zu reservieren. Tönte auf dem Ticket auch so (um Sie nicht zu langweilen, beschränke ich mich auf eine Teilstrecke, sonst ufert das aus). Wir hatten im SBB-Wagen 6 ab Bern die Plätze 72, 73, 74 und 75. Zwei Fensterplätze, zwei Gangplätze. Alles paletti? Mitnichten. Bire­weich. 2 Plätze fanden sich im einen Viererabteil, zwei weitere im anderen. Keine Ahnung, wie die SBB ihre Sitzplätze nummeriert, hier könnte höchstens Albert Einstein weiterhelfen. Aber nicht mal das ist sicher.

* * * *
Egal. Weil der Zug nach Milano brätschvoll ist, gibt es kein Entrinnen auf andere Plätze. Interessant auch: Für die Schweizer Strecke erhalten wir zwei Reservationstickets (3+1), auf italienischem Territorium geht das wunderbar mit einem einzigen Billett. Und das hat nichts mit Bex-Visp zu tun.

* * * *
In Mailand haben wir mehr als eine Stunde Aufenthalt, Zeit genug also, um ein erstes Birra zu geniessen. Das machen wir im erstbesten Ristorante gleich beim Bahnhof (wir haben schliesslich nicht vor, in der kurzen Zeit einen Stadtrundgang im Schnellschritt durch die Metropole zu absolvieren), wo es wundersamerweise noch viel Platz hat, und das kurz vor Mittag. Ich lotse Bea, Hans Georg und Rolf dorthin. Wir bestellen. Beim Bezahlen dann die Götterdämmerung wegen der Preise (stehen klar auf der Karte, haben wir jedoch nicht konsultiert). Ich fühle mich schuldig, begleiche deshalb die Rechnung. Dieses Intermezzo wird zum «running gag» unseres Aufenthaltes: «Bo, willst du nicht zuerst fragen, was das Bier kostet?» Haha, sehr lustig.

* * * *
Zurück in den Zug, nachdem beim Eingang unsere Covid-Zertifikate kontrolliert und für gültig befunden wurden. Auch in Richtung Pescara müssen wir in zwei Reihen auseinander sitzen, dieses Mal aber nicht einer komischen Nummerierung, sondern der Covid-Massnahmen wegen. Passt uns nun gar nicht, nicht zuletzt deshalb, weil der Wagen praktisch leer ist. Heisst also: Party! Das klappt so lange – ungefähr 15 Minuten – bis der Zugsbegleiter kommt und uns scheidet. Geht gar nicht, was wir hier aufführen. Zuerst eine nochmalige Kontrolle der Zertifikate, dann die Aufforderung, unsere zugeteilten Plätze einzunehmen. Widerstand zwecklos. Und auch die Masken gehören über die Nase gezogen, nicht darunter. Unterwegs erhalten wir von einem Mitarbeitenden zweimal Maske, Desinfektionsmittel und ein Gütterli Mineralwasser.

* * * *
Überhaupt: Die Vorschriften diesbezüglich erleben wir in/um Pescara als streng befolgt. Na ja, mehrheitlich… Ein Beispiel: Es ist nicht gestattet, mit mehr als drei Personen ein Auto zu besetzen, sofern nicht aus der gleichen Familie. Doch damit nicht genug: Der Beifahrersitz bleibt leer, die Masken oben. Mit Norma zu fünft unterwegs heisst: Zwei Autos, zwei Chauffeure, die Passagiere im Fond. Noblesse oblige mässig…

* * * *
Auf der Rückreise dann im Zug ein Tohuwabohu der allerersten Güte, wie man das von den Rimini-, Cattolica- und Senigallia-Zeiten her gewohnt war. Bella Italia! Der Wagen bis auf den letzten Platz besetzt, die Reisenden mit jeder Menge Gepäck, sodass ein Durchkommen für jenen Mitarbeiter, der Masken zu verteilen hat, zur Sisyphus-Arbeit verkommt (siehe Foto). Gli Svizzeri tragen ihren Teil dazu bei. Weil kein Platz mehr frei, ist die Covid-Abstandsregelung unserer Meinung nach ausser Kraft. Wir haben drei Plätze nebeneinander (oho!) und belegen den vierten, der eigentlich einem unbekannten Alleinreisenden gehört. Dieser ist mit dem Platztausch einverstanden (Grazie), löst aber einen Dominoeffekt aus, der glatt eine Viertelstunde andauert, bis alle sitzen, zumal offenbar auch andere Reisende wie wir Schweizer tauschen. Molto confusione. Ganz zum Schluss bahnt sich deswegen im vorderen Teil des Wagens eine Schlägerei an, für die wir aber nichts können, wirklich nicht. Eigentlich schade, bleibt es nur beim lauten verbalen Schlagabtausch. Das wäre sonst ein aussergewöhnlicher Abschluss gewesen. Henusode.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Bis dass der Zugbegleiter uns scheidet»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2