Die steilen Hänge der Region Guggisberg eignen sich vorwiegend zur Schafzucht. «Johnny», wie Christian Bonauer von seinen Freunden genannt wird, hat seinen Rohstoff in lebender Form praktisch vor seiner Haustüre. Das kommt seinem Credo der ökologischen und ökonomischen Gewinnung und Verarbeitung von Schafwolle sehr entgegen. Zusammen mit seiner Lebenspartnerin Rahel Sommer und den gemeinsamen Kindern Liam (4) und Kira (6) lebt er in einem Bauernhaus unmittelbar neben dem Keltenhaus, das sein mittlerweile verstorbener Schwiegervater, Markus Sommer, aufgebaut hat.
Der heute 38-jährige Bonauer lernte ursprünglich Bäcker/Konditor, hat aber nie auf dem Beruf gearbeitet. Er verdiente seinen Lebensunterhalt in verschiedenen Sparten, in der Lebensmittelbranche bei Kambly Trubschachen und Kentaur Lützelflüh, im Baugewerbe (beim Betonfräsen) und mit Schreinern.
Die Schafwolle entdeckt
Mit seinem Schwiegervater besuchte Christian Bonauer 2011 die Wollkarderei von Otto Brechbühl in Guggisberg. Der suchte eine Nachfolge für seinen Betrieb. In der Folge arbeitete Bonauer zwei Jahre bei Otto Brechbühl, dem Woll-Pionier der Schweiz, und erlernte die Materie der umweltverträglichen Verarbeitung der Schafwolle zu Duvets und Kissen. Geplant war, dass Christian Bonauer den Betrieb übernehmen sollte. Es gab aber nichts Schriftliches. «Als Otto Brechbühl ein halbes Jahr vor der geplanten Geschäftsübergabe unerwartet verstarb, wollten die Erben den Betrieb zum doppelten Preis veräussern. Das konnte und wollte ich nicht bezahlen», sagt Bonauer. So gründete er im Juli 2013 die «Gantrisch-Wollkarderei Bonauer». Unweit von Bonauers Firmendomizil gibt es noch die Wollverarbeitungsfirma «Naturwohl GmbH».
«Ich bin von Natur aus ein neugieriger Mensch», gibt der Jungunternehmer unumwunden preis. Er informiert sich über alle möglichen Kanäle akribisch zum Thema Schafwolle und deren Verarbeitung. Das Wichtigste für ihn ist, Schafwolle aus der Region anzubieten und dass die Restwolle, die beim Schafscheren anfällt, nicht im Abfall landet, sondern als wertvoller Langzeitdünger (Gemisch von Schafwolle und Algen) für Zimmerpflanzen, Garten, Sträucher und Bäume Verwendung findet. Alle Bettwaren der Gantrisch-Wollkarderei Bonauer sind zu 100% aus Gantrisch-Schafwolle hergestellt und werden in der Schweiz gewaschen und zu Bettwaren gesteppt. Das fördert die Schweizer Wollverarbeitung und hält die graue Energie niedrig. «Ich könnte die Wolle in Belgien günstiger waschen lassen. Dies entspräche aber nicht meiner ökologischen Grundhaltung», erklärt Bonauer.
Gute Eigenschaften
Schafwolle kann bis zu einem Drittel ihres Gewichtes Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Das ist ein grosser Vorteil gegenüber Bettwaren aus Daunen. «Federn müssen wasserabweisende Eigenschaften haben, sonst könnte das Federvieh ja nicht schwimmen», sagt Bonauer lakonisch. Schafwolle verfügt zudem über gute Isoliereigenschaften, sowohl gegen Kälte und Wärme, und eignet sich sehr gut als Dämmstoff beim Häuserbau. Christian Bonauer bietet Dämmbahnen und Dämmplatten für die Bauindustrie an. Allerdings müsse die Baubranche dafür noch stark sensibilisiert werden, weiss Bonauer. Die Wolle für die Isolation wird in Strengelbach (AG) gewaschen und mit Mottenschutz ausgerüstet. Dämmbahnen werden im Osttirol bei «Innervillgarter Natur» hergestellt, Dämmplatten bei der «Fiwo» in Amriswil (TG).
Zu wenig zum Leben
Von der Wolle leben kann er heute zu 60%. Zusätzlich arbeitet er in der Lagerarbeit und bei der Baumpflege auf Abruf. Lebenspartnerin Rahel ist von März bis Oktober als Teilzeit-Fährfrau beim Fährbetrieb Reichenbach bei Zollikofen im Einsatz. Zurzeit verarbeitet Bonauer zwölf Tonnen Schafwolle pro Jahr. Um hauptberuflich davon leben zu können, wären 20 Tonnen notwendig. «Reich wird man mit Schafwolle nicht. Mir ist wichtig, dass das Geschäft mit der Schafwolle in der Schweiz bleibt. Und ich habe noch Ideen. Eine davon ist die Anschaffung einer eigenen Kardmaschine», schliesst Christian Bonauer.
Vom 29. April bis 8. Mai hat Christian Bonauer an der BEA einen Stand (Halle 10/Stand A010). Während dieser Zeit tauscht er die Ruhe und Idylle vom Feli-
stutz mit dem hektischen Treiben in der Messehalle.