«Das erlebst du nur einmal im Leben»

«Das erlebst du nur einmal im Leben»

An den Schweizer Berufsmeisterschaften SwissSkills reüssierten auch viele junge Fachleute aus dem Verteilgebiet dieser Zeitung. Ein Spengler, ein Carrosseriespengler, zwei Polymechaniker, eine Fachfrau Betriebsunterhalt und ein Hufschmied standen sogar auf dem Podest.

An eindrücklichen Zahlen mangelt es bei den SwissSkills-Berufsmeisterschaften gewiss nicht. 1021 junge Fachkräfte massen sich auf dem Berner Expo-Gelände in 92 verschiedenen Berufen miteinander, im Wettkampf um die begehrten Podestplätze. Wiederum stiegen am meisten Bernerinnen und Berner diese Stufen hoch: 66 Medaillen räumten sie ab, deutlich vor St. Gallen mit deren 34 und Zürich mit 28. Auch wenn fairerweise erwähnt werden muss, dass gemessen an der Zahl ihrer Teilnehmenden Glarus und Nidwalden noch etwas besser abschnitten. Nichtsdestotrotz: Aus dem Verteilgebiet dieser Zeitung, das 18 Berner und 7 Freiburger Gemeinden umfasst, waren 17 Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger unter den Top 15, 6 von ihnen sicherten sich gar eine Medaille. Sie stellen wir hier vor.

Gold: Tino Zimmermann

Tino Zimmermann, Spengler, 1. Platz. | Foto: zvg/SwissSkills/Valérie Chételat

«Man hat vier Jahre lang viel investiert. An der Preisverleihung spürte ich: Es hat sich alles gelohnt. Das gibt mir einen gewissen Berufsstolz.» Der Spengler aus Oberbalm hat die vierjährige Lehre bei der Guggisberg Dachtechnik AG in Wabern diesen Sommer abgeschlossen. Als Fachmann für Blecharbeiten und Abdichtungen sorgt seine Arbeit dafür, dass Gebäude vor Wind und Wetter geschützt sind. «Mir gefällt, dass man sich kreativ einbringen kann, etwa bei unterschiedlichen Dacheindeckungen. Wir Spengler gelten als Künstler auf dem Bau», erzählt er. Tino Zimmermann wuchs auf einem Bauernhof auf und wusste schon früh, dass er dereinst «etwas mit den Händen» machen will. Er schnupperte als Metallbauer, als Sanitär, Hausabwart und Koch. Die Arbeit mit Metall gefiel ihm am besten. «Ich dachte, dass ich bei Guggisberg mit dem grossen Team sicher viel lernen kann.» So war es auch – er sei von Anfang an überall dabei gewesen. «Es hat wirklich viel Wissen da.» Die gute Abschlussnote (5,5) bestätigte das und öffnete ihm die Türe zu den SwissSkills. Motiviert vom Lehrmeister und dem Umfeld meldete er sich an. Während zwei vollen Tagen schuf er ein Modell, das nicht nur von den Zuschauenden gelobt wurde – «auch ich hatte ein gutes Gefühl». Umso grösser war die Freude über den 1. Platz. Nun arbeitet der Oberbalmer im Betrieb seines Cousins, bevor die RS ansteht. «Anschliessend will ich Berufserfahrung sammeln und dann schaue ich weiter.»

Gold: Gilles Glauser

Gilles Glauser, Carrosseriespengler, 1. Platz. | Foto: zvg/SwissSkills/Valérie Chételat

Autofahrende kennen es: So schnell ist es passiert, und ein Kratzer oder eine Beule «ziert» das liebgewordene Gefährt. Carrosseriespenglerinnen und -spengler können das (meist) wieder in Ordnung bringen. Gilles Glauser aus Neuenegg ist der schweizweit aktuell beste Lehrabgänger seines Fachs. «Ich habe schon immer gern ‹gspraydöselet›», erzählt er. So schnupperte er sowohl als Lackierer wie auch in seinem jetzigen Beruf. «Beim Spenglern habe ich mit verschiedenen Materialien zu tun, etwa Kunststoff, Aluminium, Blech» – dies habe den Ausschlag bei der Berufswahl gegeben. Während der vierjährigen Lehre bei der G&G AG in Niederwangen habe er schon früh gemerkt, dass er im Vergleich zu Klassengspändli mehr kann. «Im Team hat jeder andere Stärken, und alle zeigten mir ihr Können.» So auch Dominic Bartlome, SwissSkills-Schweizer Meister 2020 und Vize-Weltmeister 2022. Während der Pandemie nutzte Gilles Glauser Leerzeiten zum Üben, im 3. Lehrjahr gewann er die Berner Meisterschaften. Letztes Jahr schloss er die Lehre als Zweitbester des Kantons ab. Mitten während der RS qualifizierte er sich an der Regiomeisterschaft für die SwissSkills. Seit Mai übte er jeden Samstag in der Werkstatt, feilte an den Schweisseinstellungen und gewann an Routine beim Ausbeulen. An den Meisterschaften durfte er ausbeulen, Frontscheiben wechseln, das Fahrassistenzsystem kalibrieren oder eine Seitenwand ersetzen. «Ich hatte ein gutes Gefühl, dass es für mich unter die ersten Drei reicht.» Die drei Erstklassierten sind befreundet und waren schlussendlich alle drei zufrieden mit ihrem Rang. Nun geht es für Glauser um die Qualifikation für die WorldSkills 2026 in Shanghai. Er arbeitet derweil weiterhin bei G&G: «Für mich passt hier alles.»

Gold: Björn Ulrich
Silber: Rino Baeriswyl

Rino Baeriswyl und Björn Ulrich, Polymechaniker, 2. und 1. Rang. | Foto: zvg/SwissSkills/Stefan Wermuth

Gleich zwei Lernende der Schwarzenburger Firma Gilgen Door Systems standen an den SwissSkills auf dem Podest, zwei weitere wurden Fünfter bzw. Sechster. «Mir gefällt das Mechanische, etwas handwerklich herstellen zu können.» Björn Ulrich aus Rüschegg ist aktuell im vierten und letzten Lehrjahr als Polymechaniker – und bereits Schweizer Meister in seinem Beruf. «Als mich unser Ausbildner für die Vorausscheidung zu den SwissSkills anfragte, war ich sofort dabei», erzählt er. Ihm gefiel die persönliche Herausforderung. Da war er noch im 3. Lehrjahr. Gar ein Jahr darunter ist Rino Baeriswyl. Er qualifizierte sich im 2. Lehrjahr für die Teilnahme an den SwissSkills. Der Schmittener hatte ursprünglich sowohl als Elektroniker wie auch als Polymechaniker geschnuppert. «Der Maschinenbau, die Technik und das Handwerkliche gaben für mich den Ausschlag.» Fräsen, Drehen und Pneumatik kannten die beiden vor den SwissSkills bereits bestens. Für eine optimale Vorbereitung besuchten sie noch einen Elektrokurs, wobei Björn Ulrich über die Häflte davon verpasste: «Ich war noch in den Ferien.» An den Berufsmeisterschaften hatten sie zwei Tage Zeit, um die Maschinen kennenzulernen. Dann galt es ernst. Die Baugruppenteile erstellten und verkabelten sie während dreier Tage, am Samstag montierten sie diese zu einem Roboterarm. «Nur drei wurden überhaupt fertig, darunter wir zwei», erzählen sie. So war klar, dass sie mit einer besseren Platzierung rechnen können. Dennoch raste der Puls, als sie ihre Namen auf dem Bildschirm sahen und wussten, dass sie unter den ersten Drei sind. Die Goldmedaille für Björn Ulrich und Silber für Rino Baeriswyl sind eine Bestätigung ihrer sorgfältigen Arbeit. «Man kann stolz sein», sagen sie übereinstimmend. Der 19-jährige Ulrich schliesst nächsten Sommer die Ausbildung ab, kurz darauf geht es nach Shanghai an die WorldSkills. Nach der Winter-RS möchte er Berufserfahrung sammeln und den Horizont erweitern. Für Baeriswyl ist der Lehrabschluss noch ein Jahr weiter in der Zukunft. Der bald 17-Jährige kann sich vorstellen,  anschliessend Maschinentechnik zu studieren.

Silber: Nadja Weggeman

Nadja Weggeman, Fachfrau Betriebsunterhalt, 2. Rang. | Foto: zvg/SwissSkills/Bilderwerk Bern

Eine Gymnasiastin geht in den Ferien zum Geldverdienen Schulhausputzen – soweit nichts Ungewöhnliches. Auch, dass eine Maturandin noch nicht weiss, welches Studium sie wählt. So war es auch bei Nadja Weggeman – doch ihr Weg nimmt eine ungewöhnliche Wendung. Als sie nach der Maturfeier im Juli wieder Grundreinigungen in Könizer Schulhäusern macht, gibt ihr der Stiefvater einen Tipp – die Gemeinde habe eine freie Lehrstelle als Fachmann/Fachfrau Betriebsunterhalt im Schulhaus Hessgut. «Ich fand, warum nicht?» Nach einem Schnuppertag tritt sie einen Monat nach der Maturfeier die Lehrstelle an. «Mich fasziniert die Arbeit mit den Maschinen. Und ich staune immer wieder über den Unterschied eines grundgereinigten Bodens im Vergleich zu vorher.» Sie habe schon immer gewusst, dass sie mal einen Beruf brauche, in dem sie sich bewegen kann. Und «öppis chnuschte». Mit ihrem Vater habe sie schon als Kind viel mit der Laubsäge gearbeitet oder gehämmert, und der Werkunterricht lag und gefiel ihr. Durch ihre Mutter kam sie zum Ferienjob in der Schulhausreinigung. Trotz dieser Grundlage standen anfänglich Bedenken im Raum, ob die dank der Matur um ein Jahr verkürzte zweijährige Lehre stemmbar sei. Doch nach einigen Monaten seien die Zweifel verflogen. Bereits im 1. Lehrjahr stellten die Leitenden der Überbetrieblichen Kurse (ÜK) die Teilnahme an den SwissSkills in den Raum. An der Lehrabschlussfeier im Sommer 2024 folgte die definitive Einladung der Sektion Bern des Verbands. Die in Schliern aufgewachsene und heute in Gasel wohnhafte Frau hatte neben der Arbeit – sie konnte im Hessgut bleiben – kaum Zeit, um zusätzlich zu üben. «Ich sagte mir jedoch, dass ich die Meisterschaftstage möglichst ruhig angehen will.» So konzentrierte sie sich auf die über 20 Teilaufgaben, die zu einer simulierten Wohnungsgrundreinigung gehören. «Ich machte meine Aufgaben sehr gut, wurde aber nicht fertig.» Umso entspannter, weil ohne Erwartung, besuchte sie die Preisverleihung. «Als ich meinen Namen auf der Liste der drei Bestplatzierten sah, war das echt eine Überraschung und fast ein Schock.» Sogar mit der Medaille in der Hand habe sie kaum realisiert, was sie gerade geschafft hatte. Noch einmal würde sie sich das aufgrund der grossen Anspannung nicht mehr antun – es aber allen von Herzen empfehlen. «So etwas erlebst du nicht zweimal im Leben.»

Bronze: Lukas Blaser

Lukas Blaser, Hufschmied, 3. Rang, neben Bundesrat Guy Parmelin. | Foto: zvg/SwissSkills/Manu Friedrich

«Wir hatten immer Pferde und ich freute mich jedesmal, wenn der Schmied vorbeikam», erzählt Lukas Blaser. Der 25-Jährige aus Milken lernte zuerst Landwirt und hängte dann die Lehre zum Hufschmied an. Den Zustand von Hufen kontrollieren, Fehlstellungen erkennen, das Hufhorn ausschneiden und Hufeisen schmieden – die Arbeit ist oft direkt am Tier. Ihm gefällt der Umgang mit den Pferden und, dass man durch die Hausbesuche in der Region herumkommt. Der Leiter seines ÜK fragte ihn einen Tag vor dem Infotag für die SwissSkills an. An den Wettkampftagen lief es unterschiedlich gut: Mit einem war er zufrieden, die anderen erlebte er als harziger. Doch am Schluss, als er eine Zange schmieden musste, überwog das gute Gefühl. Als schliesslich sein Name aufgerufen wurde, bestätigte der 3. Rang die gute Arbeit. Lukas Blaser hat die vierjährige Lehre diesen Sommer abgeschlossen und arbeitet weiterhin bei Ulrich Wittwer in Wichtrach. «Ich möchte Erfahrung sammeln, und wer weiss, vielleicht mache ich mich eines Tages selbständig.»

 

 

Die Top 15 aus dem Verteilgebiet der Könizer Zeitung | Der Sensetaler – und ihre Ausbildungsbetriebe:

1. Rang
– Björn Ulrich, Rüschegg, Polymechaniker Automation, Gilgen Door Systems AG
– Gilles Glauser, Neuenegg, Carrosseriespengler, Carrosserie G&G AG
Tino Zimmermann, Oberbalm, Spengler, Guggisberg Dachtechnik

2. Rang
– Nadja Weggeman, Gasel, Fachfrau Betriebsunterhalt, Schulhaus Hessgut Liebefeld
– Rino Baeriswyl, Schmitten, Polymechaniker Automation, Gilgen Door Systems AG

3. Rang
– Lukas Blaser, Milken, Hufschmied, Ulrich Wittwer Hufschmiede

4. Rang
– Cora Brönnimann, Niedermuhlern, Carrosserielackiererin, Mercedes Benz AG
– Ronja Gurtner, Kehrsatz, Restaurant Service, Gasthof Schützen
– Elia Bürgisser, Alterswil, Fachmann Betriebsunterhalt, Werkhof Tafers

5. Rang
– Aron Oppliger, Riggisberg, Polymechaniker, Gilgen Door Systems AG
– Michelle Stoll, Schwarzenburg, Malerin, Malergeschäft Mischler
– Nadine Brönnimann, Niedermuhlern, Milchtechnologin, Mamihaus Käse AG

7. Rang
– Darina Carrel, Riggisberg, Fachfrau Betriebsunterhalt, Hausdienst, Burgergut
– Joshua Rolli, Riggisberg, Zimmermann, Hossmann
– Lynn Neuenschwander, Spiegel, Spenglerin, Ramseyer und Dilger AG

12. Rang
– Maria Carrel, Rechthalten, Coiffeuse, Schneider Hairstyle / Coiffeur Figaro

14. Rang
– Livia Haussener, Lanzenhäusern, Mediamatikerin, BKW

Die Könizer Zeitung | Der Sensetaler gratuliert allen SwissSkills-Teilnehmenden herzlich.

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