«Der Gurnigel ist ein Kraftort»

«Der Gurnigel ist ein Kraftort»

Sie liebten die Gäste und die Gäste liebten sie. Es entstanden viele freundschaftliche Beziehungen. Nun geht die Wirtetätigkeit von Anita und Ueli Thierstein nach 44 Jahren zu Ende. Die Ungewissheit über die Zukunft des Berghauses liegt den beiden schwer auf.

Gerne und mit viel Freude erinnern sich Anita und Ueli Thierstein an die Anfänge im Berghaus auf der Gurnigel-Passhöhe zurück. Dabei war der Start im Jahre 1973 alles andere als optimal. Aufgrund der Energiekrise wurden die autofreien Sonntage eingeführt. «Wir hatten das schönste Wetter und sassen auf dem Terrässli. Ausser der Militärwache war nirgends ein Mensch zu sehen. Und dies gleich nach unserem Beginn. Das tat weh», erinnern sich die beiden zurück.
Vor 44 Jahren wurden Armeebetriebe ausschliesslich an verheiratete Ehepaare verpachtet. Das hatte zur Folge, dass Anita Moser und Ueli Thierstein sehr jung heirateten und somit nur bescheidene finanzielle Mittel zur Verfügung hatten. Aber nichtsdestotrotz. Das junge Paar war innovativ und voller Tatendrang. Eine erfolgreiche Wirte-Karriere und vor allem auch ein harmonisches Familienleben nahmen ihren Anfang.

Verbundenheit in der Region
Von auswärts auf den Gurnigel gezogen, wurden aus den Fremden bald Einheimische. Ihre loyale, hilfsbereite und angenehme Art wurde von den Leuten geschätzt. Während acht Jahren war Ueli Thierstein Mitglied des Gemeinderates und seine Gattin engagierte sich in der Schulkommission in Rüti. Mit dem Bau ihres Eigenheims in Rüti, im Jahre 1984, zementierten Thiersteins ihre Verbundenheit. Für sie war auch immer wichtig, die Waren-
einkäufe vor Ort, das heisst in Rüti oder Riggisberg, zu tätigen. Auch wird mit den Betreibern der umliegenden Gastrobetriebe seit jeher ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Mit ihnen und auch den Leuten der Alpwirtschaft wurde – schon lange vor dem Naturpark – die Gantrischregion bekannt gemacht. Zahlreiche wichtige Punkte, die das Berghaus weiterbrachten.

Vom Hüttenwart verwöhnt
In den letzten drei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts war das Berghaus eine Hochburg des Militärs. Nebst den Armeeangehörigen gingen vor allem auch ranghohe Offiziere, ja sogar Bundesräte und ausländische Regierungen, im Restaurant ein und aus. «Es kam öfters vor, dass der ehemalige Bundesrat Rudolf Gnägi mit dem Armeeausbildungschef oder anderen Kadermitgliedern zum Jassen ins Berghaus kam. Es war auch Rudolf Gnägi als Bundesrat, der den ersten Pachtvertrag mit uns unterschrieben hat», illustrieren Anita und Ueli Thierstein.

Mit zahlreichen Offizieren und Soldaten wurden Freundschaften geschlossen, und mit vielen davon wird der Kontakt noch heute gepflegt. Armeeangehörige, die im Berghaus einquartiert waren, kamen später mit ihren Familien wieder auf den Gurnigel oder feierten hier ihre Familienfeste und logierten in der Truppenunterkunft. Das war für die Familienangehörigen der Wehrmänner dann jeweils sehr speziell. «Als ‹Hüttenwarte›, wie wir genannt wurden, betreuten und verwöhnten wir das Militär. Diese Wertschätzung wurde nach aussen getragen. Das war beste Werbung fürs Berghaus», so das scheidende Wirtepaar.

Es gab schwierige Phasen
Unschönes erlebten Anita und Ueli Thierstein mit Naturgewalten. Die Stürme Vivian und Lothar sowie das Unwetter im Sommer 1991 haben das Berghaus richtiggehend erschüttert. Für die eingeschlossenen Gäste wurde die Truppenunterkunft geöffnet. «Echt schwierig wurde es auch mit dem plötzlichen Ausbleiben des Militärs im Jahre 1995. Das brachte uns fast eine halbe Mio. Franken weniger Umsatz. Dank guten Beziehungen und Freunden konnten wir überleben», erzählen die 64- und der 66-Jährige nachdenklich. Mit Unterstützung der Gäste und der Angestellten fassten alle neuen Mut und sicherten die Existenz.

Intakte Familie als Kraftquelle
Kein Zweifel, diese Präsenzzeit und Verpflichtungen haben Substanz abverlangt. «Diese wunderbare Lage des Berghauses ist ein Kraftort. Daraus schöpfen wir Kraft. Ebenso von unseren Gästen, die sich bei uns geborgen fühlen, wurden wir getragen. Die vielen Rückmeldungen sind wie bei einem Star der Applaus», freut sich das beliebte Gastgeberpaar. Eine weitere Kraftquelle sei die intakte Familie. Zu den zwei Kindern Marco und Sandra sind mittlerweile fünf Grosskinder dazu gekommen. Und darauf sind die Grosseltern besonders stolz.

Im Wissen der immer noch ungewissen Zukunft des Berghauses, was sehr belastend sei, ist für das Wirtepaar am 31. März endgültig Schluss. Beide fühlen sich aber noch zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen. Darum werden sie sich in Zukunft anderswo noch in Teilzeit etwas weiter-
beschäftigen.

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