Dieselbe bange Frage hört man alle Jahre wieder: Wie viele Schafe sind es diesmal? 2011 zum Beispiel musste die Schafscheid fast ohne Tiere auskommen: Rund 400 waren vorzeitig von der Alp geholt worden, nachdem dort ein Wolf Schafe und Alphirten in Schrecken versetzt und über zwei Dutzend Tiere gerissen hatte. Doch dieses Jahr verriet allein schon der zufriedene Gesichtsausdruck von Marktchef Bruno Bracher Erfreuliches: «Heuer sind es rund 300 Schafe.» Um wieder auf eine solche Anzahl zu kommen, musste er entsprechend viel Überzeugungsarbeit leisten. Es hat sich gelohnt. Zufrieden sind offenbar auch die Alphirten. Schafhirt Michael Friedli (Guggisberg) sagt: «Die mir anvertrauten fast 160 Schafe hatten eine gute Sömmerung. Gute Arbeit geleistet haben auch meine beiden italienischen Schäferhunde der Rasse Pastore Abruzzese. Viele Wanderer wollten mit mir auf der Alp über das Thema Herdenschutz sprechen.» Schon 1662, als die Riffenmatter Schafscheid erstmals in einer Chronik erwähnt wurde, muss der Alpabzug ein Ereignis gewesen sein. Am Prozedere selbst hat sich seither nichts Grundlegendes verändert – Abtrieb und Schafscheid funktionieren immer noch nach uralter Tradition: Nach dem Zusammentreiben der frei weidenden Schafe auf den Bergwiesen folgt der Fussmarsch ins Tal – für Sennen und Schafe ein wahrhaft abenteuerliches Unterfangen. Unten angekommen, wird die Herde – vereinfacht gesagt – in einen grossen Pferch gesperrt, worauf die Besitzer ihre Tiere in Empfang nehmen dürfen.
Das zum Brauchtum zählende Volksfest ist heute so beliebt wie eh und je. Tagsüber fand wiederum reges Markttreiben mit ausgelassener Jahrmarktstimmung statt. So manches, dass man in Hof und Stall gut brauchen kann, ging auch am 6. September wieder über die Markttische der über 200 Markthändler; 80 weiteren musste Marktchef Bruno Bracher eine Absage erteilten weil sonst der Rahmen gesprengt worden wäre. «Wichtig ist vor allem eine vielfältige Durchmischung im Angebot und dass der ländliche Charakter des Marktes erhalten bleibt», so Bruno Bracher. Am und nach dem Markt trafen sich die Einheimischen und auswärtigen Besucher, um sich im persönlichen Gespräch auszutauschen. Übers Jahr mögen all die modernen technologischen Kommunikationsmittel den Heimweh-Riffenmattern und Heimweh-Guggisbergern einen Draht ins Schwarzenburgerland verschaffen, doch was ist das schon im Vergleich zu einem Wiedersehen daheim!? Tatsächlich wird die Schafscheid Riffenmatt speziell von «Ausgewanderten» gerne besucht, um Bekannte und Verwandte oder ehemalige Klassenkameraden, Arbeitskollegen oder Nachbarn zu treffen. Für die temporären Rückkehrer aus irgendwo in der Schweiz oder aus dem Ausland bedeutet der Anlass vor allem «Heimat», und wenn es nur für einen Tag ist – davon zehren können sie dann in der Ferne noch lange. Und: «Brauchtum ist heute beliebter und populärer denn je. Die Schafscheid jeweils am ersten Donnerstag im September verhilft unserer Gemeinde und der ganzen Region zu Popularität wie sonst kaum ein anderer Anlass», so Gemeindeschreiberin Therese Neuhaus.
Berichterstatter aus dem Ausland wären willkommen. Aber: «Hierher hat sich im Zusammenhang mit der Schafscheid noch kaum jemals ein international tätiger Medienschaffender verirrt. Doch für uns ist dieser landwirtschaftliche Markt und Jahrmarkt mit jeweils über 10’000 Besuchern ein durch nichts zu ersetzendes Jahresereignis», so Therese Neuhaus. Allerdings wäre man mit einem noch grösseren Anlass infrastrukturell eher überfordert. «In allererster Linie ist die Schafscheid ein Ereignis für die hiesige Bevölkerung und das ansässige Gewerbe sowie die Gastronomie», so die Gemeindeschreiberin. Klar beschere der Anlass der Hotellerie zusätzliche Logiernächte, doch weil gerade die Stammgäste vornehmlich bei Familie und Verwandten übernachten, lasse sich die Nachfrage nach Übernachtungen in den einheimischen Hotels problemlos abdecken. «Dass die Schafscheid nicht weiterwächst, tut unserer Vorfreude jeweils ein ganzes Jahr lang keinen Abbruch. Was aber unbedingt wieder zunehmen dürfte, ist die Anzahl der wolligen Hauptakteure, der Schafe», sagt Therese Neuhaus.