Der Speicher im Weiler Henzischwand in Mamishaus hatte nach der Errichtung um 1558 den Zweck, wertvolle Güter des Besitzers (z.B. Vorräte, Korn, Flachs und Leinentücher) ausserhalb des brandgefährdeten Wohnhauses aufzubewahren. Zuletzt war er zum Abstellraum degradiert worden, angenagt vom Zahn der Zeit und dem Untergang geweiht. Den Todesstoss gab ihm das Sturmtief Burglind, das am 2. Januar 2018 einen grossen Teil des Daches abgedeckt hatte. Die Auflagen der kantonalen Denkmalpflege für einen Wiederaufbau mochte der Eigentümer nicht erfüllen.
Als Urs Rohrbach (Archäologe) und Eduard Salzmann (Bauberater der Kantonalen Denkmalpflege) im Juli 2018 vom schlechten Zustand des Häuschens erfuhren, war die Bewilligung zum Abbruch bereits erteilt worden. Mit anderen Worten: Es eilte. In einer kurzfristigen Aktion setzte das Duo, das 2011 bereits die Rettung des Tätschdachhauses initiiert hatte, alle notwendigen Hebel in Bewegung. «Wahrscheinlich geniessen wir mittlerweile das Vertrauen, dass unsere Projekte Hand und Fuss haben», erklärt Salzmann. Der Besitzer schenkte das Gebäude der Stiftung Schloss Schwarzenburg, die sich um die Finanzierung von Umzug und Renovation sowie den Unterhalt kümmerte. Der Grossteil der rund 120’000 Franken stammte vom Lotteriefonds und diversen kleineren Spenden.
Zwei Drittel Original
Beim Speicher handelt sich um den letzten seiner Art im Schwarzenburgerland, wie Rohrbach betont, zumindesten in diesem Zustand: «Es gibt noch 2 oder 3 weitere Exemplare, aber die wurden entweder massiv umgebaut oder so renoviert, dass von der Original-Bausubstanz kaum noch etwas erhalten ist.»
Für den Abbau und den Transport teilte man im November 2018 die beiden Etagen und transportierte diese mit Hilfe von Kran und Lastwagen in die Zimmerei Honymo in Schwarzenburg. Zwei Drittel des Fichtenholzes verwendete man wieder. Gefaulte Balken wurden durch neues Holz aus der Region ersetzt, das frische Material so bearbeitet, dass es sich dem alten angleicht. Damit der Bau so authentisch wie möglich bleibt, zeigte Eduard Salzmann – seines Zeichens gelernter Zimmermann – welche Werkzeuge und Arbeitsweisen zur Anwendung kommen mussten. «Das Wissen, wie damals gearbeitet wurde, wird heute an keiner Schule vermittelt. Ich hatte aber gute Handwerker zur Verfügung, denen ich die Techniken beibringen konnte.» Auffallend ist die Liebe zum Detail, beispielsweise bei den Balken, wo die ursprünglichen Phasen und Schnitzmuster wieder aufgenommen wurden, oder bei den blinden Wappenschildern rund um das Gebäude. «Für die Wände und Böden wurde kein einziger Eisennagel verbaut», betont Rohrbach. Diese seien im 16. Jahrhundert unerschwinglich gewesen.
Möglichst wenige Kompromisse
Der Speicher steht auf 4 Sandsteinsockeln, 90 Zentimeter erhöht (das war die Höhe der Ladewagen), auf einem Kranz aus Eichenbalken. Er ist, wie früher üblich, aus der guten Stube zu sehen und passt perfekt ins Umgebungsbild, stammt er doch aus derselben Zeit wie das Schloss und das Tätschdachhaus. Die Lücke zum Haus wird ein Garten schliessen, so wie dies im 16. Jahrhundert ebenfalls der Brauch war. Einzig beim Dach ging man zugunsten der Lebensdauer einen Kompromiss ein. Im Gegensatz zum Tätschdachhaus, wo Eternit auf das Dach kam, bestand man hier zwar auf Holz, und die Schindelexperten vom Sangernboden haben tausende Schindeln in 3 Lagen aufgenagelt. Üblich waren aber sogenannte Legschindeln, die mit Steinen beschwert dem Wetter trotzen sollten. Lachend erzählt Salzmann: «Der Besitzer hat diese jeweils eingebrannt, damit man sie nach einem Sturm einsammeln und wieder an den richtigen Platz legen konnte.»