Auf der Bildmontage vom Liebefeld-Park stehen acht Fahnenmaste mit verschiedenen Sujets: ein Bild von einem Wolkenhimmel, Dachziegel, Holzscheite und Kühe auf einer Weide gehören dazu. Ab dem 7. Mai werden nicht ganz so viele Fahnen im milden Frühlingswind flattern. Insgesamt sieben Sujets wird die Installation beim Weiher vis-à-vis vom Bistro beinhalten. Sie haben aber weiterhin einen gemeinsamen Nenner: Die Sujets enthalten keine Symbole, keine Wappen, Logos oder Marken.
Denn Fahnen beziehungsweise Flaggen würden eigentlich immer ein Symbol zeigen. Sogar wenn sie weiss sind, verbinde der Betrachter damit eine Bedeutung, sagt Urs Emch. Er ist Initiator der geplanten Installation im Liebefeld-Park. «Diese Symbole informieren, ehren, werben oder möchten Identifikation und Zugehörigkeit zu Staaten, Gemeinden, Religionen, Unternehmen, Vereinigungen oder Sportorganisationen markieren», erklärt er.
Die sieben Fahnen im Liebefeld-Park sollen die Betrachter anregen, die Bedeutung von Fahnen für sich selber zu analysieren. «Ich will ebenso auf die vieldeutige Symbolik von gängigen Fahnen aufmerksam machen, dabei aber nicht belehren oder moralisieren, sondern einfach den Zweck solcher Symbole auf Fahnen thematisieren», erklärt der 72-jährige Bauingenieur. Denn Fahnen hätten in unserem Alltag eigentlich nur diesen Zweck: eine Zugehörigkeit oder eine Haltung zu zeigen. Ob es nun ein siegreicher Sportler ist, der auf der Ehrenrunde die Landesfahne in Händen hält, oder Soldaten, die mit der Fahne ihre Zugehörigkeit oder ihre Religion zeigen.
Mit Urs Emchs Fahnen ist das nicht möglich. Deshalb ist er sehr neugierig, wie die Leute auf seine Fahnen reagieren. «Die Menschen suchen heute hinter allem eine Aussage, oft unbewusst. Vielleicht vermutet der eine oder andere auch eine versteckte Botschaft.» Dabei dürfe doch auch mal etwas sein, einfach des Seins Willen, findet er. «Es muss nicht immer alles eine tiefere Bedeutung haben.» Natürlich hofft er, dass viele Leute sich mit seiner Installation auseinandersetzen. «Ich bin mir durchaus bewusst, dass es Menschen geben wird, die fragen, was das Ganze soll, oder hinterfragen, weshalb für so etwas noch Geld ausgegeben werde. Wenn dies geschehe, sei ein Teil des Projektes schon erfüllt, findet Urs Emch. Es gebe allerdings noch weitere Fragen, mit denen sich die Betrachter seiner Installation auseinandersetzen könnten: Beispielsweise «wie emotional sind Fahnen als Symbol für den jeweiligen Betrachter?», «wie viele Symbole brauchen wir überhaupt?» oder «wie viel Identifikation und Zugehörigkeit sind mit Symbolen und Logos verbunden?»
Obwohl seine Installation durchaus als Kunst angesehen werden kann, fühlt sich Urs Emch überhaupt nicht als Künstler. «Ich bin Initiant», erklärt er dezidiert. Denn Kunst komme von Können, erläutert er. Und damit verbinde er Handwerkliches. Ein Musiker, ein Maler oder ein Schriftsteller übten ein solches Handwerk aus. Er dagegen habe einfach eine Idee realisiert. «Ich habe Fahnenstangen gekauft und die Fotos auf Fahnenstoff drucken lassen. Das hat absolut nichts Handwerkliches», findet er. Apropos Foto: Auf ein Porträtbild zur Illustration dieses Berichts verzichtet Urs Emch. Er möchte nicht zu einem Label für seine eigene Installation werden.
Dass seine Idee ankommt, beweist die breite Unterstützung dieses Projekts. Neben der Gemeinde Köniz halten auch die Burgergemeinde Bern, die «Fahnenfabrik Bern» und «Egli Kommunikation» und einige Freunde dieses Projekt für unterstützungswürdig. Urs Emch freut sich über diese Unterstützung. Er wünscht sich, dass sich nach der Ausstellung im Liebefeld-Park noch andere Orte für seine Installation finden lassen. Das würde «den Aufrechten mit den sieben Fähnlein», wie sich Urs Emch scherzeshalber und in Anlehnung an den Schweizer Film «Das Fähnlein der sieben Aufrechten» bezeichnet, den er am Vorabend des Treffens mit dem Journalisten gesehenen hat, sehr freuen.