Die Käseproduktion beginnt im Liebefeld

Die Käseproduktion beginnt im Liebefeld

Für die hohe Qualität von Schweizer Käse braucht es eine ebenso hohe Qualität an Bakterienkulturen. Vor 2 Jahren entstand die Kooperation von «Agroscope» mit der Käsebranche. Diese Partnerschaft aus öffentlicher Forschung und Privatwirtschaft sichert langfristig die Einzigartigkeit und die Produktion unseres Käses.

Bakterien werden in kleine Fläschchen abgefüllt. Zu Milliarden sind sie darin enthalten und bereit für den Versand an insgesamt rund 700 Käsereien in der ganzen Schweiz. Eigentlich scheint das Endprodukt dem hohen Aufwand, der vorgängig geleistet wird, nicht gerecht zu werden. Die kleinen Fläschchen haben es jedoch in sich. Denn sie beinhalten Kulturen, mit denen täglich mehrere hundert Tonnen Käse produziert werden. Das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung beschäftigt im Liebefeld rund 140 Mitarbeitende. Ein Teil von ihnen sorgt dafür, dass wir täglich unseren Käse in der gewünschten Geschmacksrichtung und in der gewohnten Qualität geniessen können. Marc Andrey ist einer von ihnen. Er beschäftigt sich jedoch nicht mit Bakterien, dafür leitet er die Kommunikation von «Agroscope», das dem Bundesamt für Landwirtschaft angegliedert ist. «Agroscope», sagt er, «ist das Ergebnis des Zusammenschlusses mit allen vorherigen landwirtschaftlichen Forschungsanstalten des Bundes. Nach diesem Schritt wurde 2018 die Liebefeld Kulturen AG gegründet.» Die wirtschaftliche Entwicklung und die veränderten Möglichkeiten der Landwirtschaft mache die Kooperation einer öffentlichen Institution mit der Privatwirtschaft sinnvoll und zeitgemäss. «Die neu gegründete Aktiengesellschaft lässt sämtliche Käsekulturen durch Agroscope herstellen.»

Steuerung der Qualität
Viele Bakterien sind für uns Menschen lebensnotwendig. Sie können jedoch auch Verursacher gefährlicher Krankheiten sein. Weshalb braucht es diese mikroskopisch kleinen Einzeller ausgerechnet in einem Lebensmittel? Heinz Tschannen weiss nicht nur das, er scheint überhaupt alles zu wissen, was mit Käse zu tun hat. Er ist Käsermeister und Teamleiter in der Kulturenproduktion bei Agroscope und gibt Einblick in den höchst komplexen Prozess der Käseherstellung: «Bakterien spielen bis zu unserer Verdauung eine wichtige Rolle.» Es sei zwar möglich, Käse ohne Zusatz von Bakterien herzustellen, allerdings sei heute die Produktion ohne diese nicht mehr denkbar. «Dank den Bakterien kann das Endprodukt gesteuert werden, damit ist die gleichbleibende Qualität des Käses gesichert.» Heinz Tschannen macht auf einen weiteren wichtigen Punkt aufmerksam: «Die Gefahr von Fehlgärungen und damit die Entwicklung von qualitäts- oder gar gesundheitsschädlichen Organismen wäre beim Käsen ohne reine Kulturen viel zu hoch.» Bei Agroscope werden 50 Kulturen produziert und mehr als 10’000 Isolate gepflegt. Das sind Mikroorganismen, die sich in der Stammsammlung befinden, im sogenannten Tresor. «Über die letzten 100 Jahre», fährt der Fachmann fort, «wurden verschiedenste Bakterienarten, beispielsweise aus qualitativ hochwertigem Käse oder Rohmilch isoliert und bei Agroscope konserviert. Das war fast wie in einer Bibliothek, nur sammelte man bei uns keine Bücher, sondern Bakterien, die in Form von geprüften und bewährten Kulturen wieder in die Käsereien gingen.»

Die Rolle der starken Bakterien
Bevor die Bakterien ihre Rolle übernehmen, wird die Magermilch, das eigentliche Futter für die Milchsäurebakterien, in den Fermentern sterilisiert, die Fremdkeime, die man nicht haben will, werden vernichtet. Nach der Abkühlung erfolgt die Impfung, das Zuführen der selektionierten Mutterbakterien in die Milch. Danach vermehren sie sich rasend schnell, alle 20 Minuten entsteht eine neue Generation. Das soll so sein, dieser Prozess dauert etwa 15 Stunden. Nachdem die Bakterien schon vorgängig einer Prüfung in der Stammsammlung und im Labor unterzogen wurden, erfolgt nochmals eine abschlies­sende Qualitätskontrolle. In diesem Zustand gehen die Bakterien an die Käsereien. «Dort können durch die angelieferte Milch oder in der Käserei selbst wiederum natürliche Verunreinigungen entstehen», sagt Heinz Tschannen und betont in diesem Zusammenhang erst recht die Wichtigkeit, «dass unsere reinen, konkurrenzstarken Bakterien dazukommen. Diese sind dann in der Lage, die unerwünschten zu unterdrücken und die Oberhand zu gewinnen.» In den Käsereien kann nun also produziert werden und dieser Käse soll seinen charakteristischen Geschmack haben. Wie kommt er rein in den Käse, der typische Geschmack? «Durch den Rohstoff Milch. Auch durch die Temperatur, die beim Käsen gewählt wird; zudem hat die Lagerung Einfluss auf den Geschmack.» Immer wieder geht es um die Bakterien. Sie sind es, die den Abbau von Eiweiss bewirken und dadurch für die Bildung des typischen Aromas sorgen. Heinz Tschannen hat es anfangs bereits erwähnt: «Es passiert immer etwas mit den Bakterien. Bis zum Schluss.»

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