Ein Horde Scheichs mit dunklen Sonnenbrillen? Ein Rudel rosarote Einhörner? Ein Trupp Superhelden auf einem Ladewagen? Solche und ähnliche Gruppierungen bewegen sich seit 1963 einmal pro Jahr durch das Dorf Schwarzenburg.
Rund 360 Personen in etwa 40 Mannschaften zogen in den vergangenen Jahren im September, am Wochenende nach dem eidgenössischen Buss- und Bettag, durchs Dorf um sich im Kegeln und Platzgen zu messen, im Korbball oder Fussball, beim Allgemeinwissens-Quiz und beim Schiessen. Dazu kamen jeweils 60 bis 70 ehrenamtliche Helfer, die an den Posten zum Rechten schauten. Spass war das Credo und dabei blieb keine Kehle trocken, was auch die Dorf-Wirte freute. Nun zeigte sich aber, was mit einem Traditionsanlass passiert, wenn alle konsumieren, aber niemand mehr organisieren will: Er findet einfach nicht statt.
Vergebene Suche
Zuständig für die Ausrichtung ist seit mehr als 30 Jahren die Vereinigung der Sportvereine Schwarzenburg. Diese vertritt die Klubs bei übergeordneten Fragen in der Gemeinde, kümmert sich zum Beispiel um den Vita-Parcours, um Sportler-Ehrungen – und eben auch um das Dorfturnier. Der bisherige Präsident, Martin Binggeli, war mehr als 20 Jahre aktiv und bemühte sich 2 Jahre lang vergebens um Nachwuchs für den Vorstand. Nach seinem Rücktritt stellten die verbliebenen Mitglieder Bettina Aumayer, Fabiana Moser, Thomas Kreuter und Roland Gilgen die Frage aller Fragen: «Wollt ihr das Turnier noch?» Stichdatum
30. September. Mit dem Effekt, dass sich lediglich 2 Personen meldeten und der Anlass für 2018 abgeblasen wurde. Bettina Aumayer ist aktive Turnerin und in Schwarzenburg aufgewachsen. «Das Dorfturnier ist legendär», erzählt die 38-Jährige. «Seit ich 16 Jahre alt bin, habe ich jedes Jahr mitgemacht.» Heute ist sie im Organisationsgremium und meint: «Wir hätten es vermutlich auch zu zweit oder zu viert noch kurzfristig auf die Beine stellen können. Aber ich habe nicht eingesehen, weshalb wir den ganzen Karren alleine ziehen sollen.»
Neuer Vorstandspräsident
Der «Schuss vor den Bug» wirkte. «Die Reaktionen waren erstaunlich», resümiert Aumayer, «aber sie waren zu spät.» Am 15. Oktober fand eine Informationsveranstaltung mit etwa 45 Personen statt, um Mitglieder zu akquirieren und den Anlass für 2019 zu sichern. Am 4. Dezember sind nun tatsächlich 8 Personen gewählt worden, die sich die Vorstandsarbeit teilen wollen. Neuer Präsident ist Christian Moser. Der 53-jährige Abteilungsleiter Betriebe von «Bernaville» vertritt den Skiclub Schwarzenburg und findet die Pause nicht schlecht: «Gewisse Dinge haben überbordet, und jetzt können wir den Anlass nochmals gezielt überdenken.» Das Amt hat er nicht primär wegen des Dorfturniers übernommen: «Ich finde wichtig, dass die Vereinigung weiterlebt und die Brücke zur Politik schlägt. Das Turnier alleine hätte man auch einfach mit einem OK machen können.»
Neue Ideen sind willkommen
In welcher Form das nächste Turnier daher kommt, wird sich noch zeigen. «Das Grundgerüst bleibt sicher bestehen», meint Aumayer, «aber die neuen Leute dürfen gerne frische Ideen einbringen.» Die Kegelbahn befindet sich in einem desolaten Zustand und das Schiessen mit dem Sturmgewehr ist angesichts des Alkoholkonsums ein heikles Thema. Zudem hat das Turnier die kritische Grösse erreicht. Eine Zeit lang mussten die Teilnehmenden einen Ehrenkodex unterschreiben, damit der Anlass nicht eskalierte. Zugelassen werden nur Vereine aus der Gemeinde, die über Statuten verfügen. Die Zahl der Teams wird wohl strenger limitiert als in der Vergangenheit, in der auch mal ein Auge zugedrückt wurde. Das ganze «Gschtürm» hat übrigens den Nebeneffekt, dass neue Sportvereine auf die Vereinigung aufmerksam geworden sind und beitreten möchten. Kurzfristig den Stecker zu ziehen, hat sich offensichtlich ausgezahlt.