Die tierische Geschichte der Milch

Die tierische Geschichte der Milch

Die Schweiz ist ein Milchland. 73 Liter trinken Herr und Frau Schweizer im Jahr. Viele Landwirte unserer Region gehören zu den Produzenten. Sie sorgen als ein wichtiger Teil für Ernährungssicherheit und zudem dafür, dass die Kühe mehr sind als reine Nutztiere.

Es ist 7 Uhr morgens an der Landorfstrasse in Köniz. 72 Holsteinkühe verlassen nach und nach den Laufstall oder warten schon vor dem Melkstand. Trotz der beachtlichen Herde tragen alle einen Namen und Niklaus Burri hat jeden Morgen die Gelegenheit, seine Damen zu begutachten. Sind sie gesund, geht es ihnen gut?

Aufzucht legt die Basis
«Seit 4 Jahren bin ich Teil dieser Herde. Mein Name ist Sarina und ich bin 6 Jahre alt.» Die weisse Kuh mit den neckischen schwarzen Flecken ist der sanftmütige Beweis, dass Nutztier ein widersprüchlicher Begriff ist. Als sie zur Welt kam, durfte sie 2 Tage bei ihrer Mutter bleiben, ehe sie in eine Gruppe mit Gleichaltrigen kam. «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Schmerz der Kuh noch grösser ist, wenn man länger zuwartet. Auf der anderen Seite will ich keine Einzelhaltung der Kleinen, in der Gruppe sind sie vergnügt und beschäftigen sich miteinander», erklärt Burri. Nicht umsonst sagt man im Volksmund bei Albereien, jemand würde das Kalb machen. Wer Milch will, der braucht tragende Kühe und muss den Nachwuchs irgendwann von der Mutter trennen, um melken zu können. «Nach dieser Kinderzeit ging ich während der Pubertät nach Röthenbach im Emmental zur Aufzucht. Meine jüngeren Kolleginnen gehen nun in Oberwangen und Oberbalm auf die Weide, bis sie erstmals gebären», erzählt Sarina. Eine gute Kinderstube ist eben nicht nur für Menschen wichtig.

Lebensqualität
Inzwischen wird es langsam hell, ein paar Nebelschwaden umschmiegen die Baumwipfel und Teil dieser Mystik sind die 72 Kühe, die ruhig und fast ein wenig geordnet auf die Weide laufen. 2 Jungfüchse verziehen sich genauso gemütlich, wie die Paarhufer das weite Grasland bevölkern. «Auf der Wiese muss ich zuerst zum alten Baum, dort hängt ein Pneu am Ast und ein kurzes Spiel zusammen mit ein paar Freundinnen ist der ideale Start in meinen Tag», verrät Sarina. Doch bevor es soweit ist, hält die Dame mit dem sanftmütigen Blick noch einmal inne und blickt Niklaus Burri an. «Das ist typisch für sie, wie ein Hund dreht sie den Kopf dabei ganz leicht nach rechts», schmunzelt der Landwirt. Es sei halt schon besonders, wie sie immer interessiert hervortrete, beobachte, was er mache, und gerne die Nähe suche. Das sei schon in Röthenbach so gewesen, man hätte sie am liebsten in die Stube mitgenommen, schwärmt er über Sarina.

Liebe macht gute Milch
Es ist diese Empathie zu den Tieren, die den Begriff Nutztier so fragwürdig macht. Denn Burri bietet seinen Damen nicht nur viel Platz, Liegeflächen, Schattenorte und eigenes Futter ohne Sojaimporte, sondern auch Zuneigung. Vom ersten bis zum letzten Atemzug seiner Damen. «Nur eine glückliche Kuh, gibt gute Milch», meint man Sarina sagen zu hören, denn inzwischen ist die charismatische Holsteinerin umgeben von einigen Artgenossinnen. Erst Minuten später senkt sie den Kopf und beginnt die ersten Grasbüschel zu zermalmen, um sich dann gegen Mittag hinzulegen und wiederzukäuen. Die 4 Mägen verwandeln das Könizer Gras nach und nach in Milch. Ende Nachmittag schlendern die 72 Damen dann wieder zurück in den Stall, um sich melken zu lassen, ehe sie noch ein paar Proteine zu sich nehmen und sich ein lauschiges Plätzchen für die Nacht suchen.

Kühe sind Nutztiere, weil wir Menschen mit der Milchgewinnung einen Nutzen daraus ziehen. Das funktioniert aber nur, wenn die Tiere gehegt, gepflegt und geliebt werden. So gesehen sollte jede Kuh auch ein wenig Heimtier sein dürfen, mit schrägem Blick und Zeit, um «das Kalb zu machen». Letztlich sorgen wir Milchgeniesser dafür, dass es den Kühen gut geht. Wir müssen bereit sein, für die Milch von Sarina und ihren Kolleginnen einen fairen Preis zu bezahlen. Der Landwirt bringt sich mit seiner Sorge um das Tier ein, wir den Geldbeutel, den er braucht, um seiner Pflicht zum Wohl seiner Tiere nachzukommen.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Die tierische Geschichte der Milch»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2