Der Geruch nach Foto-Chemikalien im Haus, das rote Licht im Entwicklungsraum, die gelben Flecken auf der weissen Arbeitsschürze ihres Vaters – das sind gemeinsame Kindheitserinnerungen. Der Altersabstand war mit 7 Jahren jedoch zu gross für Kumpaneien zwischen Peter und Ruth. Das dritte, mittlere Kind der Familie, ein Bruder, wurde mit Trisomie 21 geboren, was eine enge Beziehung erschwerte, zumal er ab dem sechsten Lebensjahr in einem Kinderheim aufwuchs und nur am Wochenende zu Hause war. Ruth ging als Teenager jeweils eine Woche in den Heuferien mit ihrer Mutter auf Wanderschaft. Weil sich der Vater ob der kurzen Wanderhosen der beiden Frauen schämte, fuhr er sie bis in die Wislisau. Zu Fuss und als Anhalterinnen schafften sie es bis aufs Rütli, nach Appenzell, ins Wallis und Tessin.
Welschlandjahr und erste Schritte
Nach der obligatorischen Schulzeit besuchte Peter ein Jahr lang das Internat Clos Rousseau in Cressier. Deutsch zu sprechen war bei Strafe verboten. Zurück zu Hause suchte er eine Lehrstelle als Fotograf. Sein Vater empfahl ihm 2 Kollegen aus Freiburg und Thun, deren Arbeit er schätzte. Der erste wollte nicht ausbilden, der zweite wies ihn nach einem Schnuppern ab. So blieb Peter bei seinem Vater, als dessen erster und einziger Lehrling. Im Anschluss an die Ausbildung arbeitete er einige Jahre als Werbefotograf bei Geigy in Basel. Dann zog es ihn ein halbes Jahr nach London, um Englisch zu lernen. Zurück in Schwarzenburg plagte ihn bald wieder das Fernweh. New York war das Ziel, in Kanada landete er mittels Studenten-Austausch. Aus geplanten 4 Wochen in Toronto wurden 3 Jahre, in denen er sein Leben als Fotograf bestritt.
Auch Ruth ging nach der 9. Klasse ins Welschland, ins Internat nach Lucens. Danach machte sie eine Fotofach- und Laborlehre bei «Foto Zumstein» in Bern. Die Kundschaft bestand zum grossen Teil aus der High Society, das Sortiment aus teuren Markenprodukten wie Leica und Nikon. Nach der Lehre kümmerte sie sich im väterlichen Geschäft um Hochzeitsreportagen, Porträts und Familienfotos, stellte das Sortiment auf aktuelle Markengeräte um und absolvierte in 2 Jahren per Fernunterricht die Famous Photographers School in Hamburg.
Ein wilder Bart und
eine Verwechslung
Peter kehrte 1971 in die Schweiz zurück, mit langer Mähne und wildem Bart. Die Eltern liessen ihn erst nach einem Umweg zum Coiffeur ins Haus. Weil nun Ruth beim Vater arbeitete, nahm Peter über den Winter eine Stelle als Skischul-Fotograf in Grindelwald an. Im Frühling reiste er bereits wieder nach Kanada, arbeitete noch einen Winter an den Skiliften am Whistler Mountain B.C. und kehrte dann 1973 definitiv in die Schweiz zurück. Ruth zog es ebenfalls nach England, wo sie in Bournemouth zur Schule ging und sich danach einige Monate als Kellnerin in einem Hotel durchschlug. Mit 4 Kolleginnen hauste sie in einem fensterlosen Kellerraum «in miesesten Verhältnissen». 1974 folgte sie ihrem heutigen Mann, der für ein Jahr in Korea arbeitete, ein halbes Jahr, mit 2 «Hasselblads» im Gepäck, nach Asien. Auf der Rückreise über Hawaii wollte die Polizei sie am Strand verhaften, weil man sie für die berüchtigte und flüchtige Bankräuberin Patty Hearst hielt.
Mehr als genug Arbeit
Peter und Ruth übernahmen 1975 gemeinsam das elterliche Geschäft und richteten im Obergeschoss eine Wohngemeinschaft ein. Die Aufträge nahmen stetig zu. «Eine Zeit lang wuchs mir die Arbeit fast über den Kopf», erinnert sich Ruth. En vogue waren riesige Fotoalben für Hochzeiten, die ein kleines Vermögen kosteten. Deren Bearbeitung dauerte in der Regel mehrere Monate, in einem Fall war die Ehe der Kunden bei Fertigstellung des Albums bereits wieder geschieden.
«Der Laden war ein Störfaktor», erzählt Peter. Immer wenn die Türglocke läutete, musste einer der beiden die Arbeit unterbrechen. Da Ruth schliesslich 1984 heiratete und Mutter wurde, mussten sie jemanden für das Verkaufslokal anstellen. Ruth hiess fortan Clalüna-Zbinden. 2015 haben die Geschwister ihr Geschäft definitiv geschlossen. Etwa eine halbe Million Bilder gehen bald an das Staatsarchiv und ein Fotoband rundete die bewegte Geschichte von «Photo Zbinden» feierlich ab. Heute fotografieren sie noch auf Anfrage und, wenn sie Lust (und Zeit) haben.