Kurz bevor das Schwarzwasser in die Sense mündet, überquert der alte Verkehrsweg zwischen der Stadt Bern und dem Marktflecken Schwarzenburg den meist seichten Fluss. Die Strasse windet sich auf beiden Seiten in mehreren Serpentinen zum Talgrund. Dort überspannt eine gemauerte Brücke, die 1832 erneuert wurde, aber einen Vorgänger aus dem 15. oder 16. Jahrhunderts hatte, das Schwarzwasser.
Auf einem Sporn am nordseitigen Steilufer direkt darüber erhebt sich die Burgruine Riedburg, einst Zentrum der Herrschaft zwischen Schwarzwasser, Sense und Scherlibach. Ein mächtiger Graben im Norden trennt eine Kuppe von rund 30 m Länge und 18 m Breite ab, auf der die heute schlecht erhaltene Ruine liegt. Sie wurde 1958–60 erstmals archäologisch untersucht. In den kommenden Jahren wird der Archäologische Dienst des Kantons Bern mit Studierenden der Universitäten Bern und Zürich weitere Untersuchungen vornehmen.
Die 1958 freigelegten Mauerreste ergeben das Bild einer eher kleinen Adelsburg des 13. oder 14. Jahrhunderts. Es ist vorderhand nicht bekannt, ob der genannte Graben wirklich zu dieser Anlage gehört oder zu einem hoch- oder gar frühmittelalterlichen Vorgänger, der vielleicht nur aus Holz bestanden hatte. Nordseitig des Grabens ist eine Vorburg zu vermuten.
An der höchsten Stelle der Kernburg erhob sich am Graben ein quadratischer Turm mit 9,5 m Seitenlänge. Südseitig schlossen sich ein Hof und ein mehrgeschossiges Gebäude an, wahrscheinlich der Palas. Das ist eine klassische Situation. Die Angriffsseite war mit Halsgraben und direkt angeschobenem Bergfried doppelt gesichert, der Wohnbau lag am anderen Ende, an der sichersten und zugleich aussichtsreichsten Stelle der Anlage. Die Mauern waren mit bossierten Sandsteinquadern verkleidet, die allerdings nur noch an wenigen Stellen vorhanden sind. Meist ist nur noch der Mauerkern zu sehen. Unmittelbar südlich fällt der Hang steil zum Schwarzwasser ab. Nordseitig führt die alte Strasse auf ein Hochplateau mit zwei grossen Höfen, die obere und die untere Riedburg, die einst zur Burg gehörten, ebenso wie im Osten der Hof Grossgschneit.
Die Herrschaft wird erstmals 1316 genannt. Damals verkaufte Peter von Gisenstein der Jüngere, Bürger und Stadtschreiber von Bern, den halben Riedburgzehnten, eine Abgabe, welche die Untertanen zugunsten der Pfarrkirche leisten mussten und die der Grundherr für die Kirche einzog. Offenbar waren schon damals Stadtbürger im Besitz der Burg. Die enge Verflechtung mit Bern wird weiter sichtbar in einer von Riedburg genannten Familie der Stadtberner Oberschicht des mittleren 14. Jahrhunderts. Und 1386 war die Herrschaft im Besitz von Ivo von Bolligen, ebenfalls ein Angehöriger der Berner Oberschicht. Damals herrschte der Sempacher Krieg, der in unserer Gegend zwischen dem eidgenössischen Bern und dem habsburgischen Freiburg ausgefochten wurde. Die Riedburg wurde von Freiburger Truppen zerstört.
Es ist nicht bekannt, ob die Burg danach wieder bewohnbar gemacht wurde. Die Herrschaft selbst bestand jedenfalls weiter und verblieb im 15. Jahrhundert im Besitz von Stadtberner Familien. Möglicherweise residierten sie von da an in einem der zugehörigen Höfe. Ein Kandidat wäre jedenfalls das prächtige Holzhaus des Hofes Grossgschneit. Es ist von einem begüterten Unbekannten um 1500 erbaut worden, der sein Haus mit herrschaftlichen Architekturteilen und Dekoration ausstattete. Schon von Weitem erkennt man den Anspruch, den das hohe Vollwalmdach und die mächtige Sockelmauer an der südwestlichen Schmalseite erheben. Die massive Mauer – möglicherweise errichtet aus Spolienmaterial der Riedburg? – sollte die Wehrhaftigkeit und damit den sozialen Status des Besitzers zum Ausdruck bringen. Über dieser Mauer erstreckte sich im Obergeschoss ein grosser bauzeitlicher Festsaal, der von allseitig vorhandenen Fenstern belichtet war.
Aussergewöhnlich ist das weitere Schicksal der Herrschaft. Sie wurde 1515 von sieben Bauern der Umgebung gemeinsam erworben und war damit eine der ganz wenigen bernischen Grundherrschaften in bäuerlichem Besitz. Die Bauern führten ein Herrschaftssiegel und übten die Niedergerichtsbarkeit aus; der Versammlungsort des Gerichtes war das nahegelegene Junkernholz.


